Zugegeben: Ich bin keine Fan, war aber trotzdem gerne dabei bei dieser Vertikale von René Gabriel mit ein paar wichtigen Jahrgängen von Chateau Rauzan-Ségla.
Die Geschichte von Rauzan-Ségla, welches bis 1994 mit „s“ Rausan-Ségla, geschrieben wurde, startet im 17. Jahrhundert als Pierre des Mesures de Rausan das Chateau der damaligen Besitzerfamilie de Gassies abkaufte. Das Grundstück umfasste die heutigen Chateaux Rauzan-Gassies, Rauzan-Ségla, Desmirail und Marquis de Terme.
Rauzan-Ségla verfügt heute über rund 50 Hektar Rebfläche, welche zum Grossteil mit Cabernet Sauvignon und Merlot bepflanzt ist und mit etwas Cabernet Franc und Petit Verdot ergänzt wird. So kommt ein klassischer Bordeaux Blend daher mit einer Jahresproduktion von rund 120’000 Flaschen Grand Vin und etwa gleichviel vom Zweitwein „Ségla“.
Aktuelle Jahrgänge kosten plus / minus 100 Franken.
Das berühmte Bordeaux Klassement von 1855 wirft heute sicher in der Appellation Margaux am meisten Fragen auf. Meines Erachtens ist Rauzan-Ségla als Deuxième Cru zu hoch eingestuft, im Vergleich vor allem zum Drittplatzierten Chateau Palmer, welches allerdings auch dreimal teurer ist. Mir gefallen beispielsweise die nach wie vor relativ preiswerten Chateau Lascombes, Giscours und neuerdings auch wieder Brane-Cantenac besser.
Rauzan-Ségla wirkt auf mich immer etwas grün, mit einer gewissen Unterreife. Zudem fehlt es an Volumen und Tiefgang. Deshalb ist es kein Wunder, dass in meinem Weinkeller keine einzige Flasche Rauzan-Ségla zu finden war, als René Gabriel zu einer kleinen, Corona-konformen Vertikale aufrief. Glücklicherweise durfte ich trotzdem mitmachen….
1934 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux (HS)
94
austrinken
Mai 2021: Milde, sehr reife aber intakte Nase. Brotkrusten, Malz, Vanille, Ingwer, Pfeffer, Schwarztee, Tabak, Leder und Stroh. Dann mehr Himbeeren. Im Gaumen dicht, elegant und voller Leben. Sehr langsam gereift und immer noch in beeindruckender Form. Er verfügt etwas über mehlige Tannine, aber dieses Defizit macht er mit seinem genialen Bouquet und präsenter Ausstrahlung locker weg. Eine super Flasche.
1948 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux (MS)
80
vorbei
Mai 2021: Dunkles Granat. Überreife Nase. Port, Rosinen, kandierte Früchte. Viel Malz und Tabak. Trotz des Alters und des tiefen Füllniveau ein ansprechendes Bouquet. Leider ist die Oxydation mit Liebstöckel im Gaumen nicht zu kaschieren. Nach kurzer Zeit im Glas stark abbauend und deutlich über dem Zenit.
1986 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
95
trinken – 2035
Mai 2021: Offenes, reifes, würziges Bouquet. Pfeffer, Curry, Kandis und immer noch röstige, Barriquearomen Da spielen sogar noch rotbeerige Nuancen mit. Sehr verlockende Nase. Mehr St. Julien wie Margaux Typ. Im Gaumen reif, mit nach wie vor fordernden Gerbstoffen, typisch für 1986 langsam reifend. Ein Rauzan Ségla mit immensem Tiefgang und Spannung. Obs am Jahr liegt, oder müssen die Dinger wirklich gut 30 Jahre lagern?
1994 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
90
trinken – 2030
Mai 2021: Schöne, opulente Nase. Nussig, röstig. Schoko, Tannenäste, Zedern, Kandis. Zugänglich im Gaumen, relativ milde Gerbstoffe, recht harmonisch für den bescheidenen Jahrgang. Jetzt in einer erstaunlich zugänglichen Trinkphase, welche sich noch über ein paar Jahre hinziehen wird. Respekt, da sind nicht viele teurere, arriviertere Chateau auf diesem Niveau im 1994.
1995 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
88
trinken – 2035
Mai 2021: Anfänglich sehr verschlossen, nasal irgendwie «aromalos». Oeffnet sich langsam im Glas und zeigt immer mehr pflaumige, Schoko Aromen. Eher blaubeerig, auch hier leicht unreife Aromen. Im Gaumen zeigt er die 95er Kernigkeit und die typische Rauzan Segla «Unterreife». Aktuell eher uncharmant. Für Fans lohnenswert für zehn weitere Jahre Lagerung. Auf alle Fälle lange dekantieren und viel essen dazu…
1996 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux (HS)
89
trinken – 2035
Mai 2021: Mildes, zugängliches Bouquet. Schöne Röstaromen (Nougat, Krokant, Brotkruste). Immer noch frische dunkelbeerige Nuancen darunter. Leider verspricht auch hier das Bouquet mehr als dann im Gaumen daher kommt. Leicht grüne Note, wenig Aromen, fordernde Tannine. Als Essensbegleiter angenehm sonst eher anstrengend. Holt das Jahrgangspotenzial leider nicht ab.
1998 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux (HS)
92
trinken – 2030
Mai 2021: Erstaunlich dunkles Granat. Rösig, offenes Bouquet. Recht rund, sogar saftig im Gaumen mit guter Struktur und Länge. Mich überrascht, dass ausgerechnet in einem eher kühlen Jahr ein eher „kühl und distanzierter“ Wein so schön performt.
2000 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
90
trinken – 2035
Mai 2021: Offene, röstige Nase. Holz und Frucht harmoniert nicht so richtig. Ganz leichte Lacknote. Etwas Wildfleisch. Im Gaumen leichter als das grosse Jahr erhoffen lässt. Zudem steht die Säure noch etwas neben dem Wein. Geht trotzdem langsam in erste Trinkreife. Länge ist gut. Klassischer, etwas distanzierter Bordeaux. Auch hier braucht man Geduld für mehr Zugang.
2003 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
89
austrinken
Mai 2021: Schöne offene, klassisch Bordeaux Nase. Leder, Zedern und darunter immer noch gute spürbare Fruchtsubstanz. Im Gaumen reif und mittelschwer. Das heisse Jahr hilft den massiven Eisblock zum Schmelzen zu bringen. Nicht gross aber trinkfreudig.
2006 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux (HS)
89+
trinken – 2040
Mai 2021: Dezente Nase, klassische Bordeaux Nase mit dunklen und blauen Beeren, Leder, Tabak. Überraschend wenig Ausstrahlung. Nach 15 Jahren noch so verschlossen? Erste Terroir- und Würznoten sind trotzdem da. Kernig im Gaumen. Wieder etwas trocken, wenig Fülle. Substanz fehlt. Aktuell ist eine Unterreifung spürbar. Warten
2014 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux (Magnum)
88+
trinken – 2040
Mai 2021: Dezentes Bouquet. Rauch, Nuss, Zedern. Im Gaumen eher bescheidene Substanz. Wäre ein gastronomischer Wein, doch die grüne, bitteren Noten im Abgang sind nur für Ségla Toleranztrinker geeignet.
2015 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
92+
2030 – 45
Mai 2021: Schöne, dunkelbeerige Nase. Dezente, stimmige Röstaromen. Druckvoll im Gaumen. Kraftvoll für Rauzan. Aktuell sind die Gerbstoffe noch vordergründig und intensiv. Braucht Zeit und kann sich noch steigern. Die Anzeichen für eine positive Entwicklung sind da. Das heisse Jahr kommt ihm entgegen.
63% Cabernet Sauvignon, 33% Merlot, 3% Petit Verdot, 1% Cabernet Franc
2016 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
93+
2030 – 45
Mai 2021: Offenes fruchtgetriebenes Bouquet. Viel Kirschen, Brombeeren. Dezente Holznoten. Stoffig. Im Gaumen milder Auftakt, nicht so opulent wie die Nase. Gesunde Tannine und Säure. Alles noch sehr primärfruchtig. Trotzdem glaube ich, dass erste Trinkreife bereits in fünf bis zehn Jahren erreicht sein wird.
68% Cabernet Sauvignon, 30% Merlot, 2% Petit Verdot
2017 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
88
trinken – 2035
Mai 2021: Mildes, zurückhaltendes Bouquet. Verschlossen. Im Gaumen mittlere Intensität. Dunkel- und blaubeerig, dezenter Holzeinsatz. Schon recht geschmeidig und früh trinkreif. Obwohl er im Abgang schon noch fordernd wirkt, aber das Jahrgangspotenzial ist einfach zu gering.
62% Cabernet Sauvignon, 36% Merlot, 2% Petit Verdot
2018 Chateau Chateau Rauzan-Segla, Margaux
94+
2030 – 50
Mai 2021: Röstiges, volles Bouquet. Schöne schwarbeerige Aromen, Kirschen mit etwas Zedern, Nougat, Vanille und Gianduja. Rund, ausgewogen im Gaumen. Gute Harmonie, noblerer Holzeinsatz als in früheren Jahren. Sehr schön integrierte Gerbstoffe und gute Länge. Kein lauter Wein, aber stimmig. Vielversprechend!
56% Cabernet Sauvignon, 40% Merlot, 2% Cabernet Franc, 2% Petit Verdot. 18 Monate Ausbau in 2/3 neuen Barriques.