Die Persönlichkeit von Sloan

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Was man alles in elf Jahrgängen Sloan findet und was man vergebens sucht. Sloan Vertical Tasting 2000 – 2010.

Die Winzer des Napa Valleys lassen sich in drei Gruppen oder Generationen unterteilen. Begonnen hat alles mit den Pionieren und Gründer der grossen, klassischen Wineries Anfangs und Mitte des 20. Jahrhunderts. Dann kamen die Kultweine der 90er Jahre, wo meistens die Besitzer auch gleichzeitig als Winemaker amteten. Sie setzten vermehrt auf Qualität und kleine Mengen. Mit Hilfe des Internets, Parker, Winespectator und vielen weiteren Faktoren verliehen die Kultweine dem Valley frischen Schub. Dank der Globalisierung öffneten sich zudem viele neue Märkte. Und die Konsumenten suchten Alternativen zu den damals stark steigenden Bordeaux Preisen.

Die „dritte Generation“ entstand Anfangs des neuen Jahrtausends. Die New Economy brachte Superreiche hervor, die vor lauter Ueberfluss noch das „entscheidende Etwas“ suchen. Sie besitzen schon die luxeriöse Villa und die feudalen Feriensitze an den tollsten Orten. Mehr als eine Jacht ist unpraktisch und die Garage ist voll von Aston Martins, BMW’s und Ferraris. Was also tun? Eine Winery fehlt noch! Da der Golfkollege auch schon Weinguts- oder Chateau Besitzer ist, sollte man nachziehen. Zudem trinkt man ja gerne teuren Wein. Zum guten Ruf gehört also eine eigenes Weingut. Idealerweise am aktuellen Hotspot der Weinwelt: Im Napa Valley.

Ohne ihn zu kennen, behaupten ich, dass Stuart Sloan zur letzteren Gruppe gehört. Der Geschäftsmann aus Seattle kaufte 1997 sein gut 20 Hektar grosses Grundstück in Rutherford, ganz in der Nähe der Nobelherberge Auberge du Soleil, und gründete die Sloan Winery. Sein Weinwissen war bescheiden dafür die finanziellen Ressourcen immens. Nichts wurde dem Zufall überlassen, denn schliesslich will man etwas aussergewöhnliches produzieren, dass auch seinen Preis  kosten darf. Sloan überliess nichts dem Zufall. Für die Bepflanzung und Pflege des Weinbergs (rund 80% Cabernet Sauvignon, etwas Cabernet Franc und Petit Verdot) war kein geringerer als David Abreu verantwortlich. Als Winemaker heuerte Sloan die talentierte Martha McClellan (Lieblingswort: Konzentration) an. Beraten wird man vom önologischen Globetrotter Michel Rolland (Lieblingswort: Konzentration) und für die hohen Bewertungen wird Robert Parker (Lieblingswort: Konzentration) sorgen.

Der Masterplan ging auf. Mit dem 2000er lancierte Sloan seinen ersten Jahrgang. Die budgetierten 100 Parkerpunkte gab’s bereits nach drei Jahren für den 2002er. Bis heute übertrifft die Produktion selten 6000 Flaschen pro Jahr. Ab 2009 gibts zudem einen Zweitwein namens Asterisk. Via Mailingliste lancierte man eine Flasche Sloan zu rund 400 – 600 Dollar, je nach Jahrgang. Alles läuft also perfekt. Nicht ganz. Denn trotz der homöopathischen Mengen nimmt der Sekundärmarkt den Wein nicht auf. Was will ich damit sagen? Ich erachte den Grossteil der erlauchten Sloan Kundschaft als relativ unkritische, extrem solvente „Parker Gläubiger“. Sie sind gerne bereit viel Geld für einen dreistellig bewerteten Sloan zu bezahlen. Aber wehe, es gibt Jahre mit „nur“ 95 der 96 Punkten. Dann schmeissen sie ihre Zuteilungen auf den Markt. Betrachten wir zum Beispiel die Preisentwicklung des grossartigen 2008 Sloan (Ausgabepreis 600 Dollar, MYBESTWINE: 18.5/20)

price sloan 08

Die Grafik (Quelle wine-searcher.com) spricht Bände. So findet man heute viele grosse Sloan Jahrgänge deutlich günstiger als ursprünglich via Mailingliste.

2011 verlor Stuart den Spass an seinem önologischen Hobby und verkaufte die Soan Winery für 40 Millionen Dollar an die Goldin Finance Holding aus Hong Kong. Zwei Jahre später überlies übrigens auch Michel Rolland sein eigenes Pomerol Chateau „Le Bon Pasteur“ an Goldin. Zufälle gibt’s.

Gerne hätte ich mehr erfahren über Sloan. Über die Vision, die Menschen und deren Philosophie. Auf der offiziellen Website erfährt man gerade mal gar nichts. Und so suchte ich sie vergebens im Internet, und vermisste sie auch in den elf Jahrgängen, die ich an diesem Samstagnachmittag im Weinrausch Luzern verkostete: Die Persönlichkeit von Sloan.

Mehr Infos: Sloanestate.com

Bezugsquelle: Vinpark.ch

 

2000 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 17/20 trinken – 2030
2001 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 18.5/20 trinken – 2035
2002 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 17.5+/20 trinken – 2030
2003 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 16.5/20 trinken – 2030

 

Der Erstlingsjahrgang 2000 Sloan zeigt sich in dunklem Rubin, konzentriert und erdig, mit Zedern, Teer, und Rauch im Bouquet. Etwas fehlende Tiefe dafür – jahrgangstypisch – recht breit strukturiert. 2001 Sloan wirkt frischer, mit schwarz- und blaubeeriger Grundaromatik und ein Touch grüne Paprika, was dem Wein aber nicht schadet, sondern eine erfreuliche Frische verleiht. Für so junge Reben (zirka fünf Jahre), kommt dieser Sloan erstaunlich gehaltvoll daher. Von 2002 Sloan erwartet man aufgrund der 100 Parker Punkte natürlich Wunderdinge. Für mich wirkt er wie ein „Cabernet-Amarone“. Enorm konzentriert, rund, füllig. Viel Kirschen, Cassis und Brombeeren im Bouquet. Opulent, leicht alkoholisch. Über der immensen Frucht schwebt eine dicke Caramel- und Kandisnote vom starken Toasting.Ein sehr guter Wein, aber für eine höhere Bewertung vermisse mir hier einfach ein wenig Spannung.

Das fehlt verständlicherweise auch 2003 Sloan. Der Jahrgang ist generell opulent ausgefallen. Von der Aromatik liegt der 03er Sloan gar nicht so weit weg von seinem grossen Vorgänger. Allerdings ist er deutlich weniger konzentriert und verfügt über etwas unreifes Tannin, wodurch er im Alter austrocknen könnte.

 

2004 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 18+/20 2020- 2045
2005 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 18.5/20 trinken – 2035
2006 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 17+/20 trinken – 2035
2007 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 19.5+/20 2020- 2045

 

Ein Baby ist 2004 Sloan. Sehr dunkel, druckvolle Cabernet Süsse. Kirschen und Cassis. Konzentriert, füllig im Gaumen. Feine Gewürznoten im Abgang. Verfügt nicht nur über immense Kraft, sondern verspricht auch viel Potenzial. Noch einen Tick höher bewerte ich 2005 Sloan. Voluminöses, cremiges Bouquet. Caramel, Lakritze, Butter, Zimt. Harmoniert gut mit dem superreifen Traubengut, und dem süssen Cabernetdruck. 2006 Sloan enttäuschte mit üppiger schwarz- und blaubeeriger Fraucht. Breit ausladendem Körper und wenig Struktur. Wirkt daher zwar voluminös aber ziemlich schlapp.

Der beste Sloan und ein wirklich grossartiger Wein ist 2007 Sloan. Interessanterweise degustierten wir ihn im zweiten Teil des Tastings, mit anderen „Californian Shooting Stars“ (separater Report inkl. dem einzigen 20/20 Wein dieses Tages folgt in Kürze). Dichtes, offenes Bouquet. Schwarzbeerig, süss, feine Würznoten, etwas dunkle Schokolade und Toast. Druckvoller Auftakt, stoffig im Gaumen. Im Gegensatz zu anderen grossen Jahrgängen kommt dieser Sloan mineralischer daher, mit mehr Vitalität und frischer Säure. Natürlich braucht er noch viel Zeit. Aber da spürt man jetzt effektiv die Grösse.

 

2008 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 18.5/20 trinken – 2040
2009 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 18+/20 2025 – 2045
2010 Sloan Proprietary Red, Napa Valley 18+/20 2025 – 2045

 

Auch 2008 Sloan überzeugte, da er nicht dermassen üppig daher kam. Klassisch dunkelbeerige Cabenet Nase. Voluminös im Gaumen. Fein polierte Tannine. Gute Struktur und Länge. Kein vernünftiger Zugang findet man jetzt zu den beiden jüngsten Jahrgängen des Events. 2009 Sloan wirkt völlig primärfruchtig. Markanter Holzeinsatz (Mocca, Toast). Stoffig und konzentriert im Gaumen. Genauso wie 2010 Sloan. Der zeigt sich zwar etwas weniger extrovertiert. Mit würzigen Noten unter dem Cabernet Schwall. Röstig, nussig und leicht grüne Paprikanote und Koriander. Bis ans Limit konzentriert und dicht im Gaumen.

 

2 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Gregor am 27. September 2015 um 16:44

    LIeber Baschi und liebe Weinfreunde der NAPAssion,

    Die Aufteilung der Winzer des Napa Valleys in drei Gruppen oder Generationen ist zwar nicht falsch, aber ein wenig zu vereinfacht. Ich würde anregen, dass wir die Kategorien in fünf Gruppen aufteilen:

    I. Pioniere und Gründer der grossen, klassischen Wineries, welche noch im Valley tätig sind (Familienmitglieder Mondavi, Shafer, Robin Lail, Jim Barbour, etc.)

    II. Pioniere und Gründer, welche dem grossen Geld erlagen und ihre Weingüter verkauften an grosse Handelsfirmen und Weinhäuser (Chuck Wagner, Robert Mondavi, Opus One, Merryvale, Beringer, etc.)

    III. Kultweine der 90er Jahre mit Besitzer aktiv im Weingut oder als Winemaker (Harlan, Screaming Eagle, Colgin, Chappellet, Maya, etc.) mit Fokus auf Qualität und kleine Mengen

    IV. Neue Generation mit Kopie des Modells der Kultweine aber aktive Mitarbeit der Eigentümer (Dana, Checkerboard, Nine Suns, Brand, Melka, Continuum, Scarecrow, Futo, Levy&Mc Clellan, Vineyard 7&8, Tusk, etc.)

    V. Die von Baschi bezeichnete „dritte Generation”, die eine Winery im Portfolio haben will (Kenzo, Yao Ming, Darioush, Kieu Hoang Winery, Sloan, etc.) .

    Spannend ist aber, dass diese „dritte Generation“ auch in Bordeaux, Spanien oder in Italien aktiv ist. Die Käufer sind aber in erster Linie asiatische Investoren, welche zwar erfolgreich ein Topteam zusammenkaufen, aber kaum im Markt bereits teuer erkennen mussten, dass ohne lokales Herz, nicht viel vom eingekauften Ruhm übrigbleibt. Die Welle hatten andere Regionen schon vorher erlebt. Die Kategorie II. ist weltweit vertreten, verdient gutes Geld und ist auf allen Weinkarten der Welt zu finden.

    Persönlich kann ich erleben, dass eigentlich für mich idealerweise die Kategorien I., III. und IV. das Napa Valley prägen und jährlich mit Millionenbeträgen das eigene Sozialsystem über karitativen Auktionen und der Integration der Weinbergarbeiter zu dem gemacht haben, was es ist. Ein Dorf mit 160’000 Einwohner. Dieses durchschaut relativ schnell, die Pläne von Neuankömmlingen… Der Weinliebhaber darf sich auf sein Weinglas und seine Wahrnehmung der Sinne verlassen.

    Viel Trinkspass!
    Gregor

  2. Veröffentlicht von Sven Fischer am 23. September 2015 um 11:40

    Dem gibt es nichts hinzuzufügen, vor allem die Kategorisierung des Napavalley trifft den Nagel auf den Kopf. Hoffentlich bleibt Kat. I so wie sie war und ist. Lieber Baschi, schönen Urlaub und auf bald.
    LG Sven

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