Handwerk und Hightech: Die Erfolgskombination von Martha und Daniel Gantenbein

Kurz vor der Lese des 2015ers öffneten die „Gantis“ ihr Weingut für einen faszinierenden Betriebsrundgang mit genüsslichem Mittagessen und eindrücklicher Verkostung ihrer Weine. Unter anderem natürlich die neuen 2013er.

Staunend stehen wir im futuristischen Erweiterungsbau des Weinguts Gantenbein, der Cuverie. Beeindruckend die 2008 von Robortern aus 30‘000 Backsteinen millimetergenau berechnet und gebaute Fassade. Aussen zeigt sie je nach Blickwinkel grossgepixelte Trauben. Im Innern durchflutet sie in einem faszinierenden Licht- und Schattenspiel die feinsäuberlich aufgestellten Holzbottiche. Es ist der 10. September 2015 und alles ist bereit für die Lese.

 

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„In ein, zwei Wochen sollte der Chardonnay soweit sein, wenn nicht der „cheibe“ Südföhn noch einen Strich durch die Rechnung macht,“ erklärt Daniel Gantenbein. Es sei beim Chardonnay das A und O den perfekten Lesezeitunkt zu erwischen. Nur wenige zu heisse Stunden vor der Lese, und die Mostwerte schnellen in ungewollte Höhen. Der Wein wird zu breit und zu füllig. „Nichts davon wollen wir in unseren Flaschen“. Es ist beeindruckend zuzuhören, wenn die Gantenbeins über ihre Leidenschaft und Professionalität berichten.

Seit 1981 bewirtschaften sie ihr eigenes Weingut in Fläsch. Mit klarer Vision, ambitionierten Zielen und ständiger Weiterentwicklung ihres Wissens. Die ehemalige Kauffrau und der ausgebildete Maschinenschlosser gehören heute im In- und Ausland zu den bekanntesten Schweizer Weinproduzenten. Ihr Pinot Noir, Chardonnay und Riesling sind gesucht, hoch bewertet und praktisch nur auf Zuteilung erhältlich. Von den durchschnittlich produzierten 30‘000 Flaschen pro Jahr werden 40% exportiert. Die Gantenbeins wissen, dass sie alles ins Ausland verkaufen könnten, sind sich aber einer gleichmässigen Verteilung ihrer Raritäten bewusst. Es gibt keine Erst- und Zweitweine. Es gibt ein finales Jahrgangs Cuvee. Ein Ganti schmeckt überall gleich, egal ob Sie ihn in London, München oder Fläsch trinken.

 

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Auf dem Betriebsrundgang wird klar: Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Martha und Daniel wissen genau, was sie machen und legen Wert auf das kleinste Detail. Ihre jahrelange Erfahrung hilft ihnen den Wein von Jahr zu Jahr noch zu verbessen oder zu optimieren. Exakter Lesezeitpunkt, ausgeklügelte Temperaturkontrolle während der Vergärung, kein Umpumpen, keine Filtrierung und ein Ausbau in allerbesten neuen Trançais Barriques tragen zum Erfolg bei. Der Prozess ist raffiniert durchdacht und die Wege kurz. Vom Traubenschnitt bis ins Fass dauert es keine 15 Minuten.

Allerdings nützt die modernste Technik nichts, wenns beim Ausgangsmaterial hapert. Und hier unterscheidet sich das Weingut Gantenbein von vielen anderen Betrieben. Die akribische Arbeit im Weinberg. Wohl kaum jemand investiert so viel Zeit für die Reben. Einerseits in der Auswahl der optimalen Klone, andererseits die ständige Selektion der Trauben während der Reifephase. Es gibt im Keller keinen Sortiertisch. Das ist auch nicht nötig, denn alles was am Tag der Lese noch am Stock hängt, ist perfekt und wird verwendet. Hier trifft Handwerk auf Hightech. Die Erfolgskombination von Martha und Daniel Gantenbein.

Unter diesem Umständen ist es mehr als verständlich, dass Gantenbein „not open for public“ ist. Wieso auch, es gibt ja eh nie was zu kaufen. Daher nutze ich gerne Gelegenheiten wie diese Genuss-Degustation. Sie fand im Rahmen eines Besuchstags mit zwei Dutzend Gästen, organisiert von René Gabriel (weingabriel.ch) statt. Umrahmt wurde die Verkostung von einem vorzüglichen Gourmet Menu zelebriert von Doris und Roland Kalberer, in Gantenbeins eigenem Festsaal „à Table“.

Infos zum Weingut: Gantenbeinwein.com
Preis pro Flasche: CHF 80 – 120 bei verschiedenen Bezugsquellen.

 

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2013 Gantenbein Riesling trocken 18/20 trinken – 2020

 

Ein perfekte, hochklassiger Apéro Wein ist 2013 Gantenbein Riesling trocken. Frische Frucht, Grapefruit, Melonen, Rauch. Etwas Fenchel und Petrol. Angenehm knackig frische Säure.

 

2005 Gantenbein Chardonnay (Magnum) 17/20 austrinken
2008 Gantenbein Chardonay (Magnum) 18/20 austrinken
2013 Gantenbein Chardonnay 19/20 trinken – 2022

 

2005 Gantenbein Chardonnay stellt klar, dass die weissen Gantis, obwohl sie jung verlockend sind, über gutes Alterungspotenzial verfügen. Natürlich ist die Säure etwas weg. Die Aromatik ist aber immer noch auf der fruchtigen Seite mit etwas Mango, Pfirsich. Der prägnante Holzeinsatz zeigt sich vor allem im Abgang, der fast ein wenig an Creme Brüllé erinnert. Ganz gut in Form präsentierte sich auch 2008 Gantenbein Chardonnay. Rauchiges Bouquet. Darunter Pfirsich, etwas Zitronengras und Kokos. Etwas breiter strukturiert als die ganz neuen Jahrgänge, aber nach wie vor mit guter, lebediger Säure ausgestattet.

 

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Bereits viel geschrieben, gelobt und lamentiert wurde über den Bündner Spitzenjahrgang 2013. Ein Temperatursturz von 20 Grad nach der Blüte reduzierte die Ernte auf einen Drittel einer normalen Jahresmenge. Was eh schon rar war wurde noch rarer. Ich habe schon mehrere 2013 Chardonnay aus der Herrschaft probiert und es ist klar, die Ergebnisse sind phänomenal.

So auch das Prachtsexemplar 2013 Gantenbein Chardonnay. Defensives Bouquet. Feine typische Chardonnay Zitrus Aromen dazu Pfirsich, Mango, Zitronengras. Aber auch Honig, etwas Muskat, Kamille und Melisse. Würziger und vielschichtiger als die Vorgängerjahre. Wunderschön mineralisch. Konzentriert und tiefgründig im Gaumen. Irgendwie atypisch, aber trotzdem absolut stimmig zum Jahrgang. So oder so: Genial! Einziger Makel: Natürlich die Menge.

 

2004 Gantenbein Pinot Noir (Doppelmagnum) 18/20 trinken – 2020
2008 Gantenbein Pinot Noir (Magnum) 18/20 trinken – 2020
2011 Gantenbein Pinot Noir 18.5/20 trinken – 2025
2013 Gantenbein Pinot Noir 19+/20 trinken – 2030

 

Bei den Roten gefiel mir 2004 Gantenbein Pinot Noir ausgezeichnet. Das ist noch ein richtiger „Herrschäftlicher“. Die Holzröstung ist noch nicht so nobel, etwas Pilz, Tabak im Bouquet. Aber immer noch bemerkenswerte Frucht. Bodenständig gut! Deutlich moderner kommt 2008 Gantenbein Pinot Noir daher. Offenes extrovertiertes Bouquet. Lakritze, Kandis, Mocca dominieren im Bouquet. Himbeeren, Cassis ergänzen sehr schön. Süss und geschmeidig im Gaumen. Jetzt in sehr angenehmer Trinkphase.

 

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Gross auch 2011 Gantenbein Pinot Noir. Himbeeren, Kirschen in der Nase. Tolle Röstung (Mocca, Praline, etwas Tabak) Konzentriert, geschmeidig und elegant im Gaumen.

Natürlich war der Star auch bei den Pinots der neuste Jahrgang: 2013 Gantenbein Pinot Noir. Völlig primärfruchtig. Konzentrierte rot- und blaubeerige Aromen bilden die Basis. Da ist so viel Frucht-Power drin, dass die sonst so typischen cremigen Röstaromen fast ein wenig in den Hintergrund gedrängt werden. Das spricht für das enorme Jahrgangspotenzial. Der Wein verfügt über eine super Länge und strahlt bereits so jung eine tolle Harmonie aus.

 

5 Kommentare

  1. Veröffentlicht von André am 19. September 2015 um 16:39

    Lieber Baschi,
    einen perfekten lukullischen Anlass präzise beschrieben,
    best Andre

  2. Veröffentlicht von Ammann Andreas am 14. September 2015 um 19:09

    Lieben Dank für den sehr guten und spannenden Bericht. Ich hatte das Glück, dass ich dabei sein durfte ?.

  3. Veröffentlicht von Christian Pfister am 14. September 2015 um 16:37

    Top-Event von A – Z.
    Vielen Dank an alle Beteiligten 🙂

  4. Veröffentlicht von Fabian Koller am 13. September 2015 um 20:08

    Super beschrieben! Dazu gibt es nichts mehr zu sagen, ausser….. Das nächste mal wäre ich auch gerne dabei

  5. Veröffentlicht von Hagenleithner F.-Christoph am 13. September 2015 um 13:16

    Eure Weine sind immer wieder eine Sensation, einfach voller Genuss u. sehr spannend ! War eine Freude euren Bericht über das Musterweingut zu sehen u. zu lesen ! Danke vielmals dafür ! Leiider ist euer Wein bei uns fast nicht zu bekommen , schade !

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