Ein weiterer Pande-Wy… Sechs Jahrgänge vom grossartigen und beständigen St. Estèphe Deuxième genossen, beschrieben und bewertet auf unserem wöchentlichen Wein-Spaziergang.
Cos d’Estournel erreichte seine wahre Grösse unter der Leitung des legendären Bruno Prâts. Dank ihm geniesst das schicke, orientalisch angehauchte St. Estèphe Château, welches im 19. Jahrhundert von Louis-Gaspard Estournel erschaffen wurde, seinen ausgezeichneten Ruf als „Super-Second“. Es bildet klar die Spitze des St. Estèphe zusammen mit Chateau Montrose. Bis 2012 leitete Prâts‘ Sohn Jean-Guillaume das Weingut, welches seit 2000 im Besitz der Firmengruppe von Michel Reybier ist.
Die rund 100 Hektaren Rebfläche sind mit 60% Cabernet Sauvignon und 35% Merlot bepflanzt. Dazu ein kleiner Teil Petit Verdot und Cabernet Franc. Jährlich werden etwa 300’000 Flaschen (inkl. Zweitwein Pagodes de Cos, einem Weisswein und dem Merlot „Goulée“ ) abgefüllt. Aktuelle Jahrgänge kosten heute leider 150 – 200 Franken. Zu diesem Preisniveau findet man immer noch attraktive ältere Jahrgänge wie 1988, 1995, 1996, 2000 oder 2005 auf dem Markt. Auf einer der Flaschen an unserer Probe befand sich noch das Pick-Pay Preisschild von 44 Franken…
1983 Chateau Cos d’Estournel, Saint-Estephe
92 / austr
Auf den 83er hätte ich nicht mehr viel gewettet. Doch hier trafen wir auf eine super konditionierte Flasche. Typisch, reife Bordeaux Aromatik mit Leder, Malz, Tabak (wenig) Rosinen, Streichholz, Schweiss und immer noch mit cremig-nussiger Untermalung. Bekömmlich, abgerundet im Gaumen. Stimmig zum heissen Jahrgang.
1988 Chateau Cos d’Estournel, Saint-Estephe
93 tr – 2030
Sattes Granat, dicht. Jugendliche Robe für einen 30jährigen St. Estèphe. Doch die 88er reiften allgemein langsam und das Warten hat sich (auch) hier definitiv gelohnt. Kraftvolles Bouquet, blau- und schwarzbeerige Dominanz. Kräuter, Zedern und Kalk. Stattlicher Körper, klar etwas grob strukturiert, doch da steckt viel Stoff drin. Bordeaux Klassiker, Super jetzt!
1990 Chateau Cos d’Estournel, Saint-Estephe
95 / tr – 2025
Die letzten zwei Flaschen aus meinem Keller waren reifer und etwas zerbrechlich. Diese hier war super! Extrovertierte, süsse Nase. Dunkelbeerig, Kandis, Kirschen, Cassis aber auch rotbeerige Reflexe. Stimmiger Holzeinsatz mit Nougat und Krokant. Erinnert mich irgendwie an reife, grosse Kalifornier aus 1994 oder 1995. In dieser Form immer noch eine Suche wert. Superstoff!
1994 Chateau Cos d’Estournel, Saint-Estephe
87 / tr – 2030
Anfänglich leicht muffig im Bouquet. Wie immer ziemlich abweisend, verschlossen. Blau- und schwarzbeerig, mit wenig Entwicklung. Aber auch etwas grün. Im Gaumen säuredominant mit wenig Zugang. Jahrgangsentsprechend fehlt es etwas an Kraft, als dass man glauben könnte, er brauche noch ein paar Jahre. Zum Essen geht das gut, sonst recht anstrengend…
1996 Chateau Cos d’Estournel, Saint-Estephe
97+ / tr – 2040
Immer noch jugendliches Rubin. Völlig extrovertiertes Bouquet. Brombeeren, Pflaumen, Zedern, Tabak und Vanille. Hoch attraktiv in der Nase. Er befindet sich jetzt in der Phase der Trinkreife vor dem Zenit, der etwas in 5 – 10 Jahren erreicht wird. Das ist dermassen lecker. Er gefiel mir von Anfang an immer sehr gut. Hat sich selten verschlossen gezeigt, und dürfte in dieser Form einer der grössten Cos Jahrgänge aller Zeiten werden.
Zu Hause angekommen, ging ich kurz in den Keller um die kürzlich geöffnete 12er Kiste zu streicheln…
2001 Chateau Cos d’Estournel, Saint-Estephe
94 / tr – 2035
Hoppla, der lange schwer zugängliche 2001er ist auch da! Und wie! Frisches, offenes Bouquet, recht Barrique betont, aber trotzdem in gutem Verhältnis zur beeindruckenden dunkel- und blaubeeriger Frucht. Runder, harmonischer Körper, gradlinig, sauber und mit toller Balance. Super gemacht und jetzt in schönter Trinkreife.
2003 Chateau Cos d’Estournel, Saint-Estephe
98 / tr – 2035
Der Kreis schliesst sich. Zufälligerweise, brachte diese phänomenale Flasche genau der gleiche Spender mit, wie damals vor gut zehn Jahren, als mich der Wein zum Ersten mal völlig umhaute. Ich gebe es zu: Ich bin Fan von den 2003er. Weil sie nie kompliziert sind, immer Spass machen und viel mehr Klasse aufweisen, als man ihnen anfänglich zutraute. Der 2003er Cos d’Estournel gehört neben Montrose zu den Allerbesten.
Immer noch laktisch, röstiges Bouquet. Brotkruste, Vanille, Bittermandeln und Mocca. Darunter ist ein Berg von dunklen Beeren. Im Gaumen gehts druckvoll weiter. Super feine Tannine, kraftvoll und mit beeindruckender Balance. Volumen, gepaart mit Eleganz und Länge. Das ist 2003 von seiner besten Seite!
Perfekt beschriebene Weingenüsse, so mag ich das.
Hallo Sebastian, ich freue mich jedes Mal von deinen Guten Weinnotizen zu lesen.
Du hast mich mal angefragt wegen meinen Weinproben.. Ich hoffe sehr in Kürze die geplanten Meyney, Poujeaux und 2009 Bordeaux zu fixieren, denn viele weitere Proben, übrigens auch eine BX 2003 mit 24 grossartigen Weinen sind bereit zur Verkostung.
Ich werde dich rechtzeitig darüber informieren.
Der André Kunz hat Interesse an der Meyney, gut möglich dass ich diese Probe im Kanton Luzern mache..
Hast Du eine Idee wen (Veranstaltungsort) ich da fragen könnte?
Mit besten Grüssen aus Untersiggenthal
Alex Ulrich