Eine geglückte Rückkehr zu Uschi und Werner Tobler. Nicht in die Braui wie früher, sondern in den Weinrausch. Zum ersten Mal beglückten uns die beiden an neuer Wirkungsstätte in Luzern. Eugen Haefliger kramte wieder einmal ganz tief im US Raritäten Regal und lud ein zu Great Wineries – Great Vintages. Fünf legendäre kalifornische Weingüter präsentierten ihre besten Flaschen über mehrere Jahrzehnte. Louis Martini, Sterling, Joseph Phelps, Caymus und Philip Togni.
1968 | Louis Martini Cabernet Sauvignon | 16/20 | vorbei |
1974 | Louis Martini Cabernet Sauvignon Reserve | 17.5/20 | vorbei |
1974 | Louis Martini Cabernet Sauvignon Special Selection | 16.5/20 | austrinken |
1976 | Louis Martini Cabernet Sauvignon | 14/20 | vorbei |
1978 | Louis Martini Cabernet Sauvignon Special Selection | 18/20 | austrinken |
Louis M. Martini aus Genua wanderte Ende des 19 Jahrhunderts nach San Fransisco aus. Nach der Prohibition gründete er 1933 in St. Helena die Louis M. Martini Winery, welche dazumal als modernstes Weingut im Napa Valley galt. Sie besassen als erste einen temperaturkontrollierten Gärbottich. Später kam der Monte Rosso Vineyard in Sonoma dazu. Martini pflanzte zudem als erster Merlot Rebstöcke im Valley. Heute gehört das Weingut zur Gallo Gruppe, und dementsprechend eher im Supermarkt Bereich anzusiedeln. Geleitet wird es in dritter Generation von Mike Martini. Alle Infos zu Louis M. Martini.
Die Flaschen verfügten alle noch über ein ordentliches Niveau. Die Korken waren extrem kurz und dem Zerfall nahe. Martini dachte damals wohl nicht mal im Traum, dass er seine Weine „ausstatten“ sollte für Raritäten Tastings in 40 Jahren. Das ging damals für wenig Geld über den Ladentisch und war eigentlich für den sofortigen Verbrauch bestimmt.
1968 Louis Martini Cabernet Sauvignon präsentierte sich in hellem Granat, leicht oxydierter Nase, nasser Rasen, Nuss, Rosinen. Im Gaumen etwas metallisch und hohl. Delikat, burgundisch dagegen 1974 Louis Martini Cabernet Sauvignon Reserve; rotbeerig, Leder und Gewürze. Sehr feingliedrig und gebrechlich-elegant. Süss in der Nase von markant amerikanischer Eiche kommt 1974 Louis Martini Cabernet Sauvignon Special Selection daher. Cremig, Rosinen, Schoko und Tabak. Immer noch gut zu trinken. Unsauber, korkig und dumpf dagegen 1976 Louis Martini Cabernet Sauvignon. Deutlich bester Wein und Publikumssieger der Serie wurde 1978 Louis Martini Cabernet Sauvignon Special Selection. Ein toll gereifter Wein, mit Rosinen, Pflaumen, Cassis, Kalk, Jod und Pralinen im Bouquet. Elegant und harmonisch im Gaumen mit beachtlicher Länge.
1974 | Sterling Cabernet Sauvignon Napa | 17.5/20 | austrinken |
1974 | Sterling Cabernet Sauvignon Reserve | 19/20 | austrinken |
1975 | Sterling Proprietary Red Reserve SV | 17/20 | trinken – 2020 |
1978 | Sterling Cabernet Sauvignon Reserve | 17.5/20 | austrinken |
1987 | Sterling Cabernet Sauvignon Napa | 18/20 | trinken – 2025 |
Wenn man sich bei Sterling Vineyards aus Calistoga auf die Newsletter Liste einträgt, bekommt man 10% Rabatt auf den nächsten Weinkauf… Das spricht eigentlich nicht für die Qualität und Nachfrage dieses Weins. Vielmehr ist Sterling touristisch bekannt, bieten sie doch exklusiv im Napa eine Gondelfahrt über ihr riesiges, 500 ha grosses, Grundstück an. Sie glauben es nicht – dann schauen sie hier…
Sterling wurde 1964 gegründet und erlebte seine beste Zeit unter dem bekannte Winemaker Ric Formen (später Abreu). Nach vielen Besitzerwechsel (u.a. Coca Cola) gehört Sterling heute, wie auch Beaulieu Vineyards, zum englischen Getränke Konzern Diageo (Guinness).
1974 Sterling Cabernet Sauvignon Napa ist ein klassischer Cab, der sich in jener Zeit stark an Bordeaux orientiert hat. Leicht dumpfe Nase, etwas Torf, Rosinen und Lakritze. Leder und Tabak runden den „Pauillac“ Gesamteindruck ab. Grossartig zeigt sich 1974 Sterling Cabernet Sauvignon Reserve. Der steht dem legendären 74 Heitz Martha in Wenigem nach. Viel Eukalyptus, Minze, Cakesfrüchte, und rotbeerige Aromen. Im Gaumen mineralisch, extrem schön balanciert. Hier haben sie das Maximum aus einem legendären Jahr herausgeholt. Perfekte Flaschen suchen und in Begeisterung schwelgen. Ein Old Fashion gab mit viel Vanille, Caramel und dropsigen Aromen repräsentiert 1975 Sterling Proprietary Red Reserve SV. SV steht wahrscheinlich für „Special Vintage“, mit extra viel neuem amerikanischem Holz. Der Wein erinnert daher an einen alten Rioja. Im Gaumen noch recht kantig und nicht den Tiefgang des 1974ers. 1978 Sterling Cabernet Sauvignon Reserve wirkte anfänglich etwas muffig im Glas, entwickelte sich aber erstaunlich. Würzige Noten, etwas Caramel und Lakritze. Wunderbar zum Schluss 1987 Sterling Cabernet Sauvignon Napa. Dunkles Rubin; Cassis, Brombeeren, Jod und grüne Paprika. Klassisch für 1987. Reift langsam und kann sogar noch zulegen.
1976 | Joseph Phelps Insignia | -/- | |
1985 | Joseph Phelps Insignia | 18.5/20 | austrinken |
1991 | Joseph Phelps Insignia | -/- | |
1994 | Joseph Phelps Insignia (DMG) | 19/20 | trinken – 2040 |
1995 | Joseph Phelps Insignia | 18.5+/20 | trinken – 2035 |
1997 | Joseph Phelps Insignia | 19.5+/20 | trinken – 2040 |
Nicht mehr viel schreiben braucht man über Joseph Phelps. Anfangs 70er Jahre begann seine Erfolgsstory im Napa Valley. Seine Weine gehören bis heute zur Elite und geniessen einen weltweiten Ruf. Nebst den legendären Weinen vom Eisele (bis Ende 80er Jahr) und Backus Vineyard, eroberte Phelps vor allem mit seinem Flaggschiff „Insignia“ die Weinwelt. Insignia ist immer ein Blend mit Hauptanteil Cabernet Sauvignon. Der Wein ist heute selten mehr unter CHF 200 zu finden. Der Best Bottle Circle organisiert noch dieses Jahr eine umfangreiche Vertikale dieses US Kultweins. Es lohnt sich dabei zu sein! Aktuell wird auf Phelps kräftig am neuen Besucherzentrum gebaut:
Leider korkte 1976 Joseph Phelps Insignia und 1991 Joseph Phelps Insignia war keine gute Flasche (viel Schoko, keine Frucht, dumpf). Dafür wurden wir entschädigt mit dem ausgezeichneten 1985 Joseph Phelps Insignia. Der Wein verfügt über ein voluminöses Bouquet, süsse Beeren, Lakritze, Minze und Salbei. Im Gaumen etwas Ledernoten und Stroh. Ein toller, eleganter klassischer Cab, der einmal mehr aufzeigt, dass sich Geduld bei grossen Kaliforniern immer auszahlt. Apropos Geduld: Natürlich können Sie 1994 Joseph Phelps Insignia jetzt hemmungslos wegtrinken. Unsere Gäste (und ich inklusive) haben es auch gemacht… Die Doppelmagnum war unglaublich schnell leer. Wenn man vorher so alte Weine trinkt, wird es umso klarer. Der Wein ist eigentlich immer noch zu jung. Frische Cassis, Brombeeren, defensive Röstung, Vanille, Brotkruste. Super lang und tief, enormer Gehalt und nichts ist überladen. Der Wein begeistert jetzt und in den nächsten 20 Jahren. Das gleiche gilt für 1995 Joseph Phelps Insignia. Sehr konzentriert schwarzbeerig, Tabak, Minze, Zedern und Rauch. Zeigt enormes Potential und trotzdem soviel Trinkfreude bereits jetzt. Bei 1997 Joseph Phelps Insignia gibt es grundsätzlich zwei Varianten. Entweder Sie lassen die nächsten zehn Jahre die Finger davon, oder Sie laden mich ein… Perfekt reifes Taubengut, süss, harmonisch im Bouquet wie im Gaumen. Das Toasting ist unglaublich präzise und ergänzend zu der prächtigen Frucht, nicht dominierend. Zupacken, voluminös, jung und mit dramatischer Länge ausgestattet. Zweifellos einer der aller grössten Insignia Jahrgänge.
1975 | Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection | 18.5/20 | austrinken |
1978 | Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection | 18/20 | austrinken |
1990 | Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection | 19/20 | trinken – 2020 |
1994 | Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection | 18.5+/20 | trinken – 2040 |
1997 | Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection | 18+/20 | trinken – 2050 |
Caymus steht immer etwas im Schatten der ganz berühmten und gesuchten Wineries. Nicht bei mir. Ich schätze die konstante Qualtiät, die anständigen Mengen und die Philosophie der Wagner Family. Die Weine sind einzigartig, typisch und nie überladen. Chuck Wagner über Caymus und die weiteren Weine seiner Familie:
1975 Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection (der allererste Jahrgang) ist immer noch gut in Form. Dunkel in der Farbe und dunkel in der Aromatik. Etwas Schwefel, Sägemehl, Schwarztee und Gewürze. Animalisch, brachial, erdiger Cabernet. Reif und charaktervoll. Grossartig auch 1978 Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection. Auch hier immer noch dunkle Beeren im Bouquet, Streichholz, Schwefel, Schoko und Bisquit. Im Gaumen mittelschwer, etwas introvertierter als 75, dafür mit mehr Tiefgang. 1990 Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection begeisterte mich total. Typisch süss, würzige Nase. Pflaumen, Brombeeren, Eukalyptus, Gianduja und Grüntee. Super elegant, lang und geschmeidig. Trägt die Aromen dermassen leicht in sich. Eine Napa Perle! Steht den genialen 91er und 92er in nichts nach… also: Postizettel!… (einmal mehr… naja..) 1994 Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection ist noch zu jung. Natürlich ist das toll zu trinken, aber mehr Caymus Tiefe erreicht der Wein erst in zehn Jahren. Im Moment trinke ich noch die letzten normalen 94er Caymus Cabernets. Das gleich gilt für 1997 Caymus Cabernet Sauvignon Special Selection. Enorm konzentriert, leicht brandig und im Moment noch alkoholisch. Das Potential ist riesig.
1990 | Philip Togni Cabernet Sauvignon | 18.5/20 | trinken – 2030 |
1991 | Philip Togni Cabernet Sauvignon | 19.5/20 | trinken – 2030 |
1994 | Philip Togni Cabernet Sauvignon | 19/20 | trinken – 2045 |
1996 | Philip Togni Cabernet Sauvignon | 18/20 | trinken -2030 |
1997 | Philip Togni Cabernet Sauvignon | 18+/20 | trinken 2045 |
Ein paar Jahrgänge von Philip Togni genossen wir an selber Stelle schon ein paar Wochen vorher, an Sven Fischers 50. Geburtstags Party. Es ist immer wieder beeindruckend welch unglaubliche Qualität und Langlebigkeit das kleine Weingut am Spring Mountain an den Tag legt. Fasziniert war ich vom 1990 Philip Togni Cabernet Sauvignon (80% Cabernet Sauvignon, 15% Merlot, 5% Cabernet Franc. Nur 30% neues Holz!) Defensiv, reife Nase. Etwas unterdrückte Frucht. Tabak, Bisquit und Leder. Im Gaumen mittlere Intensität, gut harmonierend zur Nase, mit toller Tiefe und Länge. Irgendwie in einer Zwischenphase, was für 90er Kalifornien total unlogisch wäre. Nicht aber für Philip Togni. Hier hat sogar der 90er noch Reserven. 1991 Philip Togni Cabernet Sauvignon bewertete ich vor zwei Monaten mit 18/20?, da es sich wohl um keine optimale Flasche handelte. Diesmal war er perfekt! Was für ein Wein. Kein Brüller, kein Bulldozer. Ein Wein mit Charakter und unglaublicher Finesse. Auch hier nur 40% neues Holz. Das perfekte Rezept, nebst der begnadeten Lage und Togni’s Talent? Ich meine, der Mann erschuf den 1969er Chappellet! Noch Fragen? Falls ja, bitte mit mir bei einer Flasche 91er Togni besprechen… Granat, Schwarz- und blaubeerige Frucht, Feuerstein, Schwefel, Tabak, Kalk, Eukalyptus und Zedern. Super reifes, vitales Traubengut. Im Gaumen dicht, elegant und lang. Dramatische Tiefe, ruhig und erhaben. Ein Traumwein!
1994 Philip Togni Cabernet Sauvignon ist ein genialer Wein. Schwarz- und blaubeerige Grundaromatik. Etwas Minze, Eukalyptus, Mocca und Jod. Mineralisch, dichter, fein strukturierter Körper. Optimale Reserven für lockere 20 Jahre. 1996 Philip Togni Cabernet Sauvignon überzeugt in seiner Art. Passend zum Jahrgang scheint er früher trinkreif zu sein. Süsse, dunkebeerige Aromen, viel Volumen im Bouquet. Etwas Zuckerwasser, Lakritze und Minze. Sehr stilvoll im Gaumen, mittelschwer. Total stimmig. 1997 Philip Togni Cabernet schlussendlich zeigt genau das, was man von ihm erwartet. Ein potentiell grosser Wein, der bereits jetzt gefällt aufgrund seiner Fülle. Doch die wahre Klasse zeigt er erst in zehn bis 20 Jahren. Erfrischende, dunkelbeerige Nase, Caramel, Bittermandeln und Eukalyptus. Kompakt, kraftvoll im Gaumen und dramatische Länge. Warten!
Es war eine der schönsten, qualitativ grossen und unterhaltsamsten Proben, die ich mit euch erleben durfte. Wahrscheinlich auf dieser Welt fast einzigartig, dass man in so entspannter, kulinarisch genialer (Werni in Hochform) und mit angefressenen Kalifornierliebhabern phantastische Weine geniesst.
Lieber Baschi, lieber Eugen das war unvergesslich, danke!!!!
Kalifornienwein der 60-ziger und 70-ziger Jahre, das ist Finesse, feine Frucht, massvoller Alkohol und herrlicher Extrakt, von Bomben, Marmelade und Überreife keine Spur.
Jedem zu empfehlen ist ein Abend im Weinrausch mit Werner Tobler. (www.wernertobler.ch)