Früher wagte sich ab und zu ein Kalifornischer Pirat in eine Bordeaux Blindprobe. Meist zum Erstaunen der anwesenden Gäste. Bei diesem beeindruckenden Tasting von Robert Langer lief es genau umgekehrt. Fünf US Kultweine aus den 90er Jahren trafen auf eine Horde Bordeaux-Premier Piraten….
Top Kalifornier aus den 90ern präsentierte unser Münchner Weinfreund und Napa Fan Robert Langer an diesem denkwürdigen Freitagabend im Zürcher Mövenpick Restaurant 20/20. Am Start standen die US Kultweine Abreu Madrona Ranch, Bryant Family, Colgin Herb Lamb, Dalla Valle Maya und Harlan aus den Jahren 1994 – 1998. Stellte man früher oftmals einen Kalifornier als Pirat in Bordeaux Serien, lief es diesmal umgekehrt. In jedem Flight platzierte Robert einen Bordeaux Premier als «Blinden Passagier».
Die Serien stellte er passend als Jahrgangshorizontale zusammengestellt. Mein Bericht ist der übersichtshalber nach Weingütern gegliedert, und die Franzosen am Schluss als Piratenserie zusammengefasst.
Die Jahrgänge
Vorab eine kurze allgemeine Einschätzung zu den Jahrgängen. Ganz stark performte wie erwartet 1994. Ein prächtiges Kalifornienjahr mit heissem August und solidem Wetter während der Lese. Die Weine sind jetzt in perfekter Trinkreife und die besten halten unter optimalen Bedingungen weitere zehn bis 20 Jahre. 1995 ist meiner Meinung nach unterschätzt. Wetterkapriolen und Hagel im Juni dezimierten die Ernte. Wer damal gut selektionierte, erreichte hervorragende, mineralische, schön strukturierte Weine mit tollem Alterungspotenzial. 1996 wirkt immer etwas «breiter», ähnlich den 99ern. Mehr Fülle als die 95 aber nicht den gleichen Tiefgang.
1997 zeichnet sich gleichzeitig als geniales wie schwieriges Jahr aus. Viel Regen im Winter, früher Austrieb und optimales Wetter bis zur Lese bescherten eine riesige Menge an gleichzeitig ausgereiften Trauben. Das Problem war, dass viele Weingüter gar nicht so viel Traubengut vergären konnten. Die Bottiche waren zum Bersten voll und immer noch eine grossem Menge Trauben hingen an den Stöcken. Die Weine dieser «zweiten Lese» weisen oftmals ein Säureproblem (flüchtig) auf. Deshalb ist der Jahrgang unausgewogen. Es kann sein, dass man vom selben Weingut «früher oder später gelesene» Varianten trinkt. Eine riesige Probe, mit über 100 Top Kaliforniern organisiert Beat Spichtig im Frühling 2017. Diese wird mehr Klarheit über diesen aussergewöhnlichen Jahrgang bringen.
Stimmen die allgemeinen Qualitätsnormen eines Jahrgangs nicht, kriegt kein Wein von Parker ganz hohen Punktzahlen und die Preise bleiben moderat. Dies passierte mit dem verregneten, kühlen 1998er. Mir gefallen solche Off-Vintages da sie nie üppig, sondern «französisch-delikat» daherkommen. Der Jahrgang überrascht durch Eleganz und die besten Weine sind heute immer noch sehr bekömmlich. Das neuste Beispiel sind die Weine vom Jahrgang 2011.
Abreu Vineyard Madrona Ranch
David Abreu gehört zu den meist respektieren Weinpersönlichkeiten im Napa Valley. Er verfügt über Mandate als Vineyard Manager bei vielen berühmten Weingütern. Aber auch seine eigenen Weine aus den eigenen Lagen Vineyards Madrona Ranch, Cappella, Las Posadas, und Thorevilos sind hoch angesehen und sehr gesucht. Abreu produziert selber rund 1000 Kisten seiner Single Vineyards. Ein grosser Teil seiner Trauben findet man in anderen noblen Napa Flaschen. Zum Beispiel in Ann Colgin’s «Carriad», Don Bryant’s «Bettina», im Cabernet Sauvignon von Kongsgaard und dem Spring Mountain von Behrens Family sowie in Cliff Lede’s «Songbook». Für all diese Wineries gilt das teure Motto: «Trauben von David Abreu – da weiss man was man hat».
Madrona Ranch ist Abreu’s älteste Lage und wurde 1982 westlich von St. Helena bepflanzt. In den 90er Jahren praktisch ein reiner Cabernet Sauvignon, mit kleinem Merlot und Cabernet Franc Anteil. Heute ein Blend mit einem Cabernet Sauvignon Anteil von 50%. Ausgebaut in neuen französischen Barriques während 24 Monaten.
1994 | Abreu Vineyard Madrona Ranch | 19/20 | tr – 2030 |
1995 | Abreu Vineyard Madrona Ranch | -/- | |
1996 | Abreu Vineyard Madrona Ranch | 18/20? | aus |
1997 | Abreu Vineyard Madrona Ranch | 18.5+/20 | tr – 2035 |
1999 | Abreu Vineyard Madrona Ranch | 18/20 | tr – 2040 |
1994 Abreu Madrona Ranch ist ein perfektes Beispiel für einen optimal gereiften, terroirbezogenen Napa Cab. Schöne dunelbeerige Aromen, etwas Leder, Torf. Mittelschwer, elegant im Gaumen. Leider korkte 1995 Abreu Madrona Ranch. Was für ein toller Wein das wäre, bewies sein zweiter Platz an der diesjährigen American Beauty. Ein eher reifer, etwas dumpfer Eindruck hinterliess 1996 Abreu Madrona Ranch. Mineralisches Bouquet, etwas Rosinen, Kampfer und Jute. Im Gaumen weniger Entwicklung als in der Nase, etwas fehlende Struktur. Möglicherweise keine optimale Flasche. Dafür überzeugte der intensive, jugendliche 1997 Abreu Madrona Ranch mit blau- und schwarzbeeriger Grundaromatik, Caramel, Feuerstein. Im Gaumen etwas vordergründige Säure und daher etwas verschlossen. Wird noch zulegen. Etwas breiter strukturiert wirkt 1999 Abreu Madrona Ranch. Würziges Bouquet unterlegt mit süssen schwarbeerigen Aromen. Feine Minz- und Schwarzteenoten. Füllig im Gaumen, mit genügend Stoff für ein bis zwei Jahrzehnte weitere positive Entwicklung.
Bryant Family Vineyard Cabernet Sauvignon
1985 erwarb Donald Bryand, der Anwalt aus St. Louis, das heruntergekommen rund 15 Hektar grosse Grundstück am Pritchard Hill. Bryant erkannte schnell das enorme Potenzial, welches in diesem Terroir steckt, und beauftragte David Abreu, ihm einen fünf Hektar grossen Cabernet Sauvignon Weinberg zu bestückten. Nach drei, vier Jahren keltert man üblicherweise den ersten Wein. Die Qualität entsprach aber noch nicht Bryants hohen Erwartungen, und so verkaufte er die Trauben er 1988er und 1989er Ernte. Der eigentliche Release war mit den beiden Jahrgängen 1990 und 91 geplant. Dazu engagierte Bryant einen lokalen Winemaker. Eine Katastrophe! Beide Jahrgänge wurden völlig verpfuscht. Von massiven Brettanomyces war die Rede. Die bereits abgefüllten Flaschen wurden vernichtet und der verantwortliche Winemaker gefeuert. Don Bryant lernte, dass fortan nichts mehr dem Zufall überlassen wird.
So begann die Zusammenarbeit mit der talentierten und geschätzten Helen Turley. Mit ihrer Handschrift erlangten die Weine von Bryant Family ihren Kultstatus.
1994 | Bryant Family Vineyard Cabernet Sauvignon | 18.5/20 | tr – 2030 |
1995 | Bryant Family Vineyard Cabernet Sauvignon | 19.5/20 | tr – 2040 |
1996 | Bryant Family Vineyard Cabernet Sauvignon | 18.5/20 | tr – 2035 |
1997 | Bryant Family Vineyard Cabernet Sauvignon | 20/20 | tr – 2035 |
1994 Bryant Family präsentierte sich schöner, als die etwas «gemüsige» Flasche anlässlich unserer grossen Vertikale im März. Cassis, Pflaumen, süss ausgewogen. Etwas Bittermandeln, Lakritze, dunkle Schokolade, Minze. Ein toller Wein, zeigt aber nicht ganz die Komplexität dieses grossen Jahrgangs. Da gefiel mir 1995 Bryant Family einen Tick besser. Mineralisch, rauchige Noten wirken stimmig zum breiten Fruchtbild. Geht mehr in die Tiefe als der 94er. Seine erdige Mineralität erinnert mich an die grossen 75er. Dieses Reifepotenzial hat er auf jeden Fall. 1996 Bryant Family überzeugt mit offensivem Bouquet und intensiver Aromatik. Brombeeren, Pflaumen, Lebkuchen, Lakritze und ganz leicht grüne Noten. Im Gaumen kräftig, füllig mit schöner Länge.
Erneut auf absolutem Weltklasseniveau strahlte 1997 Bryant Family. Noble dunkelbeerige Aromen, dazwischen Himbeernoten, Brotkruste, Malz und Caramel. Druckvoller Auftakt. Intensiver, dicht verwobener Wein. Geniale Struktur und Länge. Dieser 97er überzeugt durch seine Komplexität. Da ist so viel Stoff in diesem Wein, ohne überladen oder gar üppig zu wirken. Er trägt deutlich mehr Terroiraromen in sich, als die meisten klassischen „Napa Cabs“ Hält sich locker weitere zwei Jahrzehnte. Helen Turley’s Meisterstück auf Bryant Family.
Colgin Cellars Herb Lamb Vineyard
Das aktuelle Weinportfolio umfasst den erstmals 2002 produzierten IX Estate Red Wine. Colgin’s Flaggschiff mit einer Produktion von 15 – 20’000 Flaschen jährlich. Ein Bordeaux Blend vom Pritchard Hill aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot. Der IX Estate Syrah (4’000 Flaschen Produktion) ist ein reinsortiger Syrah ebenfalls vom eigenen Rebberg. Der Carriad (keltisch für “Liebe”) wurde erstmals 1999 abgefüllt. Die Trauben (Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot) stammen von David Abreu’s Madrona Ranch und Thorevilos. Pro Jahr gibt’s rund 10’000 Flaschen Carriad. Der Tychson (5000 Flaschen Produktion) ist ein praktisch 100%iger Cabernet Sauvignon. Die Trauben stammen aus Ann Colgins eigenen kleinen Tychson Rebberg in St. Helena. Der Wein wird 25 Monate in 100% neuen Taransaud Barriques ausgebaut.
In dieser Probe ging es allerdings um „Colgin’s Herb Lamb Vineyard“, Bis 1998 der einzige Wein von Ann Colgin mit einer Mikroproduktion von jährlich 100 – 500 Kisten. Die Trauben dieses 100% reinen Cabernet Sauvignons stammen von den obersten Reihen des Herb Lamb Vineyards in St. Helena und wurde erstmals 1992 und letztmals 2007 produziert. Ab 2008 fliessen die Trauben in den regulären Herb Lamb Vineyards „HL“Cabernet Sauvignon und ist seither nur noch ein Schatten seiner selbst. Bis 1999 war Helen Turley Winemakerin für Colgin’s Herb Lamb.
1994 | Colgin Cellars Herb Lamb Vineyard | 19.5/20 | tr – 2030 |
1995 | Colgin Cellars Herb Lamb Vineyard | 19/20 | tr – 2035 |
1996 | Colgin Cellars Herb Lamb Vineyard | 17/20? | tr – 2025 |
1997 | Colgin Cellars Herb Lamb Vineyard | 18+/20 | tr – 2035 |
1998 | Colgin Cellars Herb Lamb Vineyard | 18/20 | tr – 2030 |
Der phänomenale 1994 Colgin Herb Lamb belegte schon mehrmals American Beauty Podest Platze und auch heute gewann er die interne Vertikale. Süsse Cassis- und Himbeernase. Griotte Kirschen, Vanille, Tabak. Im Gaumen wunderschön geschliffen und fein balanciert. Ein anmutiger, tiefgründiger Wein, perfekte gereift und jetzt in seiner schönsten Phase. Liquid Gold! Auch 1995 Colgin Herb Lamb befindet sich auf absolutem Weltkasse Niveau. Rot- und schwarzbeerig, süss ausladendes Bouquet. Feuerstein, Lakritze und kalter Rauch. Frisch im Gaumen, filigran verwoben, extrem schön balanciert und mit beeindruckender Länge.
Da kam 1996 Colgin Herb Lamb nicht ran. Ungewöhnlich wenig Frucht. Animalisch, ledrig und stark Holz geprägt. Intensiv füllig im Gaumen aber nicht die Feinheiten der Vorjahre. Vielleicht keine optimale Flasche. Eher verhalten zeigte sich 1997 Colgin Herb Lamb. Klare Cassis- und Brombeernoten. Immer noch präsente Röstaromen. Voluminös, dem Jahrgang entsprechend, mit Potenzial ausgestattet. Überrascht hat burgundisch, elegante 1998 Colgin Herb Lamb, mit frischer, süsser Aromatik, Kirschen, Griotte, Kokos. Rund im Gaumen, präsente Frucht und viel Stoff für 1998.
Interne Notiz für die MYBESTWINE Event Abteilung: «Komplette Colgin Herb Lamb Vertikale»….
Dalla Valle Vineyards Maya
1994 | Dalla Valle Vineyards Maya | 18/20? | tr – 2030 |
1995 | Dalla Valle Vineyards Maya | 18.5/20 | tr – 2035 |
1996 | Dalla Valle Vineyards Maya | 18/20 | tr – 2030 |
1997 | Dalla Valle Vineyards Maya | 17+/20? | tr – 2030 |
1998 | Dalla Valle Vineyards Maya | 15/20? | vorbei |
Etwas kühl und distanziert präsentierte sich 1994 Dalla Valle Maya. Würziges Bouquet, Tabak, Zedern, Weihrauch, Heu und Malz. Die Frucht scheint etwas blockiert. Ganz leichte, erste oxydative Spuren. Kräftig im Gaumen und lang. Eher verschlossene Phase oder nicht ganz perfekte Flasche? Bei der grossen Maya Vertikale im Juni 2015 überzeugte dieser 94er mit 19.5/20 Punkten. 1995 Dalla Valle Maya wirkt sauberer, mit ebenfalls viel Würze und getrocknetem Gras. Der hohe Cabernet Franc Anteil macht den Wein einzigartig und auch nicht immer leicht verständlich. So auch 1996 Dalla Valle Maya. Nennen wir es mal zickig… Gewürze, Torf, Muskat, leicht dumpfe Nase. Im Gaumen ziemlich hart mit leicht unreifen Tanninen aber bissiger Säure. Schwierige Zwischenphase. Warten und hoffen.
Erneut treibt mich 1997 Dalla Valle Maya zur Verzweiflung. Sowohl an der grossen Maya Probe 2015 wie auch bei der Maya Prophezeiung 2012 zeigt er sich auch heute zwar als ordentlicher Wein, aber unausgewogen, und wohl über dem Zenit. Nussig, würzig, erste Spuren Rosinen und Malz. Im Gaumen unnötig hart und trocken. Wenig Spass bereitete auch 1998 Dalla Valle Maya, mit deutlich oxydativen Spuren, Liebstöckel, Malz und Torf.
Das war eine schwierige Begegnung dieser Maya’s. Befinden sie sich in einer Lebenskriese? Waren es nicht optimal gelagerte Flaschen, oder ist der Lack bereits ab?
Harlan Estate
1994 | Harlan Estate | 20/20 | tr – 2020 |
1995 | Harlan Estate | 18/20? | tr – 2025 |
1996 | Harlan Estate | 18/20? | tr – 2025 |
1997 | Harlan Estate | 17.5+/20? | tr – 2030? |
1998 | Harlan Estate | 18.5/20 | tr – 2025 |
Bereits vor Monatsfrist, anlässlich der AB IX zeigten sich Harlan 95 und 96 in einer ungewohnt defensiv wie zugleich reifen Phase. Dies war leider auch heute wieder so. 1995 Harlan kommt nicht mit der gewohnten schwarzbeerigen Intensität daher. Erste gefährliche malzig-rosinige Aromen und Schoko im Bouquet. Zeigt im Gaumen nach wie vor tolle Konzentration, aber die Aromen sind doch verdammt reif… Etwas mehr Frucht trägt 1996 Harlan in sich. Brombeeren, Pflaumen, Kaffee. Reif, mittelschwer im Gaumen. Toller Wein aber nicht der Harlan Dramatik entsprechend. Leider blieb auch 1997 Harlan unter den (zu) hohen Erwartungen. Reife Nase, Wildleder, Zedern, Tabak, defensive Frucht, etwas Pilz und Torf. Hier spielte sogar eine leicht flüchtige Säure mit. Sehr schade.
Überzeugt hat dafür 1998 Harlan. Hier sind die reifen Aromen stimmig zum Jahrgang. Pflaumen, Leder, Tabak. Im Gaumen sehr gute, sogar kräftige Struktur für 98. Toll gemacht und rigoros selektioniert.
Und alles was ich in Harlan erhofft und erwartet habe finde ich schlussendlich in diesem phänomenalen 1994 Harlan. Wunderbar, süsse Cassisnoten, Feuerstein, Pfeffer, Espresso. Intensiver Auftakt im Gaumen, herrliche Balance und Länge. Die Aromen wirken von A-Z frisch und harmonisch. Selbst beim Spitzenjahr 1994 habe ich selten eine solche Konzentration und Tiefe erlebt. Na also, geht doch! Und bei den anderen Jahrgängen warte ich gerne auf neue Begegnungen und Erkenntnisse.
Irgendwie hatte der Harlan mit der Maya an diesem Abend etwas anderes vor…
Die gesamte Harlan Vertikale von 2014 inklusive den unveröffentlichten Jahrgängen aus den 80er Jahren lesen Sie hier nach.
Franzosen Piraterie an der US Westküste
1994 | Chateau Latour | 18.5/20 | tr – 2030 |
1995 | Chateau Margaux | 19/20 | tr – 2040 |
1996 | Chateau Lafite Rothschild | 18+/20 | tr – 2040 |
1997 | Chateau Mouton Rothschild | 17/20 | aus |
1998 | Chateau Haut-Brion | -/- |
1994 Chateau Latour überraschte mit einer erstaunlichen Fülle für das mittelprächtige Jahr. Cassis, Zedern, Tabak, Cabernet-Würze. Druckvoll im Gaumen, rund und harmonisch. In dieser Form gehört er zu den besten 94er überhaupt. Wunderbar elegant präsentierte sich 1995 Chateau Margaux. Erdige Aromen, Lehm, Tabak und mit klaren blau- und schwarzbeerige Aromen. Zeigt sich deutlich offener und zugänglicher als viele Jahrgangskollegen, aber kann locker ein, zwei Jahrzehnte weiter reifen. 1996 Lafite Rothschild gefiel mir im Bouquet sehr gut. Klassische Pauillac Nase mit viel Cabernetausdruck, Cassis, Leder, Tabak, Expresso und Minze. Verhältnismässig schlanker Körper, der sich eher zugeknüpft zeigt. Macht mehr auf Eleganz als auf Fülle und braucht viel Zeit. Mehr Schein als Sein ist der 1997 Mouton Rothschild. Er hat sich nie verschlossen und wirkt mit seiner toastigen Nase offen, zugänglich und süss. Mocca, Lakritze, dunkle Beeren und Kräuter. Im Gaumen entsprechend dem Jahrgang harmlos und ziemlich «gemacht». Weder zu erraten noch zu bewerten war 1998 Haut Brion. Nasses Laub, Schuhcreme, Baumnuss, Tabak im Bouquet. Frucht- und freudlos. Kühl, abweisend im Gaumen und eine gewisse Tresternote im Abgang. Zum Glück sass HB Spezialist André Kunz neben mir, der mit stoischer Ruhe behauptete, dass dies typisch sei, und er schon wieder käme….irgendwann. Na dann, viel Geduld!