Keine graue Maus mehr: Chateau Meyney 1954 – 2017

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Mehr als 20 Jahrgänge von Chateau Meyney aus zwei Epochen. Während und nach der Cordier Zeit. Fazit: Das „Graue Maus“ Image ist definitiv weg!

Die graue Maus

Das 1662 gegründete Château Meyney gehört nicht zu den glanz- und prunkvollen Bordeaux Weingüter mit grosser Familiendynastie. Klassifizierung? Fehlanzeige. 1855 wurde das bescheidene St. Estephe Anwesen schlichtweg übergangen. Der Besitzer ist heute mit CA Grand Crus (Crédit Agricole) eine französische Bank und früher gehörten sie dem Weinhandelshaus Cordier, welches rund hundert Jahre lang für das «graue Maus» Image «sorgte».

Chateau Meyney St. Estephe heute

Mayday Meyney!

Die Cordiers waren berüchtigt für mehr Quantität als Qualität, was zu jeweils etwas grünen, leicht unsauberen Weinen führte. Das gleiche galt in dieser Zeit auch für Chateau Talbot und Gruaud Larose, welche ebenfalls zum Cordier Portfolie gehörten.

Qualitativ ging es Ende der 00er Jahre bergauf. Mit dem neuen Besitzer kam es zu grundlegenden Erneuerungen, einem strikten Selektionsverfahren und weiteren massgeblichen Verbesserungen. Seit daher ist er weg, der typische «Cordier» Stinker und vielleicht auch die «alte» Meyney Fangemeinde, welche eben genau diese «charmante» Unsauberkeit als Charaktermerkmal von Meyney schätzten.

Chateau Meyney Barriquekeller

An der spannenden Probe bei Werner Tober im Bacchus Hildisrieden, organisiert von Alexander Ulrich (bordeauxproben.com), ging es genau um dieses Thema. Die zwei Epochen von Chateau Meyney. Während und nach Cordier. Und die Erkenntnis? Wie erwartet: Ab zirka 2008 ist es ein anderer Wein. Sauber, klar aber auch etwas universell. Bei den Alten würde man blind auch auf einen Ducru, Talbot oder Gruaud aus kleineren Jahrgängen tippen.

Chateau Meyney im Verlauf der Zeit

Der Stil ist unverkennbar. Jeder darf für sich entscheiden, was ihm mehr zusagt. Reife Jahrgänge aus der Cordier Zeit findet man immer noch zu erschwinglichen Preisen und aktuelle Exemplare kosten gerade mal 25 – 30 Franken.

Chateau Meyney heute

Dank besserer Selektion und modernerer Weinbereitung holt Chateau Meyney seit gut zehn Jahren deutlich mehr aus dem begnadeten Terroir neben Chateau Montrose heraus. Auf rund 50 Hektar entlang der Gironade, bepflanzt mir 60% Cabernet Sauvignon, 30% Merlot und 10% Petit Verdot, entstehen jährlich etwa 160’000 Flaschen. Ausgebaut wird der Cru Bourgeois während 18 – 24 Monaten in Barriques, von denen 40% jährlich erneuert werden. Prieur de Meyney heisst der Zweitwein.

Das «graue Maus Image» ist definitiv weg! Chateau Meyney erstrahlt zu neuem Glanz und verdient zweifellos unsere Aufmerksamkeit.

1954 Chateau Meyney, St. Estephe

85 vorbei

Torf, Erde, Tabak, Rosinen, weisse Schokolade. Angenehm im Bouquet mit schöner Süsse. Im Gaumen samtig weich, noch eine gewisse Restsäure und in erstaunlich guter Verfassung für das Jahr. Noch immer ordentlich trinkbar aber deutlich über dem Zenit.

1966 Chateau Meyney, St. Estephe

55 vorbei

Zerfallene Farbe. Braun. Oxydiert, Essig, Pinselreiniger und Nagellackentferner. Aufgrund der furchtbaren Nase getraute ich mich nicht ihn zu trinken. Kam beim Publikum aber deutlich besser an. Liegt also vielleicht an mir…. (Notiz für mich: Corona Test machen!)

1978 Chateau Meyney, St. Estephe

82 vorbei

Mildes, sehr reifes Bouquet. Eine gewisse Restfruchtnote (Himbeeren) ist noch da. Tonerde, Kaffee,  Holz und leicht grün. Unharmonisch gereift. Im Gaumen in sehr bescheidener Endtrinkphase. 

1981 Chateau Meyney, St. Estephe

87 austrinken

Würzig, erdiges Bouquet. Tannenäste, Lehm, Tabak. Immer noch milde Fruchtnoten. Im Gaumen gut, etwas kühl, kernig mit leicht grünen Noten. Irgendwie nicht ganz ausgereift, aber ganz erstaunlich für den bescheidenen Jahrgang.

1982 Chateau Meyney, St. Estephe

86 austrinken

Schöne, klare, röstige Nase. Süss, stark ausgereiftes Traubengut. Etwas unsaubere Holznoten. Pferdestall und Malz.  Zeigt im ersten Eindruck den grossen Jahrgang. Im Gaumen etwas ausgezerrt, mit leichtem Säureüberhang und etwas Brett. Trotzdem: Der Wein ist intakt und mit «Cordier» Toleranz findet er heute noch Liebhaber.

1985 Chateau Meyney, St. Estephe

90 austrinken

Leicht grüne Note. Typischer Cordier «Stinker». Etwas Geranien, Leder, Rossstall, Schweiss. Wenn man tiefer geht kommen nussige und malzige Aromen zum Vorschein. Säubert sich im Glas und gefällt immer besser. Rund, harmonisch im Gaumen. Mittlere Intensität aber sehr elegant. Old Fashion Claret!

1989 Chateau Meyney, St. Estephe

82 austrinken

Röstiges Bouquet mit Dörrfrüchten, Rosinen und leider leicht muffigen, unsauberen Noten. Stark holzgeprägt aber halt auch wieder mit störender Lacknote, welche sich über Gaumen bis in den Abgang hinweg zieht. Schade.

1995 Chateau Meyney, St. Estephe (DMG)

87 trinken – 2030

Tischwein in Doppelmagnum! Reifes, pflaumiges Bouquet. Etwas grüne Note, leicht floral. Zedern, Leder und Tabak. Reif im Gaumen. Klassischer, kerniger Meyney. Jetzt trinkreif. Die ganz leichte Brett Note taxieren wir mal als typisches Meyney «Cordier» Merkmal.

1996 Chateau Meyney, St. Estephe

90 trinken – 2025

Schöne, dunkel- und blaubeerige Nase. Gewürze, Tabak und Holz. Im Gaumen angenehm, gut ausgereift. Tannine sind reif und stimmig zur Frucht. Mittlere Konzentration und Länge. Alles sauber hier.

2000 Chateau Meyney, St. Estephe

90 trinken – 2030

Dunkelbeerige Aromen im Bouquet, Rauch, Trüffel, Brotkruste, Schwarztee, Minze, etwas Trester und wieder leichte Brett Note, doch die Fülle des Jahrgangs geht toleranter mit der Fehlnote um als die kleineren Jahre. Im Gaumen ist er reif, rustikal und endet mit mittlerer Konzentration.

2002 Chateau Meyney, St. Estephe

88 trinken – 2030

Offenes, erdiges Bouquet. Darunter dunkle Kirschen, Pflaumen und Leder. Im Gaumen kernig, rustikal. Etwas gar harsche Gerbstoffe. Vom Volumen her gut gemacht und viel aus 2002 herausgeholt. Kann an Potenzial nicht mehr zulegen, allerdings wird er sich noch verfeinern.

2003 Chateau Meyney, St. Estephe

86 austrinken

Reifes, plaumiges, leicht portiges Bouquet. Erinnert eher an Merlot als Cabernet. Wirkt in der Nase schon sehr reif. Im Gaumen ist er deutlich weniger weit und die Gerbstoffe sind massiv und mehlig. Je länger im Glas desto mehr oxydative Noten. Es scheint, als konnte man auf Meyney mit dem heissen Jahrgang nicht gleich geschickt umgehen wie seine St. Estephe Nachbarn.

2006 Chateau Meyney, St. Estephe

91+ 2025 – 40

Dunkelbeerig, Schoko, Erde, Kandis, Gewürze und Minze im Bouquet. Im Gaumen jung, frisch. Deutlich weniger Entwicklung als im Bouquet. Kommt langsam in eine erste Trinkreife. Gute Länge, beachtliches Potenzial. Braucht Zeit um sich zu harmonisieren.

2007 Chateau Meyney, St. Estephe

88 trinken – 2035

Mildes, reifes Bouquet mit dezenter Fruchtnote, stimmiger Holzeinsatz. Etwas Bittermandeln, Vanille und Tabak. Im Gaumen klassisch mit Zedern und Tabak. Mittlere Intensität, gute Säure. Sauber und früh trinkreif.

2008 Chateau Meyney, St. Estephe

90 trinken – 2035

Offenes, opulentes Bouquet. Pflaumen, Cassis, Kirschen und Malz. Minze und Rosmarien. Im Gaumen mittlerer Konzentration, etwas mehlige Tannine. Aber alles in allem ist er gut unterwegs, reift harmonisch und wird auf der eleganten, fast burgundischen Seite reifen.

2009 Chateau Meyney, St. Estephe

Ohne Bewertung

Kork. Vom Potenzial und der Entwicklung der Vorgängerjahrgänge sicher ein spannender Meyney.

2010 Chateau Meyney, St. Estephe

93+ trinken – 2035

Offenes, opulentes dunkelbeeriges Bouquet. Brombeeren, Kirschen, Rauch. Vanille und Gewürze. Stoffig, intensiv im Gaumen. Kernige Tannine, die seine Herkunft nicht leugnen. Auch in diesen warmen Jahren behält Meyney seinen gewissen kühlen Touch. Attraktiv!

2012 Chateau Meyney, St. Estephe

92 trinken – 2030

Attraktives, röstiges Bouquet. Fast noch primärfruchtig mit dominierenden Barrique Aromen. Im Gaumen rund, harmonisch. Früh trinkreif, harmonisch. Was will man? Ein guter, etwas universeller Bordeaux wie dieser 2012er, oder ein etwas muffiger, kerniger aber dafür «typischer» Meyney? Die Frage darf jeder für sich beantworten. Die einen werden weiterhin aus den 90ern nachkaufen die anderen orientieren sich am Stil der jungen Jahrgänge. 

2014 Chateau Meyney, St. Estephe

91+ trinken – 2040

Offensives, schwarzbeeriges Bouquet. Brombeeren, Oliven, Zedern, Leder und Tabak. Zupackend im Gaumen, kernige Struktur, reift gemächlich und sehr sauber. Braucht noch fünf Jahre, um sein Genusspotenzial auszuschöpfen. Vielversprechend!

2015 Chateau Meyney, St. Estephe

93+ 2025 – 40

Offenes, opulentes Bouquet. Süsses, ausgereiftes Traubengut. Hitzig. Fast kalifornisch mit viel Brombeeren, Cassis, Minze, Zimt, Kandis und Zuckerwatte. Im Gaumen zugänglich, dicht und in erster Trinkreife. Super Säure- / Gerbstoffverhältnis, was dem Wein eine tolle Spannung verleiht. Viel mehr Tiefgang als die älteren Exemplare. Kraft und Potenzial. Meyney zurück auf der Erfolgsspur!

2016 Chateau Meyney, St. Estephe

94+ 2030 – 40

Offenes, opulentes Bouquet. Fruchtgetrieben, frisch und noch sehr jung. Zeigt Muskeln und Tiefgang aber noch wenig Harmonie. Die Kraft des Weins zeigt die viel bessere Selektion, mit welcher Meyney jetzt ans Werk geht. Alles ist sauber und präzise. Aktuell zwar in einer holzbetonten Zwischenphase. Das mag er zu verkraften. Warten.

2017 Chateau Meyney, St. Estephe

89+ 2025 – 35

Intensive, extrovertierte Fruchtnoten. Blau- und schwarbeerig. Defensiv, stimmiger Holzeinsatz (Kokos, Vanille). Sehr sauber, gradlinig. Etwas universell und schwer in dieser jungen Phase überhaupt auf Bordeaux zu tippen.

1 Kommentar

  1. Veröffentlicht von Alex Ulrich am 12. November 2020 um 22:12

    Lieber Baschi, deine Beschreibungen sind mir sehr wertvoll. Und ich gebe es zu, die älteren Jahrgänge sind es die mich so begeistern. Klar habe ich auch ab 2000 Meyney gebunkert, doch die lasse ich noch weiter reifen..
    Einzig der link zu meiner Seite bedarf der Änderung. http://www.bordeauxproben.jimdofree.com
    Herzlichst Alex Ulrich

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