Château Lynch Bages 1955 – 2010

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Lynch Bages – Einer meiner Lieblings-Bordeaux. Endlich mal wieder in einer umfassenden Vertikale. Die wichtigsten Jahrgänge zwischen 1955 – 2010.

Auch Jean-Pierre Monsch ist ebenfalls ein Freund dieses sehr beliebten Pauillac 5eme, und organisierte eine umfangreiche Probe im November 2019 im Zürcher SMITH and de LUMA. Zu den anwesenden Bordeaux Freaks gesellte sich auch Adrian van Velsen. Sein Report zur Verkostung gibt’s auf vvWine.ch

Mit John Lynch, Weinhändler aus Bordeaux und gebürtiger Ire, begann im 17. Jahrhundert die Geschichte von Lynch Bages. Die moderne Zeit leitete die Familie Cazes 1939 ein. Der damalige Bürgermeister von Pauillac, André Cazes, kaufte das Pauillac Chateau mit seinen rund 90 Hektaren Rebfläche in unmittelbarer Nachbarschaft zu Mouton Rothschild.

Mehr schlecht als recht, schlug man sich durch. Es fehlt an Geld und an den damit verbundenen nötigen Investitionen. Die Qualität war entsprechend bescheiden und einige schwache Jahrgänge (insbesondere in den 60er und 70er Jahren) mussten offen an Händler verkauft werden. 1973 übernahm Sohn Jean-Michel Cazes, die Geschicke des Weinguts. Dank Beteiligung der Versicherungsgesellschaft AXA, konnten umfangreiche Renovationen und Modernisierungen vorgenommen werden. Lynch Bages wurde immer besser und die Fangemeinde stieg kontinuierlich. Obwohl 1955 nur als 5eme Cru eingestuft gehört er heute inoffiziell zu den „Super Seconds“.

Besitzer in dritter Generation, Jean Charles Cazes, gibt Auskunft im Millesima Video:

https://www.youtube.com/watch?v=boZa7QVEBuQ&t=61s

Lynch Bages ist ein klassischer Bordeaux Blend mit gut 70% Cabernet Sauvignon ergänzt mit Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot. Jährlich werden nebst einem Weisswein (Blanc de Lynch Bages), und dem Zweitwein, Echo de Lynch Bages, rund 300’000 Flaschen vom Grand Vin abgefüllt. Aktuelle Jahrgänge kosten zwischen 100 – 150 Franken.

1955 Lynch Bages, Pauillac

Baumnussschalen, Erdnüsse, dunkles Brot, Malz im Bouquet. Dörrfrüchte, Caramel, Stroh und Leder. Leicht überreif, animalisch im Gaumen aber immer noch sehr schön zu trinken. Etwas trocken im Abgang.

89

austr

1966 Lynch Bages, Pauillac

Modrige Nase. Nasse Wolle, darunter noch leicht Dörrfrüchte aber doch deutliche Port Aromen. Medizinal. Mit mehr Luft kommen würzige Aromen, gar Eukalyptus. Leicht spröde im Gaumen mit einer milden Restsüsse.

86

vorbei

1970 Lynch Bages, Pauillac

Immer noch lebendiges granat. Sehr reifes, würziges Bouquet. Waldboden, nasses Holz, Korinthen, Sultaninen, sogar Kandis und Pflaumen. Sauber, reif im Gaumen. Nach wie vor gute Säure, sogar noch feine Tannine. Endet filigran.  Hat sich super gehalten. Wunderbarer Wein in einem sonst so harten, kantigen Jahrgang.

91

austr

1982 Lynch Bages, Pauillac (DMG)

Süsses, schwarz- und rotbeeriges Bouquet. Voll auf der beerigen Seite mit verlockenden Himbeer Aromen. Schön begleitende Rauchnote, etwas Leder, Eukayptus und Rossstall. Nicht übertrieben – stimmig. Mittlere Intensität im Gaumen. Alles auf der ganz eleganten Seite. Super reif, immer noch feine Tannine. Befindet sich in einer unglaublich langen Trinkreife. Begeistert immer – enttäuscht nie. 


Update: März 2021
Mildes, nussig, röstiges Bouquet. Nach wie vor präzise blau- und schwarzbeerige Noten im Untergrund. Leder, Tabak und weitere klassische, reife Pauillac Aromen. Kommt sehr ausgewogen, stimmig daher. Immer noch wunderschön, feingliedrig elegant. Es lohnt sich sogar, ihn eine Stunde zu dekantieren.
94 tr – 2030

96

– 2030

1983 Lynch Bages, Pauillac

Opulentes, süsses Bouquet. Viel reife Cabernet Aromen. Immer noch dunkelbeerige Aromen mit Feuerstein, Lakritze und Kandis. Erdbeeren und Caramel wie in einem Candy Shop. Im Gaumen samtig weich, fast kitschig schön. Fantastisch! Völlig unterschätzt. Ich glaube, muss mich auf die Suche machen. Aufgrund der miesen Parker Bewertungen müsste das noch zahlbar sein.

93

austr

1985 Lynch Bages, Pauillac

Florales, würziges Bouquet. Holz, Tabak, ganz leichter Böckser, Peperoni, Cornichon. Mit mehr Luft säubert er sich. Im Gaumen elegant, sanft mit mittlerer Konzentration. Wie immer – immer Gaumen deutlich besser. Ein super feiner, eleganter, klassischer Lynch Bages, sehr stimmig zum generell eleganten, exotischen Jahrgang. Kistenweise getrunken in den letzten 20 Jahren. Einer meiner Lieblings-Lynch…

Update: März 2021 (Magnum)
Eine wunderbare Magnum, welche bestätigt wie „dehnbar“ die Entwicklungsfähigkeit von Lynch Bages ist. Reife, würzige Aromen. Torf, Tabak, Menthol, Leder und etwas grüner Geraniennote. Frucht ist sehr reif und absolut stimmig zum Alter.
93 austrinken

94

austr

1986 Lynch Bages, Pauillac

Immer noch sehr dunkel. Schoko, Torf, Teer, Rauch und Erde im Bouquet. Frucht ist weg. Mehr erdige, terziäre Aromen.  Sehr rustikaler, kerniger Lynch Bages. Mittlere Konzentration und Länge. Ich hatte ihn kürzlich deutlcih besser. Diese Flasche scheint mir etwas fruchtlos und matt. Im Glas entwickelt er immer mehr oxydative Aromen. Keine optimale Flasche

 

1988 Lynch Bages, Pauillac

Zurückhaltendendes Bouquet. Recht holzbetont, mit Gewürzen, Baumnussschalen und Peperoni. Kernig im Gaumen. Recht streng, langsam reifend. Immer noch sehr zusammengezogen. Kann gut und gerne noch zehn Jahre entspannt weiter reifen.

93

– 2040

1989 Lynch Bages, Pauillac

Verlockendes, röstiges Bouquet. Kamin, Rauch, Nougat, Vanille, Torf, Tabak und Leder. Druckvoll, jugendlich im Gaumen. Beschwingt und doch so dicht. Nach wie vor stoffig, super Balance und Länge. Immer noch so jung. Dekadent lecker. Muss aufpassen, dass er nicht kitschig schön wird…

97

– 2035

1990 Lynch Bages, Pauillac

Edles, röstiges Bouquet mit Tabak und Leder. Darunter sensationelle, dunkelbeerige Frucht. Süss, reif. Super harmonisch. Dezenter Auftakt, reif, erdig im Gaumen. Recht stoffig. Trocknet im Abgang etwas aus mit herben Gerbstoffen.

Update: März 2021
Viele 90er Bordeaux befinden sich aktuell in einer grossartigen, späten Trinkphase, dies bestätigte auch die kürzliche 90er Napa/Bordeaux Probe im Napagrill. Dieser Lynch Bages allerdings kommt erst noch richtig in Schwung. Er wirkt nach wie vor jugendlich, frisch. Mit Brombeeren, Cassis, Minze und vielen Kräutern. Stilsicher und elegant. Sein grosses Pendant, (der 89er) ist im Moment noch grösser und reifer, aber langfristig dürfte der 90er Lynch Bages tatsächlich die Nase vorne haben.
96 / trinken – 2040

95

– 2030

1995 Lynch Bages, Pauillac (Mag)

Dichte, kompakte Nase. Blau- und schwarzbeerig. Wenig Zugang, wie bei vielen 95er aktuell. Ein strenger, langsam reifender Lynch Bages, mit dieser seit Jahren blockierenden Pflaumennote. Potenzial steht aktuell vor dem Trinkspass.

92+

– 2040

1996 Lynch Bages, Pauillac

Extrovertiertes, dunkelbeeriges Bouqet. Kandis, gebrannte Mandeln, Krokant. Komplett zugänglich, charmant und anschmiegsam. Aktuell in einer verlockenden Spassphase. Mittlere Konzentration und Länge. Kann weiter zulegen.

94+

– 2040

2000 Lynch Bages, Pauillac

Offenes Bouquet, druckvoll, aber ganz dezente unsaubere Noten. Irgendwie fischig. Leichter Kork

 

2001 Lynch Bages, Pauillac

Jugendliche, laktische Nase. Popcorn, Lakrize, Kandis und Vanille. Voluminös, kraftvoll im Gaumen. Recht opulent, geht in die Breite. Aber Konzentration ist das nicht. Er macht Spass, traue ihm aber keine grosse Zukunft zu.

90

– 2030

2003 Lynch Bages, Pauillac

Röstiges Bouquet. Etwas oberflächlich schön, aber nicht dramatisch. Beschwingt im Gaumen, schön gemacht, modern. Enttäuscht mir aktuell ein wenig, weil die heissen Jahre eher für Lynch Bages sprechen. Normalerweise machen die 2003er immer Party. Dieser Lynch Bages zeigt sich aktuell etwas zickig.  Warten und hoffen.

91+

– 2030

2005 Lynch Bages, Pauillac

Dezentes, röstiges Bouquet. Blau- und schwarzbeerig, Konzentrierte Aromen, füllig und dicht. Super geschliffen, dicht, modern und jetzt schon dermassen verlockend. Und das beste: da kommt noch mehr. Warten!

95+

– 2045

2006 Lynch Bages, Pauillac

Süsses, röstiges Bouquet. Cassis, Kirschen, Brombeeren. Intensiver Holzeinsatz, kraftvoll und intensiv. Hat was kalifornisches. Momentan hart zum trinken. Zeigt Potenzial und Kraft. Würde ich die nächsten fünf Jahre nicht anrühren. Vielversprechend…

94+

2025 – 45

2008 Lynch Bages, Pauillac

Erdiges Bouquet, mit Kandis, Schoko, Torf und Malz. Mittlere Konzentration, intensive Gerbstoffe und markante Säure. Das alles findet praktisch ohne Frucht statt. Komplett verschlossen, und wenig passt zusammen. Die einzelnen Komponenten sind gross , aber eben – wo ist die Frucht?

89+

2025 – 40

2009 Lynch Bages, Pauillac

Wenig Kommunikation in der Nase. In erster Linie spielen die super verlockenden Barriquearomen. Defensive Frucht. Klarer Pauillac Cabernet Anzeiger. Zugänglich im Gaumen. Feine Tannine, milde Struktur. Typisch Lynch Bages. Kommt sehr sauber, eher modern daher. Alles in dieser jungen Phase schon am richtigen Ort. Da reift was Grosses zusammen und man muss gar nicht so lange warten. Die Substanz ist gewaltig. Das wird der kommende 89er.

97+

– 2045

2010 Lynch Bages, Pauillac

Intensives, klassisches Cabernet Pauillac Bouquet. Alles edel auf der schwarzbeerigen Seite. Prägnanter Holzeinsatz. Rauch, Teer. Nach wie vor primärfruchtig. Im Gaumen wirkt er reifer als in der Nase. Er ist intensiv und kommt trotzdem so tänzerisch daher. Die Tannine sind unglaublich sanft.

96+

2025 – 45

1 Kommentar

  1. Veröffentlicht von Lynch-Bages 1955-2009: Vertikale mit Überraschungen. – vvWine am 27. Dezember 2019 um 17:31

    […] Smith gehörenden Vinothek zur grossen Lynch-Bages-Vertikalen. Mit dabei war auch Baschi Schwander (seinen Bericht findet man hier). Verkostet wurden nicht weniger als 20 Jahrgänge Lynch-Bages, zwei davon sogar aus Grossflaschen […]

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