Bordeaux 1948: Aus der Gruft in den Spuckbecher

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Nasen zu und durch! 1948er Weinraritäten, Kellerleichen und halbtote önologische Bordeaux-Zombies.

Natürlich liegt das Ausfallrisiko bei 70jährigen Weinen immer sehr hoch. Viele haben längst das zeitliche gesegnet, die Herkunft und Lagerung sind oftmals unklar. Zudem gehörte 1948 nicht zu den grossen Bordeaux Jahrgängen und stand immer im Schatten der deutlich besseren 1947er und 1949er.

Was also tun, wenn ein knappes Dutzend 48er im Keller liegen, und man nicht weiss, ob es um Weinperlen, Weinleichen oder so halblebendige önologische Zombies handelt? Auf Auktionen damit, für unkritische bemitleidenswerte „Raritäten-Sammler“? Bei den verrückten Preisen liegt aktutell viel Cash drin. Oder eben: „Zapfen raus und rein ins Glas“? Unsere charmante und grosszügige Gastgeberin entchied sich verdankenswerterweise für die zweite Variante. Obowhl für einige 48er der Umweg übers Glas gar nicht nötig gewesen wäre. Denn einige fanden den direkten Weg aus der Gruft in den Spucknapf. Nasen zu und durch!

1948 Beauséjour, St. Emilion

Niveau:Mittlere Schulter. Malz, Guiness Beer, Torf, Staub, Schuhcreme in der Nase. Beginnt noch recht angenehm, zerfällt aber schnell im Glas. Im Gaumen in den allerletzten Zügen. Oxydativ, Bratensauce. 

76

vorbei

1948 Chateau Pichon Longueville, Pauillac

Niveau:Tief. Ueberreife, morbide Aromen. Noch Reste von Dörrfrüchten. Aber immer mehr Essignoten. Im Gaumen zerbrochen.

72

vorbei

1948 Chateau Leoville-Las, Saint-Julien

Niveau : Hohe Schulter. Attraktives Bouquet. Röstaromen, Nüsse, Kaffee, Holz. Körperlich äusserst fragil, aber noch ordentlich trinkbar.

85

vorbei

1948 Chateau Margaux, Margaux

Niveau: Hohe Schulter. Sehr reife, nussige Nase. Dörrfrüchte, Aprikosen. Angenehm im Gaumen, nach wie vor gute Säure und schöne Länge.

88

vorbei

1948 Chateau Siran, Margaux

Es half auch nichts, dass die Flasche 1993 frisch verkorkt wurde und wie neu aussah. Eine korkig muffige Grundaromatik begleitet den sterbenden Wein von Auftakt bis Abgang.

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vorbei

1948 Chateau Haut-Brion, Pessac-Leognan

Flasche mit ganz tiefem Niveau. Der Wein war komplett trübe, zerfallen und untrinkbar. Haut Brion Spezialist André Kunz bestätigt, dass es schon sehr guten 48er HB’s begegnet sei. Den Wein haben wir nicht mal eingeschenkt, zum Schutz der Gläser…

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vorbei

1948 Chateau Mouton Rothschild, Pauillac

Eine super Sammlerflasch mit absolut perfektem Etikette. Niveau leider nur mittlere Schulter. Edle, tabakige Nase. Viel Kräuter, Ricola, Malaga, Irish Moos, Salbei, Heu. Wirkt im Gaumen elegant mit leicht mehligen Gerbstoffen und Holzüberhang. Ein schönes Altweinerlebnis. Wäre vor 30 Jahren sicherlich ein hoch attraktiver Mouton gewesen.  

92

vorbei

1948 Chateau Cheval Blanc, Saint-Emilion Grand Cru

Fourcaud Laussac Flasche mit tollem Niveau (HS). Caramel, Kakao, Pflaumen, Rosinen, Malz, Essignoten, nasse Blätter. Sehr fein im Gaumen, geschmeidig. In seiner allerletzten Austrinkphase.

90

vorbei

1948 Chateau Latour, Pauillac

Flasche mit tiefer Schulter. Oxydation war schon klar spürbar, obwohl der Wein noch nicht kaputt war. Aber das war natürlich höchstens noch ein Schatten eines Latours.  

82

vorbei

1948 Chateau Petrus, Pomerol

H. Grafé-Lecocq Abfüllung mit sehr gutem Niveau (HS). Tolle, lebendige Farbe. Milde, würzige Nase mit Pflaumen und Malz. Beginnt zurückhaltend, fast ängstlich. Entwickelt sich mit mehr Luft erfreulich.  Schwarztee. Rauch und Dörrfrüchte. Bouquet ist super, aber im Gaumen halt schon sehr überreif. Trotzdem noch gut trinkbar.  

88

vorbei

1948 Chateau Lafite Rothschild, Pauillac

Tiefes Niveau (MS). Der Wein ist völlig zerfallen. Beim dekantieren war dieser Lafite heller als Rosé. Im untersten Viertel der Flasche setzte sich eine lehmartige « Weinknete » ab. Vermischt war das Bouquet dann noch ganz ordentlich, doch die Struktur des Weins völlig hinüber. Gut wurde der Spuckbecher regelmässig geleert, somit hat auch dieser Spuk ein Ende.

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vorbei

1948 Chateau La Tour Blanche, Sauternes

Top Flasche mit Niveau TS. Opulentes süsses Bouquet. Orangeade, Aprikosen, Feigen, Caramel. Dichte Struktur, voluminös im Gaumen. Noch mit guter Säure ausgestattet. Endet mit einer leicht salzigen Bitternote. Super!

94

austr

Obwohl unser nachmittägliche Thema „Bordeaux 1948“ war, handelte es sich hierbei nur um das „Vorspiel“ zu einem fantstischen, genüsslichen Gourmet Nachmittag an traumhafter Lage. Bei Eder’s Eichmühle in Wädenswil. Ein äussesrst sympathischer Familienbetrieb. Da kommen wir wieder hin!

Hier ein kurzer Abriss, was für quicklebendige Weine nach den 48er die Bühne betraten:

Bordeaux 1988

Vierzig Jahre jünger. In bester, reifer Trinkphase. Ein rustikaler, charaktervoller Jahrgang.

1988 Cheval Blanc 93/100 (tr – 2025)

1988 Chateau Margaux 92/100 (tr – 2035)

1988 Haut Brion 93/100 (tr – 2030)

1988 Chateau Latour 93/100 (tr – 2035)

1988 Mouton Rothschild 95/100 (tr – 2030)

1988 Cos d‘ Estournel 91/100 (tr – 2025)

Ein ausführlicher Report zum 30. Geburtstag der 1988er Bordeaux gibts hier: Ein olympisches Diplom für Bordeaux 1988

Bordeaux 1998

Auch hier geht’s langsam los. Ein aussergewöhnlich grosser Jahrgang im St. Emilion und Pomerol aber auch die Spitzen Chateaux der linken Seite entwickeln sich ausgezeichnet. (ausführlicher Bericht zu über 30 Bordeaux 1998 folgt Ende Juni)

1998 Mouton Rotschild (Magnum) Kork

1998 Chateau Citran 88/100 (austr)

1998 Cos d’Estournel 90/100 (tr – 2030)

1998 Chateau Margaux 95/100 (tr – 2035)

1998 Chateau Cheval Blanc 96+/100 (tr – 2035)

1998 Chateau Haut Brion 97+/100 (tr – 2035)

1998 Lafite Rothschild 94+/100 (tr – 2035)

1998 Chatau Latour 90/100 (tr – 2035)

2008 Mouton Rothschild 96+/100 (tr – 2040)

 

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