Seavey Vineyard : Then and Now

Ende des 19. Jahrhunderts trampelten die Rindviecher den Seavey Weinberg nieder. So erfolglos war die Winery, dass sich die Besitzer entschieden, fortan ihr Glück mit klassischer Landwirtschaft zu versuchen. Aber heute…

Anstelle guten kalifornischen Weins gab’s bei Seavey während 100 Jahren Steaks und Milch ab Hof. Dieses Geschäftsmodell schien deutlich erfolgreicher, bis 1979 William und Mary Seavey das Anwesen samt Kuhstall, Viehherde und Farmland kauften. Kurze Zeit später wurde der Vineyard wieder bestückt, und die Rinder grasen seither artig in abgetrennten Weiden.

Seavey liegt etwas abseits der Touristenwege im Conn Valley, am nördlichen Ende des Lake Hennessey. Die relativ flachen 14 Hektar Rebfläche mit vulkanischen Böden sind grösstenteils mit Cabernet Sauvignon bepflanzt, ergänzend mit Merlot, Petit Verdot und Chardonnay. Die ersten Weine kamen unter dem damaligen Winemaker, Gary Galleron Anfangs der 90er Jahre auf den Markt. 1995 übernahm Philippe Melka den Lead. Für Melka, der nach wie vor als önologischer Berater amtet, ist Seavey eine Herzensangelegenheit und sein persönlicher „Geheimtipp“ im Valley.

Heute produziert die Winery rund 40‘000 Flaschen pro Jahr. Das Portfolio sieht folgendermassen aus:

Seavey Cabernet Sauvignon (Cabernet Sauvignon mit kleinem Anteil Petit Verdot, ausgebaut während rund 18 Monaten in 50% neuen Barriques, aktueller Jahrgang 2012, 10‘000 Flaschen, CHF 100 – 120)

Seavey Caravina (Zweitwein seit 1999, produziert aus jungen Reben, aktueller Jahrgang 2013, 22‘000 Flaschen, CHF 60 – 80)

Seavey Merlot (aktueller Jahrgang 2013, 4‘000 Flaschen, CHF 50 – 60)

Seavey Chardonnay (aktueller Jahrgang 2014, 3‘000 Flaschen, CHF 50 – 60)

Die Probe sämtlicher Jahrgange des Seavey Flaggschiffs Cabernet Sauvignon organisierte Napawine.ch. Dem Team um Gregor Greber ist es gelungen, Seavey exklusiv in der Schweiz zu vertreten. Ein geschickter Schachzug, wie es scheint, begeistern doch vor allem die neusten Jahrgänge. Die Weine wurden von Dorie Seavey höchstpersönlich präsentiert. Begleitet von Kelli A. White, der Autorin von „Napa Valley – Then &Now“ des aktuell besten Guides über alle bekannten Weingüter des Napa Valleys. Eine geballte Ladung Weinkompetenz auf 1200 Seiten.

v.l.n.r: Kelli White, Gregor Greber, Dorie Seavey

v.l.n.r: Kelli White, Gregor Greber, Dorie Seavey

Die Probe zeigte schnell, dass Seavey nicht der allgemein erwartete schwarzbeerig, süsse Cabernet Bolzen ist. Hier spielen das Terroir und der defensive Holzeinsatz (nur 50% neue Barriques), die entscheidende Rolle. Vor allem die reiferen Jahrgänge aus den 90er Jahren zeigen diese würzig, mineralische Note. Leicht teerig, Weinrauch und Teebaumöl. Wer alte Seavey’s sucht wird vom 1994er begeistert sein, aber auch die eher schwächeren Jahrgänge wie 1993 oder 1998 überzeugten aus der ersten Dekade. Ab 2001 sind die Weine mehr fruchtgetrieben und spürbar besser selektioniert. Alle Seaveys der 2000er Jahre lassen sich locker weitere zehn Jahre lagern. Ich empfehle das sogar, so erlangen sie noch mehr von ihrem typischen erdigen Stil, der sich deutlich vom Napa Mainstream abhebt. Stark immer wieder die Leistung in mittleren Jahren. Begeistert hat mich unter anderem der 2003er und 2006. Aus den grossen Jahren überzeugt 2005, 2007 und 2010 voll und ganz.

Ein ausserordentlich grosser Tropfen ist 2012 Seavey Cabernet Sauvignon. Meine Notiz zum besten Wein des Abends: „Rauchig, schwarzbeerig, intensiv. Die Röstung ist extrem stimmig. Viel Stoff im Untergrund. Jetzt erkennt man zum ersten Mal die eigentliche Symbiose von der würzigen Seavey Typizität, mit süsser Napa Fülle. Auf extrem guten Weg und die Wertung beinhaltet einiges an Potenzial (19+/20 2020 – 2040).

Aufgrund der begeisterten Gäste im Zürcher Carlton Restaurant, werden die Napawine.ch Vorräte am 2012er rasch zu Neige gehen. Doch demnächst trifft der 2013er ein. Und darauf muss man einfach ein Auge werfen. Ich spreche nicht gerne von gutem Preis-/Leistungsverhältnis, wenn eine Flasche Wein über 100 Franken kostet. Doch vergleicht man mit mehrfach teureren raren Napa Kultweinen, gilt dieser sympathische Seavey trotzdem als Schnäppchen. 

Mehr Infos: Seaveyvineyard.com

Bezugsquelle für Seavey und Kelli White’s Buch „Napa Then & Now“: Napawine.ch

1990 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  16/20  austrinken
1991  Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  15/20 vorbei
1992  Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  16/20 austrinken
1993  Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  17/20 austrinken
1994  Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  18/20 tr. – 2025
1995  Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  17/20 austrinken
1996 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  16.5/20 austrinken
1997 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  17.5/20 tr – 2025
1998 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  17.5/20 austrinken
1999 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon  17.5/20 tr – 2025
2000 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 17/20 tr – 2025
2001 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18/20 tr – 2030
2002 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18/20 tr – 2030
2003 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18.5/20 tr – 2025
2004 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 17.5/20 tr – 2030
2005 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18/20 tr – 2030
2006 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18.5+/20 tr – 2035
2007 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18/20 tr – 2030
2008 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18+/20 2020 – 35
2009 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 17.5+/20 tr – 2030
2010 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18.5+/20 2020 – 40
2011 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 18/20 tr – 2030
2012 Seavey Vineyard Cabernet Sauvignon 19+/20 2020 – 40

 

2 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Rainer am 31. März 2016 um 22:30

    Lieber Baschi, könnte es sein, dass sich auf deiner Website eine leichte Kalifornien-Lastigkeit einschleicht (angesichts von 5 Kalifornien-Beiträgen im März 2016)? Das wäre aus meiner Sicht eine bedauerliche Entwicklung. Mir persönlich leuchtet nicht ein, warum das heutige Kalifornien als Weinregion interessanter sein soll als irgend eine andere Weinregion dieser Welt. Cabernet und Merlot wachsen fast überall. Moderne Fruchtbomben mit 15% Alk. und mehr gibt’s ebenfalls überall. In Blindproben ist oft unmöglichlich zu sagen, wo diese Dinger herkommen, weil sie fast überall gleich schmecken. Wie erfrischend wirkt da dein Beitrag zu Henri Bonneau, einem eigenständigen Menschen, der den Mut hatte, eigenwillige und geheimnisvolle Weine zu produzieren, die kaum kopierbar sind. Liebe Grüsse, Rainer

    • Veröffentlicht von Sebastian Schwander am 5. April 2016 um 19:51

      Lieber Rainer
      Vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, Kalifornien ist mein Lieblingsthema. Als ich vor zwei Jahren mit dem „neuen“ mybestwine.ch startete, fragte ich einige Weinfreunde an, ob sie allenfalls bereit wären, ihre Weinerlebnisse ebenfalls auf mybestwine.ch zu veröffentlichen, um mehr unterschiedliche Themen abzubilden. Ich glaube mich zu erinnern, dass Du damals auch unter meinen Wunschkandidaten warst… Die Einladung gilt noch immer!

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