„Come la vendemia?“ Schwierig, kompliziert, extrem arbeitsintensiv… Das sind Antworten, welche Sie auf die Frage nach dem Piemont Jahrgang 2014 bekommen. Mit einem Säufzer und mit Stirnrunzeln erinnern sich die Weinbauern an dieses herausfordernde Jahr. Spricht man aber vom Jahrgang 2010, und den jetzt auf den Markt kommenden Baroli, strahlen die Augen und das Schwärmen beginnt. Un annata eccezionale! Aussergewöhnlich, grossartig!. Perfekte Bedingungen, ideales Wetter, tolle Qualität und Quantität. Viele Winzer behaupten, in diesem Jahr ihren besten Barolo produziert zu haben. Das Piemont wurde eh mit einer unglaublichen Dichte an guten Jahrgängen beschert. Nach 2014 muss man bis 2002 zurückblicken, um einen schwierigen Jahrgang zu finden. 2010 reiht sich also an die Spitzenjahrgänge 2007, 2006 und 2004? Qualitativ auf jeden Fall. Dies zeigt eine Ankunftsprobe von gut einem Dutzend bekannter Baroli, organisiert von Hannes Wachtler (Enoteca Vinoverum Arlesheim).
Alle Weine blind verkostet.
2010 | Renato Ratti Barolo Marcenasco Conca | 18/20 | trinken – 2030 |
2010 | Luigi Pira Barolo Marenca | 18+/20 | 2018 – 2035 |
2010 | Bartolo Mascarello Barolo | 18.5+/20 | 2020 – 2040 |
2010 | Paolo Scavino Barolo Bric del Fiasc | 18+/20 | 2020 – 2040 |
2010 | G D Vajra Barolo Bricco Delle Viole | 17.5+/20 | 2020 – 2040 |
2010 | Elio Grasso Barolo Ginestra Vigna Casa Mate | 18.5+/20 | 2020 – 2050 |
2010 | Mauro Veglio Barolo Arborina | 19/20 | trinken – 2035 |
2010 | Gian Piero Marrone Barolo Pichemej | 18+/20? | trinken – 2035 |
2010 | Luciano Sandrone Barolo le Vigne | 18+/20 | 2020 – 2040 |
2010 | Aldo Conterno Barolo Cicala | 18.5+/20 | 2020 – 2045 |
2010 | Elio Altare Barolo Arborina | 19+/20 | 2018 – 2035 |
2010 | Giuseppe Rinaldi Barolo Brunate le Coste | -/- | |
2010 | Giacomo Brezza e Figli Barolo Sarmassa | 19/20 | 2020 – 2040 |
Der erste Wein des Abends war 2010 Renato Ratti Barolo Marcenasco Conca, ein bereits sehr zugänglicher, geschliffener Wein. Starke Barriqueröstung. Kirschen, Schokolade, Cassis, Pflaumen und Teebaumöl. Feine Tannine. Elegant und modern.
2010 Luigi Pira Barolo Marenca zeigt sich stark von der beerigen Seite. Viel Kirschen, Himbeeren und Pfeffer. Blumig. Dicht und zupackend im Gaumen. Markante, solide Struktur. Braucht viel Zeit, entwickelt sich klassisch.
Grosse Klasse auch 2010 Bartolo Mascarello Barolo. Helles Granat; sehr offenes Bouquet, Pflaumen, Kirschen, Vanille, Erde. Rund im Gaumen, dicht. Sehr voluminös und bemerkenswerte Tiefe. Viel Potential.
2010 Paolo Scavino Barolo Bric del Fiasc zeigte wenig Zugang. Defensiv blau- und rotbeerige Aromen, Rauch und Gewürze. Stimmig im Gaumen, mittlere Intensität, hohe Säure. Lang im Abgang. Enorme Reserven.
Etwas wild und nach Harmonie suchend erschien mir 2010 G D Vajra Barolo Bricco Delle Viole. Zurückhaltend beerige Aromen. Kirschen, Pflaumen. Teer und feine Holznote. Im Gaumen rustikal, etwas hart strukturiert und trocken. Da wird der Wein intensiv an sich arbeiten müssen, um in zehn Jahren die nötige Harmonie zu finden. Doch alle Komponente sind da.
Mehr Barrique als Barolo ist im Moment 2010 Elio Grasso Barolo Ginestra Vigna Casa Mate. Ein Duftwein. Mocca, Kaffee, Brotkruste. Kirschen, Cassis im Hintergrund. Im Gaumen absolut primärfruchtig, wild, dicht uns sehr lang. Wirkt in der Nase sehr modern. Im Gaumen eher klassisch.
Grossartig präsentierte sich 2010 Mauro Veglio Barolo Arborina. Ein Wein der jung schon viel Spass macht. Sicherlich ein moderner Barolo, dem aber in diesen grossen Jahren auch im Alter viel zuzutrauen ist. Kirschen, Pflaumen, Teer, Trüffel, Kastanien, Kaffee, Kokos und Gewürze im Bouquet. Samtige Struktur, feingliedrige Tannine, elegant und sehr lang.
Trotz einer leicht fehlerhaften Flasche (etwas flüchtige Säure) erreichte 2010 Gian Piero Marrone Barolo Pichemej eine beachtliche Publikumswertung. Vor wenigen Wochen in der Cantina bewertete ich ihn mit 19/20 trinken – 2040. Diesmal etwas tiefer wegen der leichten „Lacknote im Bouquet“. Präsente, reife Fruchtnoten. Kirschen, Pflaumen. Geröstete Haselnüsse, Minze, Teer und Trüffel. Im Gaumen geschliffen elegant. Feine Struktur uns Länge. Harmoniert bereits jetzt sehr schön.
Wohl kaum auf Piemont tippen würde ich blind bei 2010 Luciano Sandrone Barolo le Vigne. Irgendwie atypisch und einzigartig. Sehr dunkle Farbe für einen Barolo. Viel Teer, Gewürz, Rauchfleisch, Vanille, etwas überreife Pflaumennoten, Schwefel und Minze. Im Gaumen kernig, robust und sehr gehaltvoll. Erinnerte mich eher an einen Rhonewein als an Piemont…
2010 Aldo Conterno Barolo Cicala zeigte sich mit tiefgründigen, klassischen Nebbiolo Aromen. Kirschen, Erde, Tabak, Leder, Minze. Dazu Caramel und Kaffee vom Holz. Dicht, druckvoll in der Statur. Mineralisch, erdig. Braucht viel Zeit.
Begeistert hat 2010 Elio Altare Barolo Arborina. Frisches, laktisches Bouquet. Griotte, Pflaumen, Himbeeren. Elegante Holzbegleitung. Etwas Pfeffer und Tabak. Druckvoll im Gaumen, elegante Statur, sehr stimmig, harmonierender Wein bereits in seiner Jugend.
Nicht ganz optimal war 2010 Giuseppe Rinaldi Barolo Brunate le Coste mit ungewöhnlich überreifer (fast oxydiert) Nase. Rosinen, Malz. Im Gaumen aber perfekt. Komisch…
Unglaubliche Kapriolen im Glas führte 2010 Giacomo Brezza e Figli Barolo Sarmassa auf. Begann sehr zurückhaltend und entwickelte sich wie wild mit der Luft. Anfänglich stark Holz dominiert, Kaffee, Nougat. Später mehr beerige Aromen, Kirschen, Pflaumen. Viel Würze und etwas Schwarztee. Intensiv und kräftig im Gaumen, viel Potenzial. Erdiger, Terroir orientierter Barolo.
Die Publikumswertung finden Sie auf Vinoverum. und die Anleitung zum perfekten Brasato dazu gibt’s hier: