Jim Vuletic: Der (W)einsiedler Neuseelands

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Klar. Aus Neuseeland kennt man Sauvignon Blanc und Pinot Noir. Allerdings gibt es dort noch diese ganz besondere Winery in Matakana/Auckland, mit aussergewöhnlichen Weinen und einem sehr speziellen, charismatischen Weinbauer.

Kennengelernt haben sie sich vor über zehn Jahren im Restaurant Löwen in Berken. Jim Vuletic, Besitzer und Weinbauer der Providence Winery aus Auckland/Neuseeland, und der Berner Martin Pauli, ein weitgereister, passionierter Weinliebhaber. Im „Leue“ (übrigens super Weinkarte) erkannten sie schon früh das Potenzial der Providence Weine. Pauli war von Anfang an begeistert von diesen speziellen Tropfen mit dem eigenartig salzigen Terroirgeschmack. Es entwickelt sich eine Freundschaft und auf seiner Neuseelandreise von wenigen Jahren, besuchte Pauli Jim Vuletic in Matakana auf seiner Winery und half sogar bei der Lese mit.

Für solch spezielle Weine braucht es spezielle Menschen. Jim Vuletic ist so einer. Ein rüstiger Rentner, charismatisch, humorvoll und mit sich und der Welt einig. Mit 54 schmiss er seinen Anwaltsjob hin und widmete sich vollumfänglich seiner wahren Berufung, dem Weinbau. Es sei ein innerer Drang für ihn, Wein zu produzieren, nennt er seine Motivation. Und dabei ist nur das Beste gut genug. Als Anwalt gönnte er sich ab und zu einen Cheval Blanc. Mit der Zeit habe er aber aufgehört teure Flaschen zu kaufen, sondern wollte selber grosse Weine keltern. Allerdings nicht wie die meisten Neuseeländischen Winzer, einen Pinot Noir und Sauvignon Blanc, „der auf jedem Misthaufen wächst“, sondern eben einen speziellen Blend, bei dem Cabernet Franc und Merlot dominiert. Ganz nach dem Vorbild von Cheval Blanc und sicher niergends zu finden in Neuseeland.

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Jim Vuletic (Providence Wines)

Providence ist bereits sein zweites Weinprojekt. Gemeinsam mit seinem Bruder gründete er in den 80er Jahren das Weingut „The Antipodean“, und brachten die ersten „Bordeaux Blends“ Neuseelands auf den Markt. Leider zerstritten sich die beiden und die Zusammenarbeit endete für Jim in einer „persönlichen Tragödie“. Seither haben sie kein Wort mehr miteinander gesprochen. Für Jim war klar, dass er nur selbstständig erfolgreich sein kann, und seine Vision nach einem grossen Wein nur auf diesem Weg erreichen wird. Als Besitzer, Winemaker, Verkäufer und Konsument in einer Person.

Was er suchte, fand er in der Nähe von Matakana. Providence (Vorsehung) war geboren. Die Winery selber ist eigentlich eher eine schlichte Scheune, aber zweckmässig und ohne Firlefanz eingerichtet. Genauso wie es Jim will. Es geht um das was in der Flasche ist und weniger um das Drumherum. 1990 pflanzte Vuletic auf rund zwei Hektaren lehmig-schwerer Vulkanerde ein paar Stöcke Cabernet Franc, Merlot und Malbec. Drei Jahre später kam Syrah dazu. Kein Cabernet Sauvignon mehr, wie damals bei Antipodean. Logisch, für einen Cheval Blanc Fan. Sein Erstlingsjahrgang war der 1993er. Heute bringt er es auf eine Menge von rund 10‘000 Flaschen pro Jahr. Das Sortiment beinhaltet zwei Blends, ein Syrah und ein verrückter Rosé. Wenn’s denn überhaupt was gibt! Jim nimmt sich die Freiheit und produziert nur Wein in grossen Jahren. Sein Bauchgefühl entscheidet über Top und Flop. Er kann es sich leisten und verzichtete komplett auf die Jahrgänge 2009, 2011, 2012 und 2015…

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Jim Vuletic (Providence Wines) in seinem Vineyard

In den „weinlosen Jahren“ geniesst er mehr Zeit zum Reisen und seine Kunden persönlich zu treffen. Die Providence Weine finden vor allem in Amerika und Europe grossen Anklang. Weniger in Neuseeland. Dort gilt Jim als „Eigenbrötler“, als Exote und Sonderling. Seine Weine passen nicht zu dieser Gegend, monieren seine „Konkurrenten“ die sich gegenseitig mit massiger Qualität und Dumpingpreisen unterbieten. Providence sucht man vergebens in einem Weinführer und kein Strassenschild führt dorthin.

Jim, dem (W)einsiedler ist es egal. Er liebt die Abgeschiedenheit und schätzt die Ruhe. Man muss ihn kennen um seine Weine zu verstehen. Das salzige Inselklima verleiht seinen Gewächsen einen eigenen Charakter. Schön, dass es solch unvergleichliche Weine, sehr weit abseits des Mainstreams, noch gibt. Weine, welche von überzeugten Individualisten wie Jim Vuletic gemacht werden. Natürlich nicht jedermanns Sache (zum Glück!), aber auf jeden Fall ein guter Schluck wert.

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Martin Pauli & Florian Schmutz (winebarrel.ch) mit Jim Vuletic (Providence Wines)

Martin Pauli organisierte mit seinem Kompagnon Florian Schmutz diese spannende Providence Probe. Die beiden Weinfreunde gründeten vor ein paar Jahren zusammen mit Nicolas Christener WineBarrel.ch und vertreiben die wenigen Providence Flaschen, welche es in die Schweiz schaffen. Jim Vuletic war selbstverständlich dabei und präsentierte in erfrischend, humorvoller Art seine Gewächse. Die Auswahl fiel auf die drei Jahrgänge 2006 (grosser Jahrgang, würzig, mit viel Potenzial), 2008 (guter Jahrgang mit früher trinkreifen, charmanten Weine) und den Spitzenjahrgang 2010.

Mehr Infos zu Providence: Providence Website & Facebook

Bezugsquelle: Winebarrel.ch

 

2014 Providence Rosé, Matakana 18/20 trinken – 2025

 

Achtung Rosé Trinker: Hände weg! Das ist nichts für euch. Dieser 2014 Providence Rosé (85% Cabernet Franc, 15% Merlot) hat nichts mit dem beschwingten, leichten Sommerwein vom Supermakt zu CHF 19.80 der Sechserkarton zu tun. Ein dermassen intensiver Rose (knapp 15 Vol%) ist mir noch nie ins Glas gekommen. Blind würde man nie auf Rosé tippen (wenn man die Farbe nicht sehen würde…). Vom Typ her erinnert er mich eher an einen grossen Südfranzosen oder gar Rhone Rotwein. Intensiv fruchtig, Himbeern, Cassis, Pflaumen, Lavendel. Druckvoll, intensiv im Gaumen. Enormes Volumen für Rosé. Nix Apérowein! Das trinkt sich wie ein gehaltvoller, exotischer Rotwein.

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Alles bereit für die einzigartige Probe

 

2006 Providence Private Reserve, Matakana 17.5+/20 trinken – 2030
2008 Providence Private Reserve, Matakana 18.5/20 trinken – 2025
2010 Providence Private Reserve, Matakana 18+/20 2020 – 2030

 

Der Private Reserve ist immer ein Blend der von Jahr zu Jahr varieren kann. Jim Vuletic ist nicht auf ein „grundsätzliches Rezept“ eingefahren. Er entscheidet intuitiv und selektioniert nur die besten Trauben. Der Ausbau erfolgt während 24 Monaten in neuen Barriques. Der 2006 Providence Private Reserve (55% Cabernet Franc, 45% Merlot) zeigt sich in dunklem Granat. Salziges Bouquet. Wildfleisch, Pflaumen, Streichholz, Vanille und Butter. Recht milder Auftakt, mineralisch, geschmeidig im Gaumen und endet recht druckvoll. Erstaunlich feine Tannine und gutes Potenzial für eine langes Leben. Ein wilder, brachialer und exotischer Wein ist 2008 Providence Private Reserve (41% Merlot, 32% Cabernet Franc, 27% Malbec). Leicht grün, gemüsige Nase. Etwas Kohl und Teer. Darunter ein Schwall von dunkelbeerigen Aromen, Schokolade, Marroni und Pfeffer. Stoffig, druckvoll im Gaumen, viel Potenzial und Länge. Nicht für jedermann und weit abseits des üblichen internationalen Mainstream. Sehr charaktervoll und eigenständig präsentiert sich auch 2010 Providence Private Reserve (46% Cabernet Franc, 38% Merlot, 16% Malbec). Auch hier immer noch etwas grün. Kohl, Teer. Darunter schöne Kirschenaromen, Schokolade. Der Wein ist jetzt noch zu jung und daher etwas alkoholisch. Braucht Zeit.

 

2006 Providence Four Apostles, Matakana 17/20 trinken – 2030
2008 Providence Four Apostles, Matakana 18/20 trinken – 2025
2010 Providence Four Apostles, Matakana 18+/20 2020 – 2035

 

Syrah ist der „vierte Apostel“ in diesem Blend. Was als 1993 als Experiment mit 1200 Rebstöcken begann, entpuppte sich als grossen Erfolg. Nicht nur als Begleiter für den Four Apostles sondern dann vor allem in seiner reinsortigen Version unten. 2006 Providence Four Apostles (40% Cabernet Franc, 20% Merlot, 20% Syrah, 10% Malbec) zeigt sich etwas schwer verständlich. Noch wenig Reife, etwas grün im Bouquet. Pfeffer, Kohl, Salz und Jod. Die Frucht ist unterdrückt. Im Gaumen wild und auf der Suche nach Balance. Vier Traubensorten müssen sich zuerst finden. Harmonischer und trinkreifer kommt 2008 Providence Four Apostles (34% Merlot, 25% Cabernet Franc, 21% Syrah, 20% Malbec) daher. Ein grosser Wein, opulenter Wein. Exotisches Bouquet (Kirschen, Erde, Jod, gekochtes Gemüse, Koriander, Caramel). Vielschichtiger, mineralischer Gaumen. Noch einen Tick besser war 2010 Providence Four Apostles (40% Cabernet Franc, 20% Merlot, 20% Syrah, 10% Malbec). Zeigt die Kraft des grosssen Jahres. Dunkle Beeren, Kirschen, Jod, Pfeffer. Druckvoller, kräftiger Körper. Geht noch nicht so in die Tiefe, im Moment eher breit strukturiert. Doch das kommt noch mit der Zeit. Alle Weine unbedingt lange dekantieren.

 

2006 Providence Syrah, Matakana 18/20 trinken – 2025
2008 Providence Syrah, Matakana 17/20 trinken – 2025
2010 Providence Syrah, Matakana 19/20 trinken – 2030

 

IMG_4864Nur ein paar Hundert Flaschen gibt es von disesem bemerkenswerten Syrah. Und lediglich zwei neuseländische Wineries pflanzen überhaupt Syrah an. Also eine wahre Rarität! Während sich die Blends ab und zu ein wenig in der Entwicklung blockieren, kommt dieser reinsortige Syrah klar strukturiert daher. Sehr gut gefiel mir 2006 Providence Syrah mit seiner pflaumig, fleischigen Aromatik. Teer, Russ, Lakritze. Geschliffen, elegant im Gaumen. Nicht so opulent wie man es von australischen Syrah’s gewohnt ist, sondern eher mineralisch – würzig. Bereits recht reif ist 2008 Providence Syrah. Erdig, teerige Aromen. Etwas „gekocht“, viele Gewürze und etwas defensive Frucht. Gefällt mir im Gaumen besser als in der Nase. Meine persönlicher Favorit dieses eindrücklichen Tastings war 2010 Providence Syrah. Offenes, dunkelbeeriges Bouquet. Kirschen, Teer und Rauch. Von der Würze her zeigt sich auch der 10er näher an einem grossen Rhonewein, als bei seinen „näheren Verwanden“, den australischen Shiraz‘. Super begleitenden Holzeinsatz, frische Säure. Ein tolles Gesamtpaket und ein ganz grosser, spezieller Neuseeländer.

1 Kommentar

  1. Veröffentlicht von WineBarrel am 22. Oktober 2015 um 7:45

    Hoi Baschi
    Besten Dank für den interessanten und treffenden Bericht. Wir von WineBarrel haben den Abend und die Weine sehr genossen. Wir freuen uns bereits auf den nächsten Event.

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