25 Jahrgänge Ornellaia (1985 – 2009)

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René Mauchle, Ornellaia Liebhaber seit erster Stunde, öffnete im Academia dell Gusto eine spektakuläre Vertikale des edlen Supertoscaners zwischen 1985 – 2009. 25 Jahrgänge lückenlos, obwohl die Jubiläumsedition «25 Jahre Ornellaia» gar nicht dabei war….

Einen Wine-Blog zu führen hat seine Vor- und Nachteile. Die schönen Seiten sind zweifellos die attraktiven Tastings und genüsslichen Weinerlebnisse. Mehr Überwindung benötige ich jeweils für die «Knochenarbeit», das Erfassen der Reports und Bewertungen. Oftmals hilft mir dabei eine kleine Motivationsspritze. Im heutigen Fall stellte ich mir zur Belohnung eine Flasche 2010 Ornellaia zum Nachtessen in Aussicht, wenn ich es schaffe, alle Bewertungen dieser grossen Ornellaia Vertikale, sauber online zu stellen, bevor es aus der Küche tönt: «Essen ist parat!» So quasi, mein önologisches Schreib-Dopping.

Also los! Den besagten 2010er mit der Spezialgravur zum 25. Ornellaia Jahrgang aus dem Keller geholt. Schöne Flasche! Doch Moment mal… An Mauchles Probe im  vorzüglichen Academia dell Gusto mitten in Zürich,  kamen doch exakt 25 Jahrgänge auf den Tisch und der 2010er war gar nicht dabei… Hä?

Rechnen wir mal nach und blicken zurück. Lodovico Antinori gründete das Weingut 1981. Als Cousin des Marchese Incisa della Rocchetta, inspirierte ihn der Erfolg des Sassicaias und wollte selber einen «gesetzlosen Vino Tavola» produzieren. Ein Bordeaux Blend mit Maremma Wurzeln. So wie es heute viele IGT Toscaner gibt. Ihm zur Seite stand der berühmte Önologe André Tchelistcheff, der auch beim Aufbau einiger berühmter Napa Valley Wineries entscheidend mithalf.

Wichtig für unsere Berechnung ist der erste Ornellaia Jahrgang 1985. Ein klassischer Bordeauxblend aus rund 80% Cabernet Sauvignon. Mit den Jahren nahm der Cabernet Sauvignon Anteil laufend ab. Dafür erhöhte sich der Einsatz von neuem Holz. Anfänglich setzte man rund 30% neue Barriques ein. Beim aktuellen Jahrgang 2014 erhöhte sich der Neuholzanteil auf 70% und der Blend veränderte sich zu 34% Cabernet Sauvignon, 32% Merlot, 20% Petit Verdot und 14% Cabernet Franc. Der Hang zu einem voluminöseren, konzentrierteren Stil war auch an unserer Probe klar erkennbar. Wohl auch eine Auswirkung von Michel Rolland, der seit den 90er Jahren beratend zu Seite steht.

Das Weingut umfasst rund 200 Hektar, wobei etwa die Hälfte mit Reben bestückt wird. Das weitläufige Gebiet mit mehreren individuellen Terroirs ist somit prädestiniert für unterschiedliche Traubensorten.

Ende der 90er Jahren verkaufte Antinori einen Grossteil von Ornellaia an Robert Mondavi. Als wenige Jahre später das Mondavi Imperium seinerseits von der Constellation Group geschluckt wurde, zeigten die neuen Besitzer wenig Interesse am noblen Maremma Weingut. Somit überliess Robert Mondavi seine gesamte Mehrheitsbeteiligung an seinen langjährigen Partner Frescobaldi, mit dem er bereits das Weingut Luce besass. Für Lodovico blieb nach dieser «unfreundliche» Übernahme durch seinen «Erzfeind» keinen Platz mehr auf Ornellaia. Er kümmert sich seither mit mässigem Erfolg um seine neuen Projekte Campo di Sasso und  Biserno.

Technischer Direktor auf Ornellaia ist seit über einem Jahrzehnt der erfolgreiche deutsche Oenologe, Axel Heinz. Sein Statement zum Ornellaia:

Mit seinem Team von rund 120 Mitarbeitern bringt er jährlich folgende Weine auf den Markt:

  • Ornellaia (Bordeaux Blend, zirka CHF 170.-)
  • Masseto (Merlot, zirka CHF 500.-)
  • Le Serre Nuove (Bordeaux Blend, Zweitwein von Ornellaia, zirka CHF 40.-)
  • Le Volte (Merlot, Sangiovese, Cabernet Sauvignon, zirka CHF 25.-)
  • Poggio alle Gazze (Sauvignon Blanc, zirka CHF 40.-)
  • Ornus (Dessertwein, 100% Petit Manseng, zirka CHF 60.-)

Des weiteren präsentiert Ornellaia fast jährlich irgendwelche Sonder- und Künstler-Editionen. Wie eben auch der vermeintliche Jubiläumsjahrgang 2010. Womit wir wieder beim Eingangs erwähnten Thema wären. René Mauchle öffnete 25 Jahrgänge Ornellaia an seiner spektakulären Vertikale von 1985 – 2009(!), Somit dürfte bewiesen sein, dass der 25. Jahrgang der 2009er war und sicher nicht der 2010er. Ornellaia ist sehr gastfreundlich und gut eingerichtet für Besucher. Geht doch mal vorbei und fragt nach, wie der 2010er zu seinem Jubiläumsetikette kam? Ich freue mich auf eure Kommentare.

Mir ist es grundsätzlich egal. Ich habe meine Pflicht erfüllt. Der Blogg ist online und die Belohnung verdient. Denn in meinem Glas funkelt bereits der 26. Ornellaia Jahrgang. Und der ist trotz Rechenfehler ganz gross!

Mehr Infos: Ornellaia Website

Bezugsquelle: Bindella Weine

1985 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Granat, leicht staubige Nase. Immer noch Pflaumen, süsse Kirschen. Tabak, Baumnussschalen und Leder. Reif im Gaumen, burgundisch leicht. In letzter Trinkreife. Erster Jahrgang, vinifiziert in den alten Antinori Kellereien.

 

87

 

austr

1986 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Granat. Etwas dumpfes Bouquet. Jute, Torf. Leicht portige Aromen. Müde im Gaumen, über dem Zenit. Malzig. Im Abgang sogar leicht korkige Aromen. Schwieriger, regnerischer Jahrgang in der Toscana.

85

vorbei

1987 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Schöne röstige Nase. Kaffee, Mocca, Baumnussschalen, wenig Frucht, Kandis und Holz. Nuancen von Himbeeren. Rund, elegant im Gaumen. Zärtlich fein im Abgang. Hat sich wunderschön entwickelt. Ein ganz ruhiger, komplett ausgereifter Ornellaia. Überraschend schön!

90

austr

1988 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Leicht brandige Nase, fruchtlos, metallisch. Deutliche Spuren von Oxydation. Schweissig. 88 war kein übler Jahrgang und hätte ich eigentlich besser erwartet. Vielleicht  keine ganz optimale Flasche.

82

vorbei

1989 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Erdig, würzige Nase. Leichter Essigstich. Darunter noch süsse Barriquearomen. Erinnert an einen reifen St. Julien mit seinen Zedernoten. Rustikal, aber immer noch gut!

89

austr

1990 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Offene, reife Nase. Feine Gewürznoten. Rauch. Immer noch Griotte, Pflaumen. Enorm stimmig und edles Bouquet. Schlank im Gaumen. Immer noch gute Säure, lebendig mit guter Länge. Klar der beste Ornellaia der frühen Jahre. Zu jener Zeit war man mit dem Barrique Einsatz noch sehr zurückhaltend. Selten benutzten sie mehr als  40% neues Holz.

92

austr

1991 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Sehr reifes Bouquet. Leicht portig, Erde, Kompost, Pilz. Leicht, immer noch gut aber alles in allem etwas belanglos, leicht flüchtige Säure.

84

vorbei

1992 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Würzig, reifes Bouquet. Holzbetont. Malz, Rauch, Kandis und Tannenäste. Im Gaumen freudlos und karg.

86

vorbei

1993 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Feuerstein, Rauch, Kalk. Wirk süss, geschmeidig im Gaumen. Holz konserviert ihn. Obwohl auch hier nur ein Drittel neue Barriques eingesetzt wurden. Die Säure wirkt gebündelt und verleiht dem Wein eine angenehme Frische. Wirklich gut gelungen und gealtert.

90

austr

1994 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Würzig, ledriges Bouquet. Pfeffer, Rauch. Säure legt gegen den Abgang zu. Endet leicht grün mit bissigen Tanninen. Etwas unharmonisch. Wirr. 

85

austr

1995 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Würzig, cremiges Bouquet. Feine Röstaromatik, nussig, Krokant und Vanille. Stimmige Säure, Kerzenwachs. Ausgewogen, elegant im Gaumen. Gut in Form! Ein prima Ornellaia nach einigen schwierigen Jahren.

92

tr – 2025

1996  Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Fülliges Bouquet. Wenig Frucht, viel Röstaromatik, Rauch, Teer. Milder Auftakt. Recht säurearm für Ornellaia-Verhältnisse. Kommt modern, rund daher. Elegant. Erstmals über 60% neue Barrique. Die Säure wirkt gebändigt.

90

tr – 2025

1997 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Intensiv, würzige Nase. Nasse Erde, Russ, etwas Pilz, dunkle Kirschen. Feine Holznoten. Intensiv, voluminös im Gaumen. Druckvoll, muskulös. Erste leicht überreife Noten sind spürbar. 20 Jahre sind auch bei einem Spitzenjahr wie 1997 für Ornellaia die maximale Lebensdauer…

94

austr

1998 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Kork. Schade, den hatten wir zwei, dreimal kürzlich sehr gut im Glas und immer zwischen 92 – 94 bewertet.

 

 

1999 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Offenes, opulentes Bouquet. Dunkle Kirschen, Schoko, Malz, Krokant und Leder. Kommt in der Nase recht gebündelt daher, zerfällt aber im Gaumen. Fehlende Statur. Geht in die Breite und in dieser reifen Phase wirkt er dadurch überreif und gebrechlich. Hat früher mehr Spass gemacht.

91

austr

2000 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Leicht animalisches, erdiges Bouquet. Teer, dunkle Schokolade, Malz, Popcorn und Kirschen. Harmonisch gereift. Stabil und recht lang. Hoher Merlot Anteil (30%) und 70% Neuholz 

89

tr – 2025

2001 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Dichtes, intensives Bouquet. Dunkle Kirschen, Torf, Schoko. Leichter Essigstich. Maggikraut. Keine optimale Flasche. Nach.

-/-

 

2002 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Offenes, röstiges Bouquet. Brotkruste, Mocca, Kaffee. Geschmeidig, elegant. Ohne grossen Tiefgang, sehr süffig und spassig. Gut gehalten!

90

austr

2003 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Würzig, erdige Nase. Kirschen, Trester. Wachs. Harmonischer Auftakt, schöne Balance. Kommt stimmig daher. In guter Trinkreife und mit Reserven ausgestattet. Klasse!

93

tr – 2025

2004 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Offenes, dunkelbeeriges Bouquet. Kirschen, Cassis. Milde, röstige Begleitaromen. Voluminös im Gaumen, nicht so säuredominant wie in den 90ern. Stilwechsel? Mehr Konzentration. Mehr Fülle

95

tr – 2025

2005 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Konzentrierte, röstige Nase. Viel Kirschen, leicht alkoholisch. Im Gaumen wirkt er nicht so kräftig wie im Bouquet. Gut ausgewogen, harmonisch. Vielversprechend.

93+

tr – 2030

2006 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Defensives Bouquet. Rauch, Tabak, Erde. Immer noch lakitsche Aromen. Dazu Vanille und Mocca. Milder, geschmeidiger Körper. Säure und Tannine sind viel sanfter als in früheren Jahren. Tolle Balance. Richtig gross.

96+

tr – 2030

2007 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Jugendliches, röstiges Bouquet. Kandis, Rahmzältli, Caramel. Recht verschlossen im Gaumen. Kraft aber noch keine Harmonie. Da kommt hoffentlich noch mehr.

91+

tr – 2035

2008 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Voluminöses extrovertiertes Bouquet. Sehr stoffig, leicht alkoholisch, opulent. Bodybuilding Ornellaia. Wo sie in den 90ern noch fast zu fragil daherkamen, geht dieser 2008er in eine fast übertriebene Konzentration. Braucht Zeit.

92+

2020 – 35

2009 Tenuta dell’Ornellaia „Ornellaia“

Im Bouquet noch stark primärfruchtig mit attraktiver Röstaromatik. Runder homogener Gaumenfluss, stoffig, kraftvoll. Feine Tannine, tolle Substanz. Intensiv. Modern und geschmeidig.

94+

2020-35

 

 

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