Cos d'Estournel: 20 Jahrgänge neu verkostet

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André Kunz organisierte diese eindrückliche Kick Off 2015 Probe. Cos d’Estournel ist hauptsächlich ab den 80er Jahren stets gut vertreten in den Schweizer Weinkellern. Deshalb war es ein leichtes, genügend Teilnehmer mit einem oder mehreren Cos Jahrgängen ins Restaurant Kreuz nach Emmen einzuladen. Die Qualität stieg in dieser Zeit unter der Leitung des legendären Bruno Prâts. Dank ihm geniesst heute das schicke, orientalische angehauchte St. Estèphe Château, seinen ausgezeichneten Ruf als Spitzen Deuxième. Heute leitet sein Sohn Jean-Guillaume Cos d’Estournel und ist im Besitz der Firmengruppe von Michel Reybier.

Die rund 100 Hektaren Rebfläche sind mit 60% Cabernet Sauvignon und 35% Merlot bepflanzt. Dazu ein kleiner Teil Petit Verdot und Cabernet Franc. Jährlich werden rund 300’000 Flaschen (inkl. Zweitwein Pagodes de Cos) abgefüllt. Aktuelle Jahrgänge kosten CHF 100 – 140. Zu diesem Preisniveau findet man immer noch attraktive ältere Jahrgänge wie 1988, 1995, 1996, 2002, 2004 auf dem Markt.

Ganz nach dem Motto: „Alter und Schönheit vor Rotwein“ gebührt diesen beiden grossartigen Sauternes Greisen vorab noch unsere Ehre:

 1909 Coutet (Sauternes)  19/20 austrinken
 1909 Lafaurie-Peyraguey (Sauternes)  20/20 austrinken

Beide Weine verfügen, für ihr wahrlich beeindruckendes Alter, über eine tolle Vitalität. 1909 Coutet zeigt sich buttrig. Malz, Caramel, Rosinen, Birnel und Jod im Bouquet. Feingliedrig, elegant im Gaumen, mit super Länge. Noch erstaunlicher präsentiert sich der schlichtweg geniale 1909 Lafaurie-Peyraguey. Wirkt fülliger als Coutet. Konzentriertes Bouquet. Creme Brullé, Feigen, Orangeade, Cola, Caramel und Dörraprikosen. Enorm geschmeidig, harmonisch im Gaumen. Es scheint, als hätten die beiden Weine einfach locker über 100 Jahre auf diesen Moment gewartet.

2015 01 cos total

1945 Cos d’Estournel 11/20 vorbei
1961 Cos d’Estournel 18/20 austrinken
1982 Cos d’Estournel 16.5/20 trinken – 2020
1983 Cos d’Estournel 17.5/20 austrinken
1986 Cos d’Estournel -/-
1988 Cos d’Estournel 18.5/20  trinken – 2025
1989 Cos d’Estournel  18/20 trinken – 2025
1990 Cos d’Estournel 19/20 trinken – 2030
1993 Cos d’Estournel 17.5/20 trinken – 2020
1994 Cos d’Estournel 16/20 trinken – 2020
1995 Cos d’Estournel 18+/20 trinken – 2030
1996 Cos d’Estournel 18.5+/20 trinken – 2035
1998 Cos d’Estournel 16.5/20 trinken – 2025
2002 Cos d’Estournel 18+/20 2020 – 2040
2003 Cos d’Estournel 19.5+/20 trinken – 2035
2004 Cos d’Estournel 18+/20 2020 – 2040
2005 Cos d’Estournel 18.5+/20 2020 – 2050
2006  Cos d’Estournel 18/20 trinken – 2035
2007 Cos d’Estournel 18/20 2020 – 2040
2008 Cos d’Estournel 18+/20 2020 – 2040

Scheinbar soll es vom 1945 Cos d’Estournel noch heute gute Flaschen geben. Diese hier war völlig kaputt, und hätte höchstes einen Bastelfreund begeistert, aufgrund seines penetranten Lack-, Leim- und Pinselreinigergeruchs. Sehr gut gealtert ist 1961 Cos d’Estournel. Pflaumen, Bananen, Tabak im Bouquet. Im Gaumen weiter als in der Nase. Etwas Sherry, Madere und Wildfleisch Geschmack. Sehr feine Struktur.

Schwer tat sich 1982 Cos d’Estournel. Im Bouquet cremig, füllig, konzentriert. Immer noch viel Frucht und schöne Röstung. Im Gaumen aber überreif, etwas Teer, etwas flüchtige Säure und recht flach. Da passt wenig zusammen. Enttäuschend für das grosse Jahr. Dafür erwartet man wenig von 1983 Cos d’Estournel und kriegt dann ein schönes Glass voll reifer, rustikaler, erdiger Bordeaux. Etwas Pflaumen und Malz im Bouquet. Mittelschwer, etwas brachial strukturiert mit leichter Bitterkeit im Abgang. Ein Jahrgangstypischer, erdiger Cos. 1986 Cos d’Estournel erlitt das Schicksal, dass er ins selbe Glas musste, welches zuvor vom 1945 kontaminiert wurde. Doch ein Restschluck aus der Flasche bestätigte leider das üble Bild. Schlechte Flasche also. Super dafür 1988 Cos d’Estournel. Ein wahrer Klassiker. Immer noch dunkle Beeren, Tabak, Zedern, etwas Peperoni (passt zum nie ganz ausgereiften Jahrgang). Klar strukturiert, kantige Säure. Sehr lebendig. Ähnelt dem 83er, verfügt aber über deutlich mehr Kraft. Wer es nicht so rustikal liebt, dem sei 1989 Cos d’Estournel empfohlen. Sehr viel Barrique. Füllig, toastige Nase. Mocca, Kaffee und Pflaumen. Im Gaumen elegant und geschliffen. Reif. Ein wahrer Schmuse Cos.

2015 cos chat

Eine super Flasche erwischten wir vom 1990 Cos d’Estournel. Aufgrund der riesigen Mengen dieses Jahrgangs, ist kaum anzunehmen, dass alle Flaschen noch so frisch sind wie diese hier. Die Erfahrung macht man übrigens mit einigen 90er Bordeaux. Süsse, reife Nase. Dunkelbeerig, Lakritze, Vanille, Tabak und Zedern. Sehr frisch immer noch. Im Gaumen herrscht perfekte Harmonie. Die Aromen wirken lange nach. Tolle Konzentration und Länge. Zu Cos gehörte eine Zeit lang das kalifornische Weingut Chateau Montelena. Dieser 90er verströmt auf jeden Fall einen gewissen Napa-Touch. Gut gefiel mir 1993 Cos d’Estournel. Aus kleinem Jahr konnte man sich hier Kistenweise zu 25 Franken eindecken. Blaubeerig, Peperoni, Zedern, Tabak, Kaffee. Klar für 93 relativ hohe Säure, kantige Tannine. Ein rustikaler Cos, der wunderbar zu einem lang gekochten Ragout passt. (Somit wissen Sie jetzt auch, was heute zum Nachtessen auf dem Tisch stand). 1994 Cos d’Estournel ist schwächer. Zwar immer noch gut zu trinken und im Bouquet angenehm röstig. Im Gaumen jedoch uncharmant, mit trockenen Gerbstoffen. Wie für viele 94er gilt auch hier: „Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt…“.

Dann kommen zwei grosse Cos Jahrgänge, die ich schon einige Zeit verfolge. 1995 Cos d’Estournel ist jetzt trinkreif. Er zeigt ein beerig, süsses Bouquet. Leichte Holznoten, Tabak, Gewürze und Stroh. Im Gaumen nicht überladen, eher mittelschwer, dafür unkomplizierter als andere 95er im Moment. Geniessen, auf nichts mehr warten! Ein Auf und Ab vollzieht dagegen 1996 Cos d’Estournel. Er war klarer Sieger an einer ähnlichen Vertikalen vor fünf Jahren. Die Frucht ist im Moment etwas unterdrückt. Röstaromen, Pflaumen, Zeder, Eukalyptus, Teebaumöl dominieren. Das Bouquet ist nicht ganz klar verständlich. Im Gaumen zeigt der Wein aber sein enormes Potential. Tief und lang mit fantastischer Konzentration, aber noch nicht die optimale Trinkreife. Wohin geht die Reise? Richtung 82er? Hier sind sich alle Teilnehmer einig, welche diese Flasche mit „Kork“ bewertet haben. Oder orientiert er sich am1990er? Meine Kiste 1996er steht immer noch zugenagelt im Aussenkeller…. Juhui!

2015 01 cos 21998 Cos d’Estournel stammt aus den Cos Wechseljahren. Und das ist ja bekanntlich keine einfache Sache…. Neue Leitung, neue Techniken und neue Ideen. Die Zeit der Abänderung gefällt mir persönlich nicht. Beim 97er kann man noch den Jahrgang und die Unerfahrenheit mit dem Konzentrator als Entschuldigung anbringen. Doch auch den kürzlich verkosteten 1999, 2000 und 2001 fehlt es an Konzentration. Der 98er hier wirkt würzig, leicht grün im Bouquet. Mineralisch. Die Komponente im Gaumen harmonieren noch nicht und zeigen auch keine klare Struktur. Die Kurve gekriegt hat man scheinbar mit 2002 Cos d’Estournel. Dunkles Granat: Immer noch viel primärfruchtige Aromen. Etwas Mocca, dunkelbeerig und elegant stützende Holznote. Im Gaumen noch wenig Entwicklung, dafür ausgestattet mit einer erstaunlichen Substanz. Top für 2002! Nachkaufen. Ueber die Genialität von 2003 Cos d’Estournel haben wir hier schon ein paar Mal philosophiert. Das ist Traumstoff! Egal, wann Sie ihn trinken. Er hat (wie viele 2003er Bordeaux) keine Schwächephasen, keine verschlossene Zeiten. Es ist immer eine Wonne, diesem aussergewöhnlichen Cos zu begegnen. Dunkles Granat; offene, intensive Nase. Nuss, Mocca Vanille, Rauch schwingen oben auf. Darunter eine massive Cassiswand, perfekt reifes Traubengut. Im Gaumen fast explosiv. Reif, frisch. Vollmundig und doch elegant. Super konzentriert. Hier gibt es keine Vergleiche mehr zu einem 83er, 86er oder 88er. Das ist eine andere Cos Welt! Nicht schlechter, nicht besser. Anders! Und in diesem Stil geht es nun weiter: 2004 Cos d’Estournel von der Aromatik her nicht weit hinter dem 2003er. Intensiv dunkel- und blaubeerig im Bouquet. Toast, Russ und Vanille. Aktuell etwas Holzdominiert, aber genug fruchtige Substanz. Toller Cos mit Potenzial für (noch) weiter nach oben!

Wenig Zugang beim verschlossenen 2005 Cos d’Estournel. Jung, primärfruchtig, intensiv dunkelbeerig, laktisch. Im Gaumen konzentriert, sucht noch etwas Tiefe. Die Länge stimmt und widerspiegelt das grosse Jahrgangspotenzial. Hier geht die nächsten fünf Jahre wenig. Dagegen macht 2006 Cos d’Estournel jetzt schon im jugendlichen Übermut Spass. Der Wein ist stimmig, intensiv im Bouquet und zugänglich im Gaumen. Natürlich hat er seine optimale Reife noch nicht erreicht. Verfügt aber nicht über die Konzentration des 2005ers. Daher eher früher trinkreif. 2007 Cos d’Estournel ist aktuell sehr holzdominiert. Daher austrocknend und unterdrückte Frucht. Ob die Fülle reicht, um besser balanciert daher zu kommen, ist schwer zu sagen. 2008 Cos d’Estournel ist schwer einzustufen und definitiv ein Wein für übermorgen. Blau- und schwarzbeerig. Röstig, nussiges Bouquet. Caramel, Mocca. Viel unbändige Kraft, jung und wild. Schwer zu degustieren – die Anzeichen für einen grossen Cos sind da. Es wäre dann der letzte vor dem ultimativen Hype 2009 und 2010.

3 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Gonon R B am 19. Dezember 2016 um 12:45

    Soeben der Cos d’E… verkostet – ziemlich flache Aromatik im Vergleich zu anderen Jahrgängen – also leider zu lange abgewartet/gelagert – BITTE, WIEVIELE JAHRE (von .. bis) sollte denn genau dieser Wein gelagert werden?

    • Veröffentlicht von Sebastian Schwander am 19. Dezember 2016 um 15:45

      Merci für’s Feedback. Welchen Jahrgang hast Du probiert?

      • Veröffentlicht von Luciano Pelloni am 27. Dezember 2017 um 12:45

        2008 er in Swiss 1st:
        recht tiefes Rubin, fast satt; Tabak, Eiche und schwarzbeerig im Bouquet, voller Körper, rund, für St. Estèphe dieses Alters erstaunlich weiche Tannine, Schwarzbeeren auch hier, leichter Oxyton (Flasche?), lang im Abgang. Edler Klassiker, trinkteif, kann aber noch locker 10-15 Jahre weiter reifen, sollte der Oxyton nur dieser Flasche zuzuschreiben sein.

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