Bordeaux 1998: Ein rechtes Jahr. Auch links.

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Nach 20 Jahren. Pomerol und St. Emilion begeistern, aber auch links ganz gross. Eine Standortbestimmung einiger 1998er Spitzenbordeaux. 1998 gilt als DAS Bordeaux Merlotjahr. Sensationelle Weine entstanden in St. Emilion und Pomerol. Perfekter Wetterverlauf und tolle Mengen. Die Bewertungen reizen das Punktesystem aus. Absolute Spitzenklasse. In der Vergangenheit sucht man seinesgleichen vielleicht bei den 1982ern oder 1990ern. Spätere ähnliche Spitzenjahre auf der rechten Seite waren nur noch 2000, 2005 und 2008 (nur Pomerol) sowie die heissen Jahrgänge 2009 und 2010. Auch heute noch lohnt sich meines Erachtens ein Nachkauf, den die 98er Preise liegen ungefähr auf gleichem Niveau wie die aktuelle 2017er Subskription…

Also definitiv: 1998 Pomerol und St. Emilion ganz gross! Doch wie sieht es im Medoc aus? Sie standen lange Zeit im Schatten ihrer rechten Kontrahenten. Anfänglich wirkten die Cabernets etwas grün, rustikal. Doch nach 20 Jahren, in ihrer ersten Trinkreife, sind die Besten wirklich grossartig. Kraftvoll, intensiv, Bordeaux typisch und sehr langlebig.  

Eine Standortbestimmung einiger 98er Spitzenbordeaux. Verkostet im Juni 2018 bei Bestbottle und an einem privaten Anlass.

1998 Chateau Léoville Poyferré, St. Julien

Dunkelbeerige, würziges Bouquet. Typische Zedernnoten. Tabak, Oliven und Pilz. Im Gaumen mittelschwer, feingliedrig und wunderbar stimmig ausgewogen. Tannine sind fein integriert und der Wein somit jetzt in erster wunderbarer Trinkreife.

92

tr – 2025

1998 Cos d’Estournel, St. Estephe

Röstig, intensiv nussiges Bouquet. Kokos, Mocca, Espresso. Völlig extrovertiert. Intensiver Holzeinsatz. Wenig Frucht. Gaumen in sich zusammengezogen und reif. Von der Aromatik her bereitet er grossen Trinkspass und kam beim Publikum sehr gut an. Lecker, mit mässigem Tiefgang. Zweifellos ein grosser Spasswein, aber 1995, 96 und 2000 zeigen mehr Komplexität.

91

tr – 2025

1998 Chateau Citran, Haut Medoc

Süsses, rot- und schwarzbeeriges Bouquet. Mild, zurückhaltend. Etwas droppsig, oberflächlich süss. Im Gaumen ein Mix von vegetabil und überreif.

88

austr

1998 Chateau Haut-Brion, Pessac-Leognan

Zwei unterschiedliche Flaschen innert wenigen Wochen. An der Wädenswil Probe sensationell. Offenes, rauchig, intensives Bouquet. Präzise Frucharomen. Rund, voluminös im Gaumen. Viel Stoff und gebündelte Kraft. Geniale Länge. Sensationell auf 97 Punkte Niveau.

Am Bestbottle Event etwas schizophren:  Reifes, leicht portig-pflaumiges Bouquet. Dunkle Schokolade, Torf und Erde. Wunderbar harmonisch, ausgewogen im Gaumen. Einerseits zu jung, andererseits zu alt. Vielleicht keine optimale Flasche. (93+)

Hatte schon 2017 eine Flasche die völlig unnahbar war. Braucht halt Zeit. Ist ja erst 20jährig, das ist nichts für einen Haut Brion aus grossem Jahr. Daher bleibe ich positiv gestimmt…

96+

tr – 2040

1998 Chateau La Mission Haut Brion, Pessac

Defensiv, dumpfes Bouquet. Wenig Frucht und überreif und beginnende Oxydation. Brett? Unsauber. Keine Bewertung.

-/-

 

 

1998 Chateau Pavie, St. Emilion

Sehr reife Aromatik im Bouquet. Pflaumen, Dörrfrüchte, Trester.  leicht muffige Holznoten. Im Gaumen schwungvoll, elegant. Im Abgang noch deutlich mehr Frucht als in der Nase. Alles in allem etwas „brandig“. Ob er nochmals kommt oder wars das schon? Ich erinnere mich gerne an seine extrovertierte Jungphase. Dies ist nur noch ein Schatten dessen.

90

austr

1998 Angelus, St. Emilion

Würzig, defensive Nase. Kerzenwachs, Tannenäste und Moos. Mit mehr Luft entwickeln sich blumig und fruchtige Aromen. Im Gaumen sehr jugendlich, wenig Entwicklung für 20jährigen Wein. Trotzdem sehr fein unterwegs, äusserst elegant. Da kommt noch viel mehr. Dazwischen hatte ich das Gefühl, dass ein leichter Kork mitspielt. Nein, er ist einfach in einer schwierigen Zwischenphase.

93+

tr – 2040

1998 Chateau Cheval Blanc, Saint-Emilion Grand Cru

Mildes, blau- und schwarzbeeriges Bouquet. Etwas in sich zusammengezogen. Wunderbar balanciert im Gaumen, feingliedrig. Da spielen immer noch primärfruchtige Aromen mit. Nach 20 Jahren in einer Zwischenphase. Nimmt Anlauf für mehr. Zweimal innert kurzer Zeit verkostet mit identischer Bewertung.

95+

tr – 2040

1998 Chateau Figeac, Saint-Emilion Grand Cru

Wunderbare, reife Nase. Blau- und schwarbeerig. Feine Malz- und Tabaknoten und viel Kräuter. Im Gaumen fein, elegant und mit toller Länge ausgestattet. Der 98er Figeac befand sich lange in einer reduktiven Phase und ich glaube, dass in dieser Zeit viele Flaschen geopfert wurden auf der Suche nach der spektakulären, opulenten Jungweinaromatik. Doch dies ist längst vorbei. Er ist jetzt erwachen.

97

tr – 2035

1998 Chatau Ausone, St. Emilion Grand Cru

Reifes, edles Bouquet. Schwarzbeerig, Tabak, Zedern, Lehm. Frucht in massiver Form vorhanden. Ebenfalls ein Schwall von Gewürznoten. Viel Substanz, sensationelle Konzentration und Länge. Rustikal im Gaumen, kernige Tannine. Entwickelte sich enorm im Glas. Braucht viel Luft oder noch besser (sehr) viel Zeit.

96+

tr – 2050

1998 Chateau Troplong Mondot, St. Emilion

Reifes Bouquet. Floral, pflaumig und bereits leicht rosinig. Im Gaumen etwas kühl, geht eher in die Breite. Tannine sind wild und irgendwie wirkt das ganze Paket nicht wirklich harmonisch. Ich fand noch nie den Zugang zu diesem Wein, auch nicht zu anderen Jahrgängen. Ein Fall für den St. Emilion Psychiater.

88

tr – 2025

 

1998 Chateau L’Eglise Clinet, Pomerol

Offenes, blau- und schwarzbeeriges Bouquet. Bittermandeln, Zedern, Orangeade, Trüffel und Himbeeren. Auftakt ist zurückhaltend, fast ängstlich. Doch dann geht es richtig los. Da steckt enrom viel Stoff drin, aber alles ist in eleganter Form gebündelt. Geht beeindruckend in die Tiefe. Ist noch nicht auf seinem Höhepunkt. Sensationell unterwegs.

98+

tr – 2040

1998 Chateau Petit Village, Pomerol

Grossartiges, edles Bouquet. Blau- und schwarzbeerig. Super stimmige Holznoten mit Gianduja und Krokant. Top harmonisch im Gaumen. Mittlere Intensität. Wunderbar balanciert und immer noch mit guten Reserven ausgestattet. Genau so stelle ich mir einen grossen Wein 20jährigen Wein vor.

95

tr – 2030

1998 Chateau Trotanoy, Pomerol

Zurückhaltende Nase, erste tertiäre, erdige Aromen. Trüffel, Kandis, Tabak. Darunter süsse, reife Frucht. Im Gaumen ist er voll da, elegant, bezaubernd. Perfekt aus dem Punkt. Auf nichts mehr warten. Sensationell! Nur noch geniessen.

97

tr – 2035

1998 Chateau Lafleur, Pomerol

Süsses, konzentriertes Bouquet. Absolut betörend. Kandis, Zuckerwasser. Perfekt ausgereiftes Traubengut. Eine Konzentration an edlen Aromen, die nur in ganz grossen Jahren möglich ist. Himbeeren, Quitten, Orangeade, Tabak. Im Gaumen ist er noch nicht ganz so weit, was beruhigend wirkt. Dramatischer Tiefgang.

98

tr – 2030

1998 Chateau Petrus, Pomerol

Cremig, süsses Bouquet. Noch jugendlich lakitsche Aromen. Wunderbar reife dunkle Beeren. Feine, harmoische Holzbegleitung. Im Gaumen reif, top balanciert. Zeigt die Grösse des Jahrgangs. Alles ist superfein verwoben. Tiefgang und Länge sind phänomenal. Absolut beeindruckend.

98+

tr – 2045

1998 Chateau L’Evangile, Pomerol

Tiefgründiges, blau- und dunkelbeeriges Bouquet. Streichholz, Russ.  Dicht, komplex. Wirkt in der Nase deutlich jünger als 20jährig. Im Gauen Pflaumen, Brombeeren, Gewürze und viel Tabak. Ausgewogen, komplex und alles in einer dermassen filigranen, eleganten Form Erste Reifephase. Ein äusserst präziser, hoch eleganter Traumwein.

97

tr – 2035

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