50 Spitzenweine vom grossen Jahrgang 2010 nach zehn Jahren in der Flasche. Das Zwischenfazit: Balance, Kraft und viel Potenzial!
Immer wieder spannend grosser Jahrgänge nach zehn Jahren horizontal zu degustieren. So passiert in einer beeindruckenden Probe vom 50 Spitzenweinen aus dem Napa Valley Jahrgang 2010. Ein „zweigeteilter“ Anlass durchgeführt in Zürich: Die erste Hälfte zum Dinner im Napa Grill, und die zweiten 25 Weine dann am nächsten Tag zum Lunch im Ristorante Ornellaia bei Antonio Colaianni. Alle Flaschen stammten aus dem Keller von Eugen Haefliger.
Frühere „Ten Years After“ Tastings:
Ein Blick zurück:
2010 gilt im Valley als verhältnismässig kühles Jahr. Nach einem feuchten Winter startete die Blüte erst Ende Mai bis Mitte Juni recht unregelmässig, was schlussendlich zu Ertragseinbussen führte. Aufgrund des langsamen Reifeverlaufs riskierten einige Winzer einen stärkeren Blattschnitt für mehr Sonnenlicht auf den Trauben. Doch diese wurden durch drei Tage Hitzepeaks Ende August bestraft. Insbesondere die frühreiferen Varietäten (Chardonnay und Merlot) bekamen einen zünftigen Sonnenbrand ab. Unbeeindruckt davon zeigten sich die Cabernets, welche zu diesem Zeitpunkt noch viel weniger weit entwickelt waren.
Mildes, angenehmes und trockenes September- und Oktoberwetter, ermöglichte den Produzenten einen optimalen, aber sehr späten Lesezeitpunkt zu erwischen (vereinzelt sogar erst Anfangs November). Die strikte Selektion im Weinkeller aufgrund der unterschiedlichen Reifestadien, galt als ein weiterer entscheidender Faktor für die schlussendlich sehr hohe Qualität des Jahrgangs.
Und heute:
Die Weine reifen langsam aber sehr harmonisch. Farblich seit der Arrivage kaum verändert. Sind dicht und fruchtgetrieben mit beeindruckender Substanz und prachtvoller Balance. Für mich eher ein «europäischer» Jahrgang mit (für kalifornische Verhältnisse) moderaten Alkoholgehalten. Sie versprühen eine gewissen Coolness. Selten opulent, aber immer top balanciert. Praktisch kein Wein hat den Höhepunkt bereits erreicht, aber sehr viele bewerte ich mit 98+, was zur Maximalnote reichen kann. Das optimale Trinkfenster wird sich in rund zehn Jahren öffnen. Somit orientiert sich der 2010er an den Jahrgängen 2001, 2005 und 2013.
Die Preise für die 2010 haben aufgrund sehr hoher Parker Bewertungen angezogen, und sind auf dem Markt vereinzelt noch zu finden auf dem Niveau der beiden Topjahrgänge 2015 und 2016. Drei Dutzend Weine erreichten beim Release 98 oder mehr Punkte (damals noch von Robert Parker selber). Neun davon die Maximalwertung (Colgin Cariad, IX Estate und Syrah, Dominus, Hall Exzellenz, Screaming Eagle, Shafer Hillside Select, Spottswoode und Turnbull Fortuna. Praktisch alle diese Topshots waren an unserer Probe dabei.
2010 Abreu Madrona Ranch Cabernet Sauvignon
96+ tr – 2035
Druckvoll, voluminöses Bouquet. Brombeeren, Cassis mit mittlerem Holzeinsatz. Milder Auftakt, kommt im Gaumen schon sehr geschliffen daher. Kraftvoll und trotzdem bereits eine filigrane Eleganz. Fein integrierte Gerbstoffe runden das wunderbare Gesamtpaket ab.
2010 Abreu Thorevilos Cabernet Sauvignon
keine Bewertung
Dezente Nase, erste reife, erdige Aromen. Im Gaumen kommt er runder, harmonischer daher als in der leicht welken Nase. Schöne Balance und Länge. Er versprüht viel Kraft, aber untypisch fruchtlos und leicht metallisch. Wahrscheinlich fehlerhafte Flasche.
2010 Araujo Estate Eisele Vineyard Cabernet Sauvignon
98+ 2025 – 45
Röstiges Bouquet mit feiner Espresso Mocca Note. Frucht ist leicht defensiv. Im Gaumen geht er voll ab. Da ist alles am richtigen Platz. Dunkelbeerig, intensiv ohne überladen zu wirken mit deutlich spürbaren, mineralischen Terroir Aromen. Ein prachtvoller Eisele. Einer der letzten Jahrgänge unter Bart Araujo und wahrscheinlich einer der grössten Jahrgänge seiner Regie.
2010 Blankiet Estate Paradise Hills Proprietary Red
96+ tr – 2035
Fruchtig, intensives dunkelbeeriges Bouquet mit Leder, leichten Torfnoten und Tabak. Dicht, intensiv im Gaumen. Hatte ihn früher als «oberflächlicher» in Erinnerung. Dieser 2010er ist ein grossartiges Exemplar dieser jungen Winery.
2010 Cardinale Estate Red
93 tr – 2030
Attraktive, zugängliche Nase. Würzig intensives Bouquet. Ein Mix aus sehr reifen blau- und dunkelbeerigen Aromen. Mittlere Konzentration und sehr anmutig. Entwickelt sich relativ schnell und macht bereits jetzt grossen Trinkspass.
2010 Bond Estates Pluribus Red
97+ 2025 – 35
Dramatisch dunkelbeeriges Bouquet mit milden Bittermandeln- und Krokantaromen. Kokos. Im Gaumen zupackend, intensiv mit präsenten Gerbstoffen. Mineralisch. Saftig und lang im Abgang. Druckvoll und mit majestätischem Tiefgang. Ein ganz langsam reifender, erhabener Bond. Wenn das mal alles so richtig harmoniert…. Wow!
2010 Bond Estates St Eden Red
97+ tr – 2040
Auslandend dunkelbeerige Nase. Cassis, Kirschen. Dazwischen Gewürze und feine Holzbegleitung. Enorm lebendig, vielschichtiger Wein. Dichter, druckvoller Gaumen. Alles noch primärfruchtig. Die Tannine sind super elegant integriert. Trinkfreudiger als Pluribus in dieser Phase aber mit ebenso viel Potenzial ausgestattet.
2010 Bond Estates Vecina Red
95+ 2030 – 50
Offenes, dunkles Bouquet. Erste reife Aromen sind stimmig zu der intensiven, klassischen Cabernet Ausprägung. Es ist unglaublich viel Stoff vorhanden und trotzdem wirkt er irgendwie cool mit eindrücklicher Frische. Sehr kompakt im Abgang. Wirkt gebündelt und braucht noch zehn weitere Jahre Reife. Das geht gewaltig ab!
2010 Bryant Family Vineyard DB4
92 tr – 2035
Offenes, röstiges Bouquet. Vornehm Barrique geprägt mit würzigem Touch. Zugänglich im Gaumen, bereits jetzt sehr schön zu trinken mit Reserven für lockere zehn weitere Jahre.
Zweitwein von Bryant Family. Die ganze Geschichte zu diesem legendären Weingut mit über 20 Degu Notizen gibts hier: Bryant Family: Eine Geduldsfrage
2010 Bryant Family Vineyard Cabernet Sauvignon
98+ 2025 – 40
Edles, dunkelbeeriges Bouquet. Rauch, Erde, Schoko. Ganz leicht grüner Cabernet Stich. Verleiht ihm aber eine gewisse Frische in der Nase. Enorm schön strukturierter Körper mit prägnanter Säure und kernigen Tanninen. In Kombination mit der Pritchard Hill Terroir wirkt er fordernd und charaktervoll. Das ist ein sehr gutes Zeichen, dass er noch nicht weiter ist. Alles ist enorm dicht in sich verwoben. Der Abgang ist nahezu unendlich… Obwohl der Trinkspass noch hinten an steht, fasziniert mich dieser geniale Bryant Family total.
2010 Carter Cellars Beckstoffer To Kalon Three Kings
93 tr – 2030
Offenes, süsses, leicht opulentes Bouquet. Brombeeren und intensiv Cassis. Im Gaumen super geschliffen, extrem reiner, gradliniger Wein. Sauber vinifiziert ohne Ecken und Kanten, aber leider auch ohne klare Identifikation. Es fehlt etwas an Spannung. Ein zweifellos schöner Wein, aber eben genau das was man aus Beckstoffer Trauben erwartet.
2010 Caymus Vineyards Special Selection Cabernet Sauvignon
94+ 2030 – 45
Offenes, voluminöses Bouquet. Dunkelbeerig aber auch süsse Himbeeraromen. Leichte Lacknote und immer noch alles extrem jung. Im Gaumen zu süss, zu opulent und träge. Doch Stopp! Das ist Caymus und immer so in dieser Phase. Warten! Der verfeinert sich.
«töter als tot“
Dieser Begriff kannte ich bis gestern Abend nicht. Die Geschichte dazu: Anlässlich unserer grossen Epic Napa Valley 2010 Horizontalen kommentierte ich den 2010er Caymus Special Selection, als opulent, süss und in dieser Phase kaum zu trinkenden Sirup. Das sei aber kein Problem, denn Caymus kommt erst so 30jährig richtig in Schwung. Man orientiere sich an den frühen 90er Jahren….
Darauf entgegnete Gregor Napawine dass der Wein in 20 Jahren nicht reif sondern „töter als tot“ sei. Top – die Wette gilt. Der Anlass „The Truth about Caymus 2010“ findet im Jahr 2040 statt und wird demnächst ausgeschrieben.
Unter uns: Ich kann die Wette nur gewinnen. Denn im schlimmsten Fall ist der Wein anno 2040 wirklich hinüber. Dann ist er zumindest nur tot und nicht „töter als tot“….
2010 David Arthur Estate Elevation 1147 Cabernet Sauvignon
94+ 2025 – 2045
Zuckerwasser, Kandis und sehr reifes Cassis. Kombiniert mit mineralisch, erdigen Noten. Dicht verwobener Körper. Erhabene Struktur. Pritchard Hill Klassik. Reift immer langsam und bietet nach wie vor eines der besten Preis- / Leistungsverhältnisse am Pritchard Hill.
2010 Dalla Valle Maya
98+ 2025 – 40
Florale, würzige Nase. Dann ein Schwall von dunkelbeerige Cabernet Dramatik. Geht sofort druckvoll los mit enormen Tiefgang. Zupackend, charaktervoller Wein. Hebt sich von seiner würzigen Cabernet Franc Stilistik stark ab von den Cabernet Sauvignon Boliden. Ein wundervolles Exemplar dieses sehr speziellen Kultwines.
2010 Colgin Cellars Cariad
98+ 2025 – 40
Anmutig, zugängliches Bouquet. Dunkelbeerig, mit süssen Kandisnoten und Himbeeren, super Barrique Toasting (Espresso, Mocca) und Gewürze. Elegant, geschliffener Körper. Tannine sind aktuell leicht mehlig. In Zwischenphase. Entwickelt sich wunderbar, gradlinig und sonnenklar. Alles ist an perfekter Stelle, jung, attraktiv, aber noch nicht auf dem Zenit. Phänomenale Länge!
2010 Colgin Cellars IX Estate
98+ 2025 – 40
Estate Wein vom Pritchard Hill. Offene, intensive dunkelbeerige Nase. Vulkanisch, mineralische Noten. Minze, Eukalyptus, Zedern, Nelken und Rauch. Es geht im Gaumen langsam los, baut sich grossartig auf. Sehr dichte Struktur, kein Fett, viel Aromen. Tannine sind noch da, Säure perfekt integriert. Alles ist auf dem Weg zur Maximalwertung. Wer kann widerstehen und darauf warten?
2010 Dana Estates Helms Vineyard
95+ 2025 – 35
Offenes, opulentes, süsses Bouquet. Magenbrot, Toast, Vanille. Nach wie vor unglaublich jung. Sehr wenig Entwicklung. Schwer zu sagen, wie sich das entwickelt. Ohne grosse Tradition des Weinguts behaupte ich mal, dass die Substanz hier stimmt und mit Reifepotenzial ausgerüstet ist. Das lohnt sich zu verfolgen.
2010 Dana Estates Lotus Vineyard
94+ 2030 – 45
Offenes, klassisches Cabernet Aroma. Mit vielen Brombeer- und Cassisaromen. Super Holzbegleitung, elegant strukturiert. Aktuell im Gaumen sehr fordernd. Der intensive Holztouch trocknet den Wein aktuell etwas aus. Das Potenzial ist gewaltig und er wird diese etwas wirre Phase überstehen und dann in voller, reifer Pracht wieder zuzulegen.
2010 Dominus Estate
97+ 2030 – 50
Defensives Bouquet. Tabak, Erde mit dezenter Fruchtnote. Holz ist recht präsent und wirkt in dieser Form eher Bordeaux orientiert. Kein Wunder, würde jemand heute 2010er Pauillac Premiers aufreissen? Wohl kaum. So tickt Dominus. Viiiiiieeeel Geduld wünsche ich euch…
2010 Dunn Vineyards Howell Mountain
95+ tr – 2040
Primärfruchtig mit viel Rauch, Teer, Vanille und Gewürzen. Eher ein leiser Wein, die Entwicklung ist noch nicht weit fortgeschritten. Aber er zeigt eine wunderbare Harmonie und Balance. Eigenständig, charaktervoll, bodenständig. Da steckt viel drinn, vielleicht ist das jetzt noch nicht offensichtlich, doch hier lohnt es sich abzuwarten…. Die Dinger sind erst zehn jährig. Das ist nichts für grosse Napa Cabs.
Übrigens: Randy Dunn: Wenn Du weiterhin diese Sche…. Wachskapsel verwendest, kriegst Du von mir permanent einen Punkt weniger als Sommelier Schmerzensgeld….
2010 Forman Cabernet Sauvignon
94+ 2025 – 40
Extorvertiertes, susses Cab Bouquet. Kandis, Minze und Zuckerwatte, Griotte Kirschen und Himbeeren. Im Gaumen zeigt er sich fordernd, mit massiven Gerbstoffen. Ein Langstreckenläufer mit immenser Ausdauer….
2010 Hall Wines Exzellenz Cabernet Sauvignon
94 tr – 2035
Süsses, reifes Napa Cab Bouquet mit rotbeerigen Reflexen. Laktisch, jugendlich, völlig extrovertiert mit süsser Erdbeernote. Später mehr würzig. Fenchel. Im Gaumen reif, zugänglich und attraktiv. Früh trinkreif. Es ist echt schwer diesen Wein einigermassen rational einzustufen. Er ist unglaublich lecker und wird sich in einer kleinen Runde in Rekordzeit verflüchtigen… ob daraus etwas wirklich ganz Grosses entsteht? Substanzielles Problem? 100 Parker.
2010 Harlan Estate
97+ 2025 – 40
Unglaublich jugendliche, dunkelbeerige Nase. Praktisch wie ein Fassmuster. Intensive Holznote mit Zedern und Mocca und Vanille. Eukalyptus, Minze und Torf. Im Gaumen kompakt, dicht mit Tiefgang aber wenig Trinkgenuss. Das verspricht viel für die Zukunft. Wer will schon, dass ein ultra teurer Harlan nach läppischen zehn Jahren auf den Höhepunkt ist?…
2010 Heitz Cellar Martha’s Vineyard Cabernet Sauvignon
94+ 2030 – 45
Offenes, dunkelbeeriges Bouquet. Mit Minze, Eukalyptus und viel Cassis und leicht florale Noten. Kernig, stabil im Gaumen. Mittlere Konzentration mit beeindruckendem Säuregerüst. Ist im Gegensatz zu vielen 2010er fruchtbetonten Weinen ist dieser eher etwas dezent unterwegs. Das spricht für sein Reifepotenzial.
2010 Kapcsandy Family Rapszodia State Lane
95+ 2025 – 40
Zurückhaltende Nase. Nebst dunklen, konzentrierten Beeren, eine leicht florale Note. Dazu Gewürz und Rauch. Geschmeidiger Körper, leicht mehlige Tannine. Braucht Zeit um harmonischer und balancierter zu werden. Die einzelnen Komponenten und das Potenzial ist immens.
2010 Larkmead Vineyards Solari Cabernet Sauvignon
94+ 2025 – 40
Offenes, rauchtiges Bouquet. Kirschen, Cassis und Brombeeren. Da spielen bereits erste mineralische Terroir Aromen mit. Kraftvoller Körper, kernige Struktur. Reift langsam. Super Ansätze.
2010 Levy & McClellan Cabernet Sauvignon
94+ 2025 – 35
Offenes rauchiges Bouquet. Die Frucht zeigt schon erste Reife mit leicht portigen Noten. Kraftvoll, mächtig im Gaumen. Aktuell aber stark holzdominiert, der den Wein etwas austrocknet. Eher schwierige Phase. Abwarten.
2010 Levy & McClellan Cabernet Sauvignon Ampersand
94+ tr – 2035
Attraktive, dunkelbeerige Nase mit feinen Röstaromen. Stattliche Struktur, stimmiger Holzeinsatz. Intensive Konzentration. Von allem ist viel da, mag dies aber zu verarbeiten. Beeindruckend langer Abgang. Erinnert an 2010er grosse Bordeaux und dementsprechend langsam reifend.
2010 Ovid Winery
97+ 2025 – 40
Offen, zugängliche Nase. Nebst klassischen dunkelbeerigen Cab Aromen auch etwas Pflaumen. Dazu Torf, Erde und Zedern. Super Auftakt, druckvoll und geht sofort in die Tiefe. Legt bereits eine wunderbare Balance zu Tage. Zarte Mineralität, dezente Holznote. Alles sehr stimmig. Jetzt schon toll mit super Potenzial.
2010 Paul Hobbs Beckstoffer To Kalon Cabernet Sauvignon
93 tr – 2030
Mächtig, opulente Nase. Dunkle und blaue Beeren dominieren. Zarter Trinkfluss, kaum spürbare Tannine. Ein imposanter fruchtgetriebener Wein. Jetzt schon auf dem Höhepunkt.
2010 Joseph Phelps Vineyards Insignia
98+ 2025 – 45
Würzig, dunkelbeeriges Bouquet. Intensive, vielschichtige Aromen, wirkt sehr gebündelt. Im Gaumen spürt man den Traubenmix. Vielschichtig, dicht. Ein Weinbaby ganz am Anfang einer imposanten Entwicklung. Mit Potenzial auf die Maximalnote.
2010 Philip Togni Vineyard Cabernet Sauvignon
94+ 2030 – 55
Rauchig, erdiges Bouquet. Viel Barrique Aromen mit Kokos und Bittermandeln. Wirkt mehr wie ein zweijähriger Wein oder gar eine Fassprobe. Feingliedriger Auftakt, der Schwall an Gerbstoffen und Säure kommt erst im langen Abgang so voll zu Geltung. Don’t touch the Tiefschläfer.
2010 PlumpJack Winery Reserve Cabernet Sauvignon
95+ 2025 – 40
Mildes blau- und schwarzbeeriges Bouquet. Etwas Amarenen und Eukalyptus. Im Gaumen sehr konzentriert, dicht verwoben. Aktuell etwas alkoholisch und mächtiger Holzeisatz. Doch da steckt viel Stoff drin. Wird spannend sein ihn zu verfolgen. Vielversprechend!
2010 Promontory
97+ 2025 – 35
Offenes, dunkelbeeriges Bouquet. Feine Minzenote, Rauch und Gewürzen. Wirkt in der Nase sehr edel. Im Gaumen harmonisch, feingliedrig, sehr schön vinifiziert. Exakt auf den Punkt. Holz ist aktuell noch etwas vordergründig, doch das wird sich harmonisieren. Jetzt schon sehr gross.
2010 Pride Mountain Vineyards Reserve Cabernet Sauvignon
97+ 2025 – 40
Würzig, erdiges Bouquet mit Zedern, Rauch und Vanille. Wunderbar ausgewogen im Gaumen. Nicht wuchtig sondern geht mehr auf Eleganz. Rund, geschmeidig. Jetzt in einer bestechenden Jungform.
2010 Scarecrow Cabernet Sauvignon
97+ tr – 2040
Tiefgründig, dunkelbeeriges, erdiges Bouquet mit Pfeffer, Marroni und Harz. Bereits etwas reife pflaumige Aromen, kann aber auch ein Anzeichen sein, dass er sich zu verschliessen beginnt. Nicht die offensive, extrovertierte Art des 2007er. Doch es wird spannend sein diese einzigartige Rarität weiter zu verfolgen.
2010 Schrader Cellars RBS Beckstoffer To Kalon Vineyard Cabernet Sauvignon
95 tr – 2035
Reife, dunkelbeerige Nase mit ersten tertiären, erdigen Reflexen. Leicht portig. Im Gaumen erhaben gross, prächtige Statur. Deutlich weniger Entwicklung als in der Nase. Ob die Zeit noch ausreicht um sich zu «vereinigen»?
2010 Schrader Cellars CCS Beckstoffer To Kalon Vineyard Cabernet Sauvignon
93+ 2025 – 40
Verschlossenes dunkelbeeriges Bouquet. Dazu Kirschen und Minze. Enorm konzentrierte gebündelte Nase. Im Gaumen hoch konzentriert. Quasi ein Napa Extrakt. Holz ist extrem fordernd. Vielleicht von allem etwas zu viel.
2010 Screaming Eagle Cabernet Sauvignon
98 tr – 2035
Defensiv, schwarzbeeriges Bouquet mit unglaublich eleganter Holzbegleitung. Mocca, Krokant, Bittermandeln und Kokos. Super feine Struktur, hoch elegant. Und dies alles bei mittlerer Konzentration. Ja, er kommt fast beschwingt daher. Der ist dermassen leichtfüssig vinifiziert, völlig pur und natürlich. Genial.
Die Quintessenz unserer Leidenschaft: Screaming Eagle Vertical
2010 Shafer Vineyards Hillside Select Cabernet Sauvignon
98+ 2025 – 45
Noble, dunkelbeerige, mineralische Nase. Viel Rauch, Teer, Harz und Tabak. Im Gaumen fein strukturiert, erstaunlich zugänglich und nicht so opulent wie die heissen Jahrgänge. Ein europäischer Hillside, der bereits in dieser jungen Phase unglaublich Spass macht. Doch nicht verführen lassen. Die volle Pracht (auch punktemässig) wird in zehn Jahren erst da sein. Go for it!
2010 Sloan Proprietary Red
96+ 2030 – 45
Reife, beerige Nase. Brombeeren, Pflaumen. Viel Rauch, Edelhölzer und leicht florale Noten. Im Gaumen extrem jung. Holzbetont und Reife verlangend. Die Ansätze sind sehr gut. Reift langsam und verspricht viel!
2010 Spottswoode Family Estate Grown Cabernet Sauvignon
98+ 2025 – 40
Attraktive, extrovertierte Nase. Intensiv dunkelbeerig mit unglaublich schönen Röstaromen. Im Gegensatz zu der (fast) opulenten Nase, kommt er im Gaumen ruhiger, erhabener daher. Da steckt viel Stoff drin und bereits jetzt eine angenehme Harmonie. Super Balance in dieser jungen Phase.
2010 Staglin Family Vineyard Cabernet Sauvignon
95 tr – 2035
Rauchig, barriquebetonte Nase. Frucht ist im Hintergrund aber gut spürbar. Feine Mineralik und Tabak und Mocca. Hoch attraktive Röstung. Verdammt schön! Die Substanz für eine lange Lagerung wage ich zu bezweifeln, aber was solls! Überraschung!
2010 Turnbull Wine Cellars Fortuna Vineyard Cabernet Sauvignon
92 tr – 2035
Intensive, extrovertierte dunkelbeerige Nase. Hohe Konzentration und intensive Röstung. Wirkt leicht alkoholisch. Im Gaumen zugänglich, geschmeidig strukturiert. Alles schön, nichts spektakulär. Auch im Abgang ein leicht alkoholischer Überhang.
2010 Turnbull Wine Cellars Pierra Cabernet Sauvignon
92 tr – 2035
Florales Bouquet mit präsenten Holznoten. Im Gaumen zugänglich und bereits recht reif mit süsser dunkelbeeriger Grundaromatik. Schöner stimmiger Napa Cab. Gastronomisch, früh trinkreif.
2010 Viader Red Blend
95 tr – 2030
Farblich und aromatisch weiter als die meisten Weine der Probe. Würzig, erdige Noten. Nach wie vor auch blau- und schwarzbeerig in der Grundausrichtung. Im Gaumen hat er sich wunderbar entwickelt. Ausgewogen und schön balanciert. Jetzt verlockend mit weiterhin gutem Potenzial.
2010 Vineyard 29 Estate Cabernet Sauvignon
94 tr – 2030
Intensives, röstiges Bouquet. Kaffee, Mocca mit nahezu primärfruchtigen Brombeeraromen. Im Gaumen zugänglich reif. Modern vinifiziert, sehr geschliffen. Schnelle Entwicklung Jetzt trinkreif.
2010 Vine Hill Ranch ‚VHR‘ Cabernet Sauvignon
98+ tr – 2035
Dramatisch dunkelbeeriges Bouquet, mit verlockenden Röstaromen. Brotkruste, Krokant und Vanille. Die Frucht ist äusserts präzise und perfekt ausgereift. Erhaben, eleganter Gaumenfluss. Perfekt vinifiziert. Tiefgang und Länge sind beeindruckend. Eine Ueberraschung der ganzen Probe. Wow, das ist jetzt unglaublich gut. Kann sogar die Maximalwertung erreichen. Was für ein Abschluss einer absolut beeindruckenden Verkostung.
Lieber Baschi
Zwar kann ich mich nicht so gewandt ausdrücken wie Lukas (Chapeau! für den Kommentar), ein paar Worte und Eindrücke möchte ich aber trotzdem loswerden.
Ein grosses Danke Eugen und Dir für die Organisation dieses beeindruckenden Events. Die Vorfreude auf diesen Event (nicht zuletzt „Dank“ Corona) war riesig und wurde vollumfänglich erfüllt! Was für Weine – was für Essen – in solch einer toller Runde – ich werde mich lange daran erinnern.
Zu den Weinen (auch nicht ganz so ausführlich, da ich meine Freitagsnotizen prompt liegen gelassen habe… 🙁
– Beeindruckend der Flight mit den 3 Bonds und Bryant: Die Bonds üppig, „in your face“ und trotzdem mit spürbaren Unterschieden; der Bryant als Langsamstarter, der sich im Glas entwickelte und einen gewaltigen Finish bietet
– Colgin IX: Wein des Freitag Abends! Bietet das gewisse Etwas und beeindruckend mit Nuancen in Nase und Gaumen, die ihn gegenüber den anderen Weinen abheben
– Dominus: der Bordeaux unter den Kaliforniern beeindruckte mit leicht erdigen/Tabaknoten
– 4x Beckstoffer To Kalon: da wäre es spannend gewesen, diese in einem Flight zu haben. Grundsätzlich immer makellose Weine, die teilweise spannende Nuancen vertragen könnten (gerade bei Carter). Am besten -> Schrader RBS
– Insignia + Shafer: Fast perfekte Weine – beeindruckende Länge, vielschichtig, viel Trinkspass
– Togni: würzig, mit den kräftigsten, adstringierenden Tanninen -> noch lange warten
– Scarecrow + Screaming Eagle: 2 absolute Kultweine, die ich das erste Mal probieren durfte und mich begeistert haben, obwohl dies bei den logischerweise hohen Erwartungen nicht einfach ist.
– Spottswoode: Das ist wohl einfach „meine“ Winery – begeistert mich jedes Mal. Die unendlich tiefe, elegante Nase. Der balancierte Körper mit dunkelbeerigen, würzig-erdigen Noten und eleganten Röstaromen. Und das alles zu einem vernünftigem Preis – zumindest im Vergleich mit den Topshots
– VHR: kannte ich nicht und beeindruckte mit viel Frucht, super Toasting und mineralischem, langen Abgang. Viel Trinkspass und ein mehr als würdiger Abschluss des Tasting.
Beste Grüsse, Carlo
2010, une lettre d’amour… californienne
Lieber Eugen, lieber Baschi
Statistik war nie so mein Ding. Umso amüsanter, dass ich es nun, dank dem Wein, trotzdem regelmässig brauche. Hat sich die Plackerei also doch gelohnt!
Erkenntnis Nummer 1: Ich habe am letzten Wochenende mit einer 9-Punkte-Skala gearbeitet. Nämlich von 92 bis 100 Punkten. Einen «Nasen-und-Gaumen-Irrtum» schliesse ich aus. Es bleibt also nur die Feststellung, dass a) der Jahrgang gewaltig ist und b) die 52 Weine (inkl. Tischweine) die Crème de la Crème des Napa Valley.
Jetzt hat Robert Parker mit seinem Punktesystem ganz ohne Zweifel die Welt der Weinkritik revolutioniert. Man denke nur an den zuvor oft manierierten, im schlimmsten Fall noch von schlüpfrigem Altherrenwitz geprägten Charakter vieler textlicher Weinbeschreibungen. Nicht, dass ich nie Text notieren würde. Im Gegenteil sogar zu jedem Wein. Aber das sind mehr Gedankenstützen.
Parker teilt seine Skala bekanntermassen folgendermassen auf (die ersten drei Unterteilungen):
96-100: An extraordinary wine of profound and complex character displaying all the attributes expected of a classic wine of its variety. Wines of this caliber are worth a special effort to find, purchase and consume.
90 – 95: An outstanding wine of exceptional complexity and character. In short, these are terrific wines.
80 – 89: A barely above average to very good wine displaying various degrees of finesse and flavor as well as character with no noticeable flaws.
Erkenntnis Nummer 2: Wir haben entweder in der Kategorie «extraordinary» oder «outstanding» getrunken. Und da kann ich dann auch einfach nur wieder feststellen: stimmt. Lediglich ein «barely above average to very good» gab es schlicht nicht.
Ein näherer Blick auf die Zahlen zeigt: Von den 52 bewerteten Weinen fallen 28 in die Kategorie «extraordinary». Die anderen 24 waren «outstandig».
Was mich zu Erkenntnis Nummer 3 führt: An Epic Vintage (Galloni) ist, zumindest gemessen an den Weinen dieser Probe, absolut gerechtfertigt als Etikett. Dabei war das doch gar nicht eine solch klare Sache, mit den schwierigen Wetterbedingungen von 2010. Natürlich brauchte es das (späte) Wetterglück. Aber ohne Können wäre auch das kein Rettungsanker mehr.
Erkenntnis Nummer 4: Balance. Das fällt mir ein, wenn ich all die verkosteten Weine auf einen Nenner bringen will. Balance zwischen Frucht, Säure, Tanninen und Alkohol. Vielleicht ist 2010 genau das: die perfekte Kombination der Vorteile eines kühlen Jahres für die Struktur und der Vorteile eines warmen Jahres für die Reife. Der Schnitt über alle bewertete 52 Weine hinweg sind übrigens aufgerundete 96 Punkte. Fantastic!
Es folgen nun, nach Punkten rangiert, meine Bewertungen. Für diese gilt wie immer der «Warnhinweis», dass ich leidenschaftlich dilettiere und hemmungslos parteiisch bin. Also nicht allzu ernst nehmen! (Im Ernst: Das gilt insbesondere für die Weine der ersten Freitagsserie, Abreu Madrona, Abreu Thorevilos, Araujo Eisele, Blankiet Paradise Hills und Cardinale – nicht ganz auszuschliessen, dass der eine oder andere in einem avinierten Glas etwas mehr gestrahlt hätte.)
Colgin IX Estate 100
Dalla Valle Maya 100
Joseph Phelps Insignia 100
Scarecrow Cabernet Sauvignon 100
Screaming Eagle Cabernet Sauvignon 100
Shafer Cabernet Sauvignon Hillside Select 100
Araujo Estate Cabernet Sauvignon Eisele Vineyard 98
Bond Vecina 98
Ovid Red Wine 98
Sloan 98
Spottswoode Cabernet Sauvignon Estate 98
Staglin Family Cabernet Sauvignon Estate 98
David Arthur Cabernet Sauvignon Elevation 1147 97
Dominus Estate 97
Dunn Vineyards Cabernet Sauvignon Howell Mountain 97
Harlan Estate 97
Paul Hobbs Cabernet Sauvignon Beckstoffer To-Kalon Vineyard 97
Philip Togni Cabernet Sauvignon 97
Schrader Cellars Cabernet Sauvignon RBS Beckstoffer To-Kalon Vineyard 97
Abreu Madrona Ranch 96
Bond St. Eden 96
Bryant Family Vineyard Cabernet Sauvignon 96
Colgin Cariad 96
Heitz Cellar Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard 96
Larkmead Vineyards Cabernet Sauvignon Solari 96
Levy & McClellan Ampersand 96
Levy & McClellan Red 96
Plumpjack Cabernet Sauvignon Reserve 96
Bond Pluribus 95
Chateau Montelena Cabernet Sauvignon Napa Valley (DMG) 95
Checkerboard Vineyards 95
Dana Estates Cabernet Sauvignon Helms Vineyard 95
Dana Estates Cabernet Sauvignon Lotus Vineyard 95
Futo Oakville 95
Pride Mountain Vineyards Cabernet Sauvignon Reserve 95
Blankiet Estate Proprietary Red Wine Paradise Hills Vineyard 94
Bryant Family Vineyard DB4 94
Forman Cabernet Sauvignon 94
Promontory Red Wine 94
Turnbull Cabernet Sauvignon Fortuna Vineyard 94
Viader Proprietary Red 94
Cardinale 93
Carter Cellars Cabernet Sauvignon Three Kings Beckstoffer To-Kalon Vineyard 93
Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection 93
Kapcsándy Family Winery Estate Cuvée State Lane Vineyard 93
Schrader Cellars Cabernet Sauvignon CCS Beckstoffer To-Kalon Vineyard 93
Turnbull Cabernet Sauvignon Pierra 93
Vine Hill Ranch Cabernet Sauvignon VHR 93
Vineyard 29 Cabernet Sauvignon Estate 93
Michel Rolland Cabernet Sauvignon 93
Abreu Thorevilos 92
Hall Cabernet Sauvignon Exzellenz Sacrashe Vineyard 92
Nachtrag 1: Eine gewaltige Überraschung war für mich der 2010er Rudd Sauvignon Blanc Mt. Veeder. Blind hätte ich den in ein Zeitfenster von 3-5 Jahren getan. 93 Punkte.
Es ist mir Freude und Ehre, solch gewaltige Weine mit solch tollen Menschen geniessen zu dürfen. Das ist vielleicht eine der Erkenntnisse aus dieser unsäglichen Pandemie: Der beste Wein schmeckt allein einfach weniger gut als in Gesellschaft. Dafür lieben Dank! Und dann hat auch noch das Kulinarische gestimmt. Das Ornellaia kannte ich noch nicht – eine Entdeckung!
Herzlich – Lukas