„Gourmet Dinner mit…?“ heisst diese kleine genüssliche Degustationsserie und findet alljährlich bei Raphael und Marie Louise Tuor im soeben mit 16 Gault Milleau ausgezeichnetem Restaurant Reussbad in Luzern statt. Im Fokus stehen jeweils mehrere Jahrgänge eines renommierten Bordeaux Chateau. Dabei steuert jeder Teilnehmer eine oder zwei Flaschen aus seinem eigenen Keller zum guten Gelingen bei. Die Wahl fiel dieses Jahr auf das St. Julien Deuxieme Chateau Léoville Poyferré.
Bis zur Französischen Revolution gehörten die drei Léoville Güter (Las Cases, Barton und Poyferré) noch zusammen. Léoville Poyferre erlebte anschliessend mehrere Handänderungen bis es 1920 an die Négociant Familie Cuvelier überging. Direktor Didier Cuvelier leitet das Weingut in dritter Generation und erklärt uns alles Wissenswerte im Millésima Video:
https://www.youtube.com/watch?v=FzPp6hEXG2g
Poyferré ist mit rund 80 Hektaren flächenmässig das grösste der drei Léoville Chateau. Die hauptsächlich mit Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot bepflanzten Rebflächen umgeben praktisch das ganze Dorf St. Julien. Nebst dem Top Cuvee (rund 200’000 Flaschen pro Jahr) werden auch ein Zweitwein (Pavillon de Léoville Poyferré) und «Drittwein» (Chateau Moulin Riche) abgefüllt.
Während sich in den 80ern wenig Jahrgänge als gross und langlebig ausgezeichnet haben, verbesserte sich die Qualität ab den 90ern kontinuierlich und gipfelte in den erstmals verliehenen 100 Parkerpunkte für den 2009er. Dies bewies auch unser Tasting. Die Jahrgänge ab 1996 wirken konzentrierter, geschliffener und sauberer selektioniert. Also erlebten wir eine Bandbreite der rustikalen Jahrgänge (v.a. 80er Jahre) bis zu den auf Hochglanz polierten neusten Versionen.
Die aktuellen Jahrgänge von Léoville Poyferre kosten zwischen 50 bis 70 Franken. Für rund die Hälfte gibt’s Pavillon und Moulin Riche.
Bezugsquelle: Diverse Anbieter
Mehr Infos: http://www.leoville-poyferre.fr/
1982 Léoville PoyferréWunderbares, reifes Bouquet. Leicht würzig, viele Kräuter, Baumnuss, Mocca, Rauch, Leder und Tabak. Darunter immer noch zarte Cassis Aromen. Erstaunlich langsame Entwicklung im Gaumen. Geniale Säure. Ein Ausbund an Eleganz und Terroir. Perfekt auf dem Punkt. Kein Jahr zu früh. Ein prächtiger Poyferré. Gehört zu den grössten Jahrgängen des Weinguts. |
19/20 |
austrinken |
1983 Léoville PoyferréAnimalisch, reifes Bouquet. Leder, nasses Holz, viel Tabak, Rosinen und Pflaumen. Pumpernickel und Magenbrot. Fortgeschrittene Aromen im Gaumen, leicht metallisch im Abgang. Ein gut gealterter, erdig-rustikaler Wein. |
17/20 |
austrinken |
1985 Léoville PoyferréReifes Granat; Süsses, fast laktisches Bouquet. Etwas Caramel, Kokos. Elegant im Gaumen, wenig Kraft, aber harmonisch und feingliedrig. Burgundisch, rotbeerige Aromen. Ein elegantes St. Julien Leichtgewicht mit entsprechend kurzem Abgang. Aber muss den immer alles kräftig daherkommen? Ein klassischer Claret aus den 80er eben, mit entsprechenden Mengen. Da wurden wohl gegen eine halben Million Flaschen abgefüllt… |
17/20 |
austrinken |
1986 Léoville PoyferréDefensives, würziges Bouquet. Viel grüne, unreife Komponente. Dazu Eukalyptus, Teer, leicht rosinig. Kantig, animalisch im Gaumen. Die Säure hebt die Nackenhaare, und die mehligen Tannine sind nichts für önologische Warmduscher. Langes dekantieren hätte ihn vielleicht etwas „aufgeweicht“. Da trinkt man viele Stiele und Blätter mit… |
16/20 |
tr – 2025 |
1989 Léoville PoyferréMilde, reife blaubeerige Aromen. Leicht grün, Cornichon, Pflaumen. Intensive Gerbstoffe und Säure für den sonst geschmeidigen, heissen Jahrgang. Da hätte ich mehr „Charme“ erwartet. Kam beim Publikum aber sehr gut an! |
16.5/20 |
tr – 2025 |
1990 Léoville PoyferréRöstig, voluminöses Bouquet. Bisquit, Cassis, Griottes, Mocca, Espresso, Vanille. Zedern, Jod, Eukalyptus. Fantastische Balance und Länge. Strahlt grosse Klasse aus. Perfekt gereift. Eine absolut geniale Flasche. Dieser so frisch wirkende Léoville Poyferré überflügelt einige Premiers in diesem legendären Jahr. |
19/20 |
tr – 2025 |
1994 Léoville PoyferréRöstiges Bouquet, leicht grüne Note. Eukalyptus, Hustensirup. Darunter, blaubeerige Frucht, aber auch schon bereits deutliche Rosinen- Sultaninen Aromen. Nasses Sägemehl. Gaumen sehr reif, Jahrgangstypisch mittelschwer. Etwas Säureüberhang. |
15.5/20 |
tr – 2020 |
1995 Léoville Poyferré (Magnum)Defensive Frucht, Zedern, anfänglich leicht staubige Noten. Leder, Tabak und Peperoni. Recht verschlossen auch im Gaumen. Braucht viel Luft. Legte enorm zu im Glas und in der angebrochenen Magnum. Gehaltvoll mit strammen Reserven. |
18/20 |
tr – 2035 |
1996 Léoville PoyferréOffenes, dunkelbeeriges Bouquet, Zedern, Stroh und deutliche Barrique-Süsse. Ziemlich dominante Röstung. Ausgewogen, intensiv im Gaumen. Viel dichter und voluminöser als die Vorgänger aus den 80ern. Sogar fast etwas mollig für Poyferré Verhältnisse… |
18/20 |
tr – 2030 |
2000 Léoville PoyferréKork. Frühere Bewertungen: 19/20 |
-/- |
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2002 Léoville PoyferréDefensiv, blau- und schwarzbeerige Noten. Kräftige Säure, etwas unterkühlt, Leder. Zupackend im Gaumen, Tannin- und Säureintensiv. Mittleres Potenzial, wenig Reife. Braucht Zeit. |
17+/20 |
tr – 2035 |
2003 Léoville Poyferré2003 Voluminöses Bouquet. Cassis, dunkle Kirschen, Pflaumen, Nuss. Dichtes, konzentriertes Bouquet. Bullig, intensiver Körper. Kkonzentriert, intensive Frucht, gebündelte Aromen. Gradlinig und tiefgründig. Wie immer beim Bordeaux 2003: Einer der Publikumslieblinge! |
18.5/20 |
tr – 2030 |
2009 Léoville PoyferréKomplett primärfruchtig. Lakitsch, Brombeeren, Cassis, Caramel, Kandis, Amaretti, dunkle Schokoloade. Geröstete Kaffeebohnen. Im Gaumen dicht, komprimiert. Feine Mineralität, welche die Aromen in einer beschwingten Form tragen. Obwohl nichts überladen wirkt, geht der Wein extrem in die Länge. Ein Raketen- Poyferré, wie aus einer anderen Welt. |
19+/20 |
2025 – 40 |
2010 Léoville PoyferréFehlerhafte Flasche oder leichter Kork? Völlig unterdrückte Frucht und überextrahiert. Irgendetwas stimmt nicht. Blockiert komplett im Gaumen. Keine Bewertung. |
-/- |
Publikumswertung: 1. 1990 (19.2) / 2. 2003 (19.1) / 3. 2009 (19) / 4. 1996 (18.3) / 5. 1982 (18.2) / 6. 1983 (17.7) / 7. 2002 (17.6) / 8. 1995 (17.5) / 9. 1989 (17.3) / 10. 1994 (16.7) / 11. 1985 (16.6) / 12. 1986 (16.5)