The Debate

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Wir debattieren gerne. Über Gesellschaft, Wirtschaft, Politik oder einen Virus. Über den Sinn des Lebens oder über Wein. Aber den „Debate“ getrunken haben wir wohl kaum. Ich zumindest nicht. Bis jetzt…

René Gabriel kam zu drei Flaschen „The Debate“ aus dem Napa Valley und lud mich spontan zu einer kleinen Probe ein. „The Deb…was….?“ Ich kenne zwar einige Winerys da drüben aber von einem Debate hörte ich bisher nichts.  An neuen Napa Weinprojekten bin ich immer interessiert und zugleich auch kritisch. Also erstmal recherchieren. The Debate gehört für mich zu den typischen neuen Weinprojekten, die ich gerne der 4. Generation kalifornischer Wein-Geschichte zuordne. Die erste waren die Pioniere Anfangs des 20. Jahrhunderts, dann die klassischen Weingüter nach der Prohibition, anschliessend kamen die Cultwinerys der 90er Jahre und dann eben „Weinprojekte“ die oftmals ohne eigene Rebberge und Kellereien seit Mitte der Nullerjahre wie Pilze aus dem Napa Boden schossen. Oftmals reiche Investoren, die Gefallen finden am „eigenen Wein“ und sich zu der California Valley High Society hingezogen fühlen.

So oder ähnlich gründete der Ex-Anwalt Rob McKay zusammen mit dem Schweizer Jean Hoefliger  „The Debate“. Der gebürtige Lausanner Oenologe begann seine Karriere bei Newton Vineyard und anschliessend bei Alpha Omega, wo er bis heute tätig ist. Wahrscheinlich werden die Debate Weine dort vinifiziert.

Um sofort an der Spitze mitspielen zu können, überliessen die beiden wenig dem Zufall. Der Grundstoff für ihren Wein besorgten sie bei Andy Beckstoffers besten Cabernet Sauvignon Lagen unweit der Alpha Omega Winery. Nachdem der erste Jahrgang 2010 mässig aus den Startlöchern kam, gings mit ihrem 2012er To Kalon so richtig ab. Robert Parker adelte diesen Wein völlig aus dem nichts mit 100 Punkten.

Doch dazwischen gab es eben noch den 2011er. Und um dem dreht sich diese Geschichte. Der kühle, nasse Jahrgang, eingepresst zwischen so vielen fulminanten Jahren, fand in Kalifornien und bei den renommierten Kritikern von Anfang an wenig Begeisterung. Zu wenig opulent, zu niedrige Alkoholwerte für Robert Parker, was zu mässigem Absatz führte. Insbesondere wenn man solche Neulinge mit rund 130 Dollar lancieren muss. Ja, wenn „Beckstoffer“ auf dem Etikette steht wird’s automatisch teuer. Wer mehr dazu erfahren möchte, empfehle ich diese Story:

Mir gefallen die eher leichten, französisch wirkenden 2011er. Sie bringen die nötige Frucht mit und wirken verspielt, sofern sie nicht überholzt wurden. Seit Abfüllung haben sie sich kaum verschlossen und bereiten jugendlichen Spass. Natürlich ist ihre Entwicklung beschränkt. Aber wer auf lange Lagerung steht, findet ja rund um den 2011er sehr viele andere, grosse Napa Jahrgänge.

Dementsprechend konnte ich mich mit den drei „Debate“ Weinen ziemlich gut anfreunden.  Leider liegt er preislich deutlich über der oberen Schmerzempfindlichkeit. Und dies trotz der edlen Aufmachung und kreativem Story-Telling. Die Flaschen werden nämlich in ein Zeitungspapier gewickelt, welches ein aktuelles Thema des jeweiligen Jahres aufgreift. Während dem Genuss des Weins kann dann über dieses geschichtsträchtige Ereignis eine Debatte geführt werden.Sollte man ihn aber zum halben Preis finden, müsste man nicht lange herum debattieren, sondern zuschlagen….

2011 The Debate Cabernet Sauvignon Beckstoffer Dr. Crane

90 / tr – 2025

Violette, purpur. Druckvolles, vielschichtiges Bouquet. Nicht so klar dunkelbeerig. Da spielen auch blau- und sogar rotbeerige Aromen mit. Leicht marmeladig, etwas alkoholisch in der Mitte. Nach wie vor genügend frisches Holz, welches Hamonie zu der Frucht sucht. Im Gaumen bereits reife, leicht brandige (Valley Fruit) Nuancen. Endet mittellang, mineralisch, mit französischer Affinität.

2011 The Debate Cabernet Sauvignon Beckstoffer Missouri Hopper

92 / tr – 2025

Holzbetontes Bouquet. Frucht defensiv, etwas Brombeeren aber auch Pflaumen.  Bittermandeln, Krokant. Dazwischen leicht brandige Aromen. Voluminöser Körper. Für 2011 recht opulent mit moderaten Gerbstoffen. Mittlere, saftige Struktur, jung zu geniessen.

2011 The Debate Cabernet Sauvignon, Beckstoffer To Kalon

93 / tr – 2030

Offenes, dunkelbeeriges Bouquet. Cassis, Brombeeren, Schoko, Holz, Rauch, Erde. Sehr rund, harmonisch im Gaumen. Wirkt geschliffen, gradlinig mit samten Tanninen. Zeigt Grösse und Tiefgang. Zweifellos sehr modern vinifiziert. Deshalb und aufgrund des Jahrgangspotenzials früh zu geniessen.

Es steckt erstaunlich viel Power in diesen drei 2011er Debate. Da frage ich mich schon, wie dann diese Weine in grossen Jahren daher kommen? Möglicherweise zu opulent und überladen? Und übrigens: Der 2016er findet man kaum unter 200 Franken. Daher lobe ich mir diese „französische“ 2011er Version.

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