Heitz Martha's Vineyard & Co.

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Bei der Heitz Winery scheiden sich die Weingeister. Da sind einerseits die Kritiker und Freunde universeller Weltweine,  welche vor allem der alten Jahrgänge wegen die Nase rümpfen. Sie bemängeln – die leider oftmals vorhandenen – Unsauberkeiten mehr, als sie die Einzigartigkeit des Weins loben. Robert Parker gehört als einflussreichstes Beispiel dazu. Er attestierte den Heitz Erzeugnissen oft eine gewisse „Lack Note“. Joe Heitz schickte ihm darauf ein Paket Taschentücher und einen Brief, mit der Aufforderung, er solle sich gefälligst die Nase putzen und von seiner Winery fern bleiben.   Auch Stephen Tanzer hat nach seinen 76 Punkten für den 87er Martha Hausverbot.

Und dann existiert andererseits eben auch die Heitz Fangemeinde. Freaks, welche die Einmaligkeit des Weins verehren. Die Charakteristik des Terroirs, und die faszinierende Aromatik aufgrund der unzähligen Eukalyptusbäume rund um Martha’s Vineyard. Aber es braucht viel Verständnis und Geduld mit dieser „Martha“. Dates mit ihr schwanken zwischen hemmungsloser Begeisterung und schierer Verzweiflung. Joe Heitz war als „etwas“ geizig bekannt. Ein Typ, der seine Fässer lieber ein Jahr zu oft brauchte, und eher eine Tonne Trauben zu viel als zu wenig in den Keller fuhr. Unterschiedliche Fassqualitäten und Alter für den gleichen Jahrgang waren keine Seltenheit. Das Ergebnis erleben wir jedes mal beim Genuss einer Flasche. Mal himmelhoch jauchzend, mal oder zu Tode betrübt. Auch bei dieser Probe wieder.

Der Bestbottle Circle, rund um Marcello Botti, Nils Frei und René Mauchle luden in die Fansburg nach Ormalingen. Susi und Jürg Richter begleiteten und begeisterten uns mit ihrem Team durch den eindrücklichen Tag. Der Event wurde in zwei Etappen durchgeführt. Zum Lunch stellte jeder Teilnehmer einen „normalen“ Heitz auf den Tisch, und zum Dinner dann eine Flasche (oder mehrere…) der legendären Martha.

Ja, wir brachten die Weine selber mit…Eigentlich völlig paradox beim eindrücklichen Farnsburger Weinkeller. Ein Eldorado mit unglaublicher Vielfalt und Tiefe. Ein Schmuckstück für jeden Weinliebhaber. Schauen Sie mal rein…Es muss ja nicht unbedingt Martha’s Vineyard, der Albtraum jedes Sommeliers, sein. Im Farnsburg Keller finden Sie einige Tausend Alternativen…

Mittags Session (Serien offen, Weine blind):

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 1975  Heitz Cabernet Sauvignon Fay Vineyard  17/20  austrinken
 1978  Heitz Cabernet Sauvignon Fay Vineyard  17.5/20  trinken – 2020

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Die Parzelle am Fay Vineyard pachtete Joe Heitz von 1975 – 1978 bevor sie der Besitzer, Nathan Fay, 1979 an Stag’s Leap verkaufte. Noch heute finden Sie diese Trauben im Cask 23. Beide Weine sind immer noch sehr gut.  1975 Heitz Cabernet Sauvignon Fay Vineyard präsentiert sich mit viel Kräuter im Bouquet. Jute, Kamin und Zedern. Mittlere Intensität und leicht austrocknendem Finale.  1978 Heitz Cabernet Sauvignon Fay Vineyard würzig, minzige Nase. Dunkle Schokolade. Etwas breiter strukturiert.

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 1983 Heitz Cabernet Sauvignon Bella Oaks Vineyard  16/20  austrinken
 1990 Heitz Cabernet Sauvignon Bella Oaks Vineyard  18/20  trinken – 2025
 1994 Heitz Cabernet Sauvignon Bella Oaks Vineyard  17.5/20  trinken – 2020
 1997 Heitz Cabernet Sauvignon Bella Oaks Vineyard  17/20  austrinken
 2004 Heitz Cabernet Sauvignon Bella Oaks Vineyard  18/20  trinken – 2030

 

1983 Bella Oaks war ein harmloser, sehr rustikaler Wein mit unnötig hoher Säure. Sehr gut gefiel mir 1990 Bella Oaks, mit leicht animalischen Noten, Leder und Tabak. Ein klassischer „old fashion“ Cab mit erstaunlich guten Reserven für 1990. Auch gut gelungen war 1994 Bella Oaks mit  jugendlicher Farbe. Rauch, Teer im Bouquet, präsente beerige Aromen und recht lang. Schnell unterwegs scheint 1997 Bella Oaks zu sein. Leicht staubige Noten, Rosinen, Eukalyptus, Minze und Gewürze. Etwas karg, metallisch im Gaumen. Hat möglicherweise die beste Zeit schon hinter sich. Ein frischer, dunkelbeeriger, grosser Wein ist 2004 Bella Oaks. Ausladendes Bouquet, Cassis, Bisquit, Griotte und dunkle Schokolade. Fülliger Körper, würzig mit einem gewissen „Rhone Touch“. Interessant!

 

 1990 Heitz Cabernet Sauvignon Trailside Vineyard  18/20  trinken – 2025
 1991 Heitz Cabernet Sauvignon Trailside Vineyard  18/20  trinken – 2025

 

Joe Heitz kaufte 1984 den 100 Acre Trailside Vineyard, östlich von Rutherford, entlang des Silverado Trails. 1990 Trailside, überzeugte seine gradlinige Art. Blaubeerig, Zedern, Tabak und Teer. Gute Balance und Länge. Auf gleichem Niveau 1991 Trailside. Offensive, druckvolle Nase. Schwarz- und blaubeerig, etwas Minze und Zedern.

Abend Seession:

2014 09 heitz2

 

 1968  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  20/20  austrinken
 1972   Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  18/20  austrinken
 1974  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  19/20  austrinken
 1975  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  19/20  trinken – 2025
 1976  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  18/20  austrinken
 1978  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  -/-  
 1979  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  17.5/20  austrinken
 1984  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  -/-  
 1985  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard  -/-  
 1986  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard 19/20 trinken – 2025
 1987  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard 19/20 trinken – 2025
 1989  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard 17/20 austrinken
 1991  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard 18.5/20 trinken – 2030
 1997  Heitz Cabernet Sauvignon Martha’s Vineyard 19/20 trinken – 2035

 

2014 09 heitz1968 Heitz Martha’s Vineyard war der dritte Jahrgang dieses legendären Weins. Er ist schlichtweg grandios. Das non plus ultra, was man sich von Martha’s erhofft und erwünscht. Herrlich offenes Bouquet. Eukalyptus, Minze, Vanille, Tabak und immer wieder dazwischen rote, frische Beeren. Datteln und Espresso. Geschmeidiger Auftakt, elegant und lang im Gaumen. Die Balance ist brillant. Enormer Nachhall. Eine Napa Ikone. Perfekt. Der 1968er müsste bei der UNESCO als Wein Welt Kulturerbe geschützt werden (hauptsächlich vor mir…). Die Rettung für alle im Jahr 1972 Geborenen ist 1972 Heitz Martha’s Vineyard. Oder kennt jemand trinkbare Weine aus diesem Jahr? Helles Granat; Schoko, Minze, Jod, Kalk. Eher leicht strukturiert was super zu den eleganten Aromen passt.

 

2014 09 heitz31974 Heitz Martha’s Vineyard ist ein unglaublicher Wein. Selbst für diese Flasche, welche nicht ganz optimal gelagert schien, gebe ich hervorragende 19/20. Mattes Granat; Leder, Tabak, Minze und tief aus der Mitte Quitten und Himbeernoten. Der Wein wirkt ganz leicht rosinig, und „staubig“. Im Abgang enorm süss und erhaben. Sensationell jugendlich erschien 1975 Heitz Martha’s Vineyard. Granat; Mineralisches Bouquet, Minze, Eukalyptus, Lebkuchengewürz und Teebaumöl. Frisch, fast noch schwarzbeerig im Gaumen, sanfte Gerbstoffe und eine mineralische, lebendige Struktur. Wenn der Wein zwei Stunden dekantiert gewesen wäre, hätte er noch mehr „Martha Charme“ an den Tag gelegt. Aber eben… (thanks Jürg…) Den 75er bewertete ich schon bei der grossen Martha Probe 2011 als Schnäppchen Kauf (damals 20/20), neben dem überteuerten 74er. Diesen Frühling gewann der 75er die American Beauty 7… Noch Fragen?

1976 Heitz Martha’s Vineyard wirkt elegant, fast leicht, mit seinen beschwingten süssen schwarzbeerigen Bouquet. Dazu etwas Rauch und Zimt. Unglaublich gut gehalten für 1976. Good Job! Völlig kaputt war 1978 Heitz Martha’s Vineyard. 1979 Heitz Martha’s Vineyard ist ein typischer Martha Klassiker. Blau- und schwarzbeerig, Pflaumen, Minze, Wildleder. Braucht viel Luft um sich zu entfalten. Im Abgang leicht grünliche Noten und etwas kürzer als die ganz grossen Jahrgänge. Aber immer noch sehr solide unterwegs. 1984 Heitz Martha’s Vineyard zeigte sich mit viel Minze und Brennesseln aber auch mit Kork und unsauberen Noten. Andi Meier stellte sein Glas eine Stunde zu Seite, und der Wein war sauber… Typischer Martha Wahnsinn!!! Dasselbe erhoffte ich mir auch beim nächsten Fall für den Wein-Psychiater:

 

2014 09 heitz51985 Heitz Martha’s Vineyard. Die Publikumsbewertungen klafften mit 20/20 und „wo kann ich ihn wegleeren?“ weit auseinander. Ein Irrsinn und nur für Heitz Masochisten einigermassen nachvollziehbar. Der Wein duftete beim Öffnen (zirka fünf Stunden vor dem Tasting) perfekt fruchtig, dunkelbeerig. „Endlich eine perfekte 85er“, frohlockte ich… Beim Einschenken um 21 Uhr dann die Ernüchterung. Klarer Fall Kork! Damisiech…. Schon wieder…. Als positiv denkender Mensch glaubte ich an die gleiche Entwicklung wie beim 1984er vorher. Es kamen mehr röstige Aromen zum Vorschein. Brotkruste, Eukalyptus, Teebaumöl, Kräuter, Ricola und etwas Bratensauce. Der dumpfe fehlerhafte Touch verschwand aber leider nicht. Eine weitere 85er zwischen Genialität und Wahnsinn. André Kunz hatte die Idee, dass wir ihn das nächste Mal zehn Stunden dekantieren. Aber während des Schreibens dieses Raports konnte ich es nicht lassen und griff zu einer 85er aus der Schwingerkönigsdorf-Charge (nur wenige werden den Sinn verstehen…), und wollte ihn über 24 Stunden verfolgen. Keine Chance. Die Flasche war nach 90 Minuten leer…. Anfänglich viel dunkle Frucht, Eukalyptus, Teebaumöl und leichte Unsauberkeit. „Säuberte sich“ aber bei jedem Quirl im Glas und brachte die klassischen , würzigen Aromen zum Vorschein. Immer wenn ich nachschenkte, wirkte er fehlerhaft. Sobald die kleinen Luftblasen am Glasrand weg waren perfekt! Im Gaumen ist der Wein ein Traum an Eleganz und Länge. Langsam glaube ich an die Umkehrtheorie: Je mehr Luft er bekommt, desto schlimmer wird es… Für diese Flasche ohne Zweifel: 19.5/20 trinken – 2040

Ohne Zweifel präsentierte sich der tolle 1986 Heitz Martha’s Vineyard. Defensiv, würziges Bouquet. Sägemehl, Stroh, Schoko, Kampfer. Druckvoll, intensiv in der Mitte. Jugendlich kräftig. Trägt die Aromen wunderbar in sich und wirkt sehr harmonisch. Auch 1987 Heitz Martha’s Vineyard ist richtig gross. Hier habe ich nach den 19.5+/20 im 2011 nachgekauft. Dichtes, würziges Bouquet. Fleischige Aromen, immer noch Cassis, Espresso und Minze. Anfänglich im Glas etwas verhalten, aber auch hier: Martha kann gar nicht genug Luft kriegen (ausser vielleicht der 85er..). Ein rustikaler, charaktervoller, grosser Wein. Etwas leichter wirkte 1989 Heitz Martha’s Vineyard. Süsses, reifes Bouquet, Kaffee, Teebaumöl, Jod. Mittlere Intensität und beschwingt im Abgang. Stark performte einmal mehr 1991 Heitz Martha’s Vineyard, der zweitletzte Jahrgang vor der Neuanpflanzung infolge Reblaus. Opulente dunkelbeerige Nase. Cassis, Waldbeeren. Etwas Laub, Schwarztee und After Eight. Wirkt im Gaumen noch recht jung und entwickelt sich deutlich langsamer als viele andere 91er Kalifornier.  Und schliesslich noch der zweite Jahrgang aus Martha’s Neuzeit: 1997 Heitz Martha’s Vineyard. Frische, süsse Nase. Brombeeren, Teer, Eukalyptus, Brotkruste. Mineralischer, druckvoller Köper. Feine Struktur und kräftige Ausstrahlung. Ist jetzt schon sehr gut und verfügt über Reserven für lockere 20 Jahre.

Hier nachlesen: Die komplette Heitz Martha’s Vineyard Vertikale vom 29. Oktober 2011

Mehr Infos zur Heitz Winery finden Sie auf: heitzcellar.com

Die Publikumswertung zur Probe und weitere spannende Events gibt’s bei bestbottle.ch

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