Grosse Flaschen – Grosser Jahrgang: Bordeaux 1989

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Bordeaux 1989. Auch schon wieder 30jährig. Eine „riesige“ Probe mit René Gabriel.

Fast 100 Bordeaux Liebhaber zog es ins Grandcasino Luzern. Genauer ins Restaurant Olivo mit angehängtem Spiegelsaal. Sie folgten dem Aufruf von René Gabriel zu „Bordeaux 1989 in Concert“ (seine eigenen Notizen findest Du auf BXTOTAL). 

 

Ein feudaler Abend mit tollem Menu, Dixieland Band und riesigen Flaschen. Qualitativ wie quantitativ… Unglaubliche Grossformate, wie 6-Liter Imperial von Chateau Lafite Rothschild, Latour, Talbot oder zum Dessert La Tour Blanche, kamen auf die Tische. Das preisliche Highlight: Eine Doppelmagnum 1989 Chateau Petrus.

Alles der Reihe nach. Bitte beachtet die jeweiligen Formate. Grossflaschen reifen normalerweise etwas langsamer als 75cl Flaschen.

1989 Château Clos Fourtet, Saint-Emilion (Magnum)

Leicht oxydative Nase. Sehr reif, etwas metallisch. Doch immer noch feine Dörraromen, Erde, nasses Holz und Leder. Im Gaumen ist er deutlich besser als im Bouquet. Etwas grün, aber charaktervoll, rustikal halt mit guter Länge.

88

austr

1989 Château L’Arrosée, Saint Emilion (Imperial)

Das Chateau existiert in dieser Form nicht mehr. Die Weinberge gehören heute zu Chateau Haut Brion. Portig, oxydiert in der Nase. Auch im Gaumen ist nicht mehr viel da. Der Korken dieser Riesenflasche war sehr trocken. Somit könnte es an der Flasche gelegen haben. Allenfalls sind Normalflaschen noch gut. So oder so – es hätte schlimmere Flaschen treffen können. Alles in allem verzeichnete diese Riesenprobe ein unglaubliches Flaschenglück.

-/-

 

1989 Vieux Château Certan, Pomerol (Jéroboam)

Mildes, süsses Bouquet. Pflaumen, florale Aromen, Rauch, viele Gewürze, Schwarztee und Zedern. Im Gaumen erstaunlich wenig Entwicklung. Blind wäre er gar nicht so einfach nach Pomerol zuzuweisen. Ein ruhiger, harmonischer Wein. Hält sich noch weitere Jahre auf diesem Niveau.

93

tr – 2030

1989 Château L’Eglise Clinet, Pomerol (Doppelmagnum)

Intensiv, würziges Bouquet. Viel Leder, Rauch, Torf, Pferdestall und Tabak. Zupackend, kraftvoll im Gaumen. Harsche Tannine und nach wie vor langsam unterwegs in der Entwicklung. Scheint ein wenig blockiert zu sein. Aber entwickelt sich wunderbar im Glas. Zwei Stunden dekantieren. 75cl Flaschen sind wahrscheinlich zugänglicher.

94

tr – 2035

1989 Château Pétrus, Pomerol (Doppelmagnum)

Zuerst zeigt er sich verhalten. Dörrfrüchte, Tabak, Teer, dunkle Schokolade, Caramel und Vanille. Später mehr pflaumige Aromen. Seidenfeiner Auftakt, ebenfalls zurückhaltende Aromen. So das ultimative Wow Erlebnis bleibt vorerst aus. Ich lasse ihn ein paar Minuten im Glas. Da kommen laufend mehr rotbeerige, süsse Aromen ins Spiel. Alles in allem immer noch streng, doch unglaublich dicht und konzentriert. Wie ein zehn jähriger Wein. Er reift langsam. Erst recht in dieser ultra raren DMG. Wer eine Kiste Normalflaschen hat, kann schon mal beginnen… (wo sind eigentlich die Smilies auf dieser Tastatur….). 99+ ist eine seltene Bewertung, doch für diesen Petrus stimmt sie. Er ist kurz vor dem Genusszenit. Wer’s nicht glaubt, kann mich zu einer weiteren Flasche einladen…

99+

tr – 2050

 

1989 Château Phélan-Ségur, Saint-Estèphe

Leicht dumpfes, reifes Bouquet. Etwas gemüsig. Mit Torf, Schoko, Malz und Jute. In einer schönen, reifen Phase im Gaumen. Endet leicht, klassisch. Nach wie vor schön zu trinken, für rustikale Bordeaux Liebhaber.

90

austr

1989 Château Palmer, Margaux

Ein gewaltiges Bouquet. Kirschen, Brombeeren, Pflaumen und viel Rauch, Leder und Tabak. Alles in konzentrierter, fast molliger Form. Geschmeidig, filigran und rund im Gaumen. Aufgrund der Nase erwartet man einen voluminösen, opulenten Wein. Doch das Gegenteil ist der Fall. Dieser brillante Palmer kommt immer noch elegant und verspielt daher. Lanciert im zweiten Anlauf eine verlockende Rotbeerigkeit. Tolle Balance zwischen Reife und nach wie vor fast primären Fruchtaromen. Kein Alter. Sensationell.

98

tr – 2035

1989 Château Pape-Clément, Pessac-Léognan

Wunderbare, reife Zedern Nase. Typisch Pessac, mit feiner Kalknote, Tabak, Torf und Dörrfrüchten. Mittlere Intensität im Gaumen, etwas grüne Tannine. Ein grossartig, klassischer Bordeaux. Wer es etwas rustikal mag, dann hemmungslos geniessen. Lange dekantieren schadet nicht. Die jungen Pape-Clement wirken gegen diesen 89er wie ein anderer Wein. Nicht mehr zu erkennen.

93

tr – 2030

1989 Château Haut-Brion, Pessac-Léognan

Nobles, dunkelbeeriges Bouquet. Wunderbare Holznoten, mit Krokant, Nuss und Vanille. Kandis wie ein grosser Napa Wein. Darüber Tabak und Leder. Immer noch jugendlich. Dicht im Gaumen. Eine gewaltige Aromenkonzentration. Da steckt dermassen viel Stoff drin. Die Länge ist phänomenal. Natürlich könnte man ihm 100 Punkte geben. Er braucht einfach noch fünf Jahre, dann sind auch noch die Gerbstoffe feiner. Bewegend.

98+

tr – 2045

1989 Château Montrose, Saint-Estèphe

Immer noch Purpur. Dunkles, erdiges Bouquet. Mit Trüffel, Asphalt, Wald, Holz und einer gewaltig schwarzbeerigen Fruchtkonzentration. Im Gaumen kommt dann die ganze St. Estephe Härte und Klassik in ganzer Bandbreite auf einem zu. Aber genau das braucht er. Da ist so viel Fleisch am Knochen. Er hat nicht die Brillanz vom 90er und sollte auch nicht immer mit ihm verglichen werden. 1990 ist ein internationaler Weltklassewein und 1989 ist ein Weltklasse Montrose. Upps, jetzt habe ich’s trotzdem gemacht… Mindestens zwei Stunden dekantieren

98

tr – 2040

 

1989 Château Grand-Puy-Lacoste, Pauillac (Magnum)

Blau- und schwarzbeerig im Bouquet. Leicht medizinale Note mit würzigen Aromen. Mittlere Intensität, klassisch, ruhiger Bordeaux. In schöner Trinkreife. Da gönnte ich mir ein richtig grosses Glas. GPL passt immer, wenn man Pauillac erklären will.

94

tr – 2030

1989 Château Pichon-Baron-Longueville, Pauillac

Leicht brandiges Bouquet. Mix zwischen oxydiert, kühl und unnahbar. Im Gaumen ist er super, klarer Pauillac Stil aber mit dem unschönen Bouquet eher schwierig. Insgesamt wurde für die stattliche Anzahl Gäste sechs 1989er Pichon Baron geöffnet. Kann sein, dass jene an unserem Tisch nicht ganz optimal war. Leztzte Bewertung lag bei hohen 95/100.

-/-

 

1989 Château Lafite-Rothschild, Pauillac (Imperial)

Zuerst verschlossen, öffnet sich aber schnell im Glas. Schwarztee, Cassis, Zeder und Erde. Mittelschwer im Gaumen, filigran, elegant und lang. Spielt seine ganze Schönheit im endlosen Abgang aus. Wunderschön jetzt zu trinken. So bezaubernd, so anmutig.

96

tr – 2030

1989 Château Mouton-Rothschild, Pauillac (Doppelmagnum)

Röstiges Bouquet. Zedern, Eiche, Espresso, Mocca. Dazu etwas Orangeade und nach wie vor Cassis. Typisch Mouton. Frucht musst man meistens suchen im Bouquet. Der Wein ist, seit ich ihn kenne so. Mittelschwerer Gaumen, geschmeidig, elegant. Er wird immer durch seine prägnante Holznote definiert. Mir gefällt er trotzdem, oder erst recht. War der erste Mouton Jahrgang, den ich getrunken haben, deshalb bekommt er immer eine „milde“ Bewertung. Eigentlich bringt es Sven auf den Punkt: „Ein ambivalenter Mouton…“ Im Gegensatz zu 1990 ist 89 Mouton immer eine sichere Bank.

94

tr – 2030

1989 Château Latour, Pauillac, (Imperial)

Intensiv, dunkelbeeriges Bouquet. Mit nussigen und leicht malzigen Aromen, Trüffel und Waldboden. Leichte Holznoten. Prägnante Säure und erstaunlich kräftige Gerbstoffe für 1989. Typisch langsam reifender Latour. Ich würde ihn aktuell ruhen lassen. 30 Jahre ist für einen Latour halt kein Alter. Achtung: Imperial! Normalflaschen sind wahrscheinlich weiter.

95

tr – 2035

 

1989 Château Langoa-Barton, Saint-Julien

Etwas altbacken in der Nase, Mandeln, Torf, Tabak. Leider keine Frucht mehr. Im Gaumen auch leicht über dem Zenit. Noch ok aber auch nicht mehr.

86

austr

1989 Château Talbot, Saint-Julien (Imperial)

Tolle Nase. Zedern, Tabak und Holz. Typischer „Gordier-Stinker“, stört aber wenig, da dieser 89er Talbot noch über genügend Frucht verfügt. Im Gaumen präsent, klassisch, rustikal. Geht noch!

91

austr

1989 Château Lagrange, Saint-Julien

Rauchig, röstige Nase. Gewürze, Dörrfrüchte, erdige Aromen und Stroh. Geschmeidig, mild im Gaumen. Old Fashion Bordeaux am Ende seiner Trinkreife.  

89

austr

1989 Château Gruaud-Larose, Saint-Julien (Doppelmagnum)

Rauchig, würziges Bouquet. Süsse Vanille Noten, Tabak. Pferdestall und Stroh. Im Gaumen immer noch eine gewisse Restfrucht. Endet mittellang und rustikal. Hat sich gut gehalten, gefällt sehr gut. Grossflaschenbonus? Sowieso! Dekantieren empfohlen.

93

tr – 2030

1989 Château Léoville Poyferré, Saint-Julien

Leicht muffig, defensives Bouquet. Zedern, Torf, und Holz. Im Gaumen noch lebendig aber hart. Mit viel Gerbstoffen und Säure. Old Style Poyferré. Kerniger Kerl.

89

tr – 2030

 

1989 Château La Tour-Blanche, Sauternes (Imperial)

Süsse Rosinen, Quitten, Safran, Orangeade und Zitronat im Bouquet. Opulent, leicht salzig im Gaumen. Sehr rund und gehaltvoll. Das Volumen dieses Weins ist fast so bemerkenswert wie die Flasche. 6 Liter Sauternes a gogo. Guet Nacht!

92

tr – 2050

 

 

1 Kommentar

  1. Veröffentlicht von Rainer am 28. November 2019 um 21:33

    Lieber Baschi, danke für diesen herrlichen Bericht.
    Ein wunderbarer Jahrgang, Hut ab vor der Robustheit und Langlebigkeit dieser Weine!
    Meine absoluten Lieblinge in diesem Jahr sind Palmer und Haut-Brion. Das ist sooo gut, das verursacht fast schon Schmerzen (mit Risiken und Nebenwirkungen ..).
    Bei allem Respekt für Pétrus: Merlot bleibt Merlot. Da wäre mir ein Romanée-Conti viel viel viel lieber (kostet vermutlich noch mehr..).
    Montrose, Lafite und Mouton hätte ich weniger liebevoll bewertet als du. Aber das ist nebensächlich.
    Nochmals herzlichen Dank für den tollen Bericht.

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