20 Mass Bier oder 20 Jahrgänge Pape Clément?

Wieder mal eine Doppelbuchung in meiner Agenda. Einerseits die Einladung ans Oktoberfest, andererseits organisierte René Gabriel eine prächtige Vertikale eines meiner Lieblingsweine im Sempacherhof. 20 Mass Bier oder 20 Jahrgänge Pape Clément?.. Wofür hätten Sie sich entschieden? Zum Glück für mich heisst diese Seite nicht MYBESTBEER.CH…

Pape Clément steht zwar vom Renommee hinter Haut Brion und La Mission Haut Brion. Belegt damit aber gefestigt den dritten Podest Platz der Appellation Pessac-Leognan. Die Qualität steigt ab 1986 kontinuierlich an und gipfelt international gesehen, bei den 100 Parkerpunkten für den Pape Clément 2010.

Pape Clément gehört seit 1975 zu der multinationalen Unternehmung von Bernard Magrez, welche rund 40 Weingüter umfasst. Die 30 ha Rebfläche sind mit 60% Cabernet Sauvignon und 40% Merlot bestückt. Die aktuellen Jahrgänge 2012 und 2013 kosten zwischen CHF 70 – 100. Für die Spitzenjahrgänge 2009 und 2010 muss man rund das Doppelte hinlegen.

Filmische Impressionen zu Pape Clément:

Alle Weine offen verkostet:

1953 Pape Clément  18.5/20  austrinken
1955 Pape Clément  18/20  austrinken
1957 Pape Clément  16/20  vorbei
1959 Pape Clément  -/-  vorbei
1964 Pape Clément  17/20  austrinken
1978  Pape Clément  14/20   austrinken 
1986  Pape Clément (Magnum)  18.5/20  trinken – 2025
1988  Pape Clément  -/-  
1989  Pape Clément 18/20  austrinken
1990 Pape Clément (Magnum) 19/20 trinken – 2025 
1993  Pape Clément 16/20 trinken – 2025
1994 Pape Clément 14/20  austrinken
1995 Pape Clément 17.5+/20 trinken – 2030 
1996  Pape Clément 19/20  trinken – 2030
1998  Pape Clément 18+/20 trinken – 2035 
1999  Pape Clément 18/20 trinken – 2030 
2000 Pape Clément  19+/20  trinken – 2040 
2001 Pape Clément -/-
2002 Pape Clément 16/20 trinken – 2025
2003 Pape Clément 18.5/20 trinken – 2030

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Eine Warnung gleich zu Beginn: Ich würde keine alten Jahrgänge Pape Clément mehr nachkaufen. Selbst in sicheren Bordeaux Jahren wie 1982, 83 oder 85 ist er kaum geniessbar. Zuviel Menge zu wenig Qualitätsanspruch. Die wenigen alten Raritäten sind an einer Hand abzuzählen, und René Gabriel hat ein paar Auserwählte davon in den Sempacherhof mitgenommen. Da wär zum einen der wunderbare 1953 Pape Clément aus einer Top-Flasche (HS). Helles Granat; Erdig, würziges Bouquet. Pflaumen, Zedern, Tabak und immer noch leicht rotbeerige Aromen. Feingliedriger Gaumen und beachtliche Länge. Auch 1955 Pape Clément zeigte sich grossartig in Form. Defensiv, edles Bouquet. Teer, Kaffee, Malz, Rosinen und Holz. Zwar etwas mehr Volumen als der 53er, dafür leicht trocken im Abgang. Nicht auf dieses Niveau schaffte es 1957 Pape Clément. Etwas altfassige Nase, wenig Frucht, leicht grüne Paprikanote, Leder und Stroh. Im Gaumen eher leicht mit einer unnötig kantigen Tannin- und Säurestruktur. War ein sehr schwieriges Jahr zur Rechtfertigung des Weins. Dafür wäre 1959 ein starker Bordeaux Jahrgang. Ob es gute 1959 Pape Clément gibt weiss ich leider nicht. Diese Flasche hier war leider kaputt. Schon mehrmals als solider, rustikaler Wein hatte ich 1964 Pape Clément im Glas. Auch heute überzeugte er wieder mit lebendig, fülliger Nase. Dunkle Schokolade, Malz, Lakritze. Braucht viel Luft um seine leicht vorhandenen Unsauberkeiten zu kaschieren. Das versuchte auch 1978 Pape Clément, aber mit weniger Erfolg. Anfänglich glaubte ich sogar an Kork. Altfassiges Bouquet, Peperoni. Mittelschwer und ziemlich belanglos im Gaumen.

Dann erlebte das Weingut Ende der 80er Jahre eine wirklich solide Phase. So der kräftig, bullige 1986 Pape Clement (Magnum). Dunkel, fast Purpur; Voluminöses, dunkelbeeriges Bouquet. Erdnüsse, Tabak, Zedern, Teer. Im Gaumen die volle Bandbreite rustikalen Cabernets. Ein „stoffiger“ Wein, der gar nicht genug Luft bekommen kann. Leider korkte 1988 Pape Clément (letzte Bewertung 02/2014: 17/20 tr. – 2020). 1989 Pape Clément ist ein sehr feiner, eleganter Wein, der zwischen den 86er und 90er Bomben fast ein wenig zierlich wirkte. Würziges Bouquet, Curry, Moos, Pfefferminz und Pflaumen. Sehr reif im Gaumen. Kühl trinken und nicht mehr allzu lange warten. Phantastisch präsentierte sich 1990 Pape Clément (Magnum) Dunkelbeerig, viel Röstaromen, Mocca, Erdnüsse und Zedern. Hat weniger „Pape Clement Typizität“ und wirkt eher wie ein grosser Pauillac. Rund, voluminös strukturiert, viel Druck aus der Mitte. Ausgestattet mit einer grossartigen Balance und Länge. Kostet gleich viel wie 2009 oder 2010…

2009 14 Pape Clement SchlossMager dann dafür 1993 Pape Clément. Blaubeerig, Russ, Peperoni und Mocca in der Nase. Im Gaumen recht herb und kantig. Ein generelles Jahrgangsproblem. Enttäuschend oder allenfalls sogar leicht unsauber war 1994 Pape Clément. Animalische, erdige Nase. Torf und Jute. Dumpf. Im Gaumen reif aber mit wenig Charme. Ein gutes Reifepotential attestiere ich 1995 Pape Clément. Bei ihm lohnen sich noch ein paar Jahre Geduld. Erdig, rustikales Bouquet. Leder, Kirschen und Gewürze. Mineralisch, zupackender Gaumen. Präsente Säure gute Gerbstoffe. Reift langsam. Kommt gut! Freuen können Sie sich, wenn Sie 1996 Pape Clément im Keller haben. Der Wein vereint die alte und neue Epoche dieses Weinguts. Im Bouquet Cassis, Brombeeren, Feuerstein, Lakritze, Kaffee. Super Struktur, tolle Länge und irgendwie moderner vinifiziert, ohne dabei den Pessac-Leognan Charakter zu verlieren. Steht deutlich über La Mission und auch mit Haut Brion aus diesem Jahrgang dürfte der Vergleich knapp ausgehen… Wer stellt sich?

Ein spannender Wert ist 1998 Pape Clément. Sehr röstig im Bouquet. Lakritze mit defensiv dunkelbeerigen Aromen, etwas Leder und Tabak. Zeigt sich gut entwickelt mit cremiger Struktur und Länge. Auch 1999 Pape Clément bereits jetzt sehr gefällig und bringt viel Kraft für 1999 ins Glas. Offensives dunkles Bouquet. Super Holz Unterstützung. Mineralisch im 2014 09 Pape-Clement kellerGaumen. Viel frische Aromen, Gewürze und Waldbeeren bis in den langen Abgang hinein. Davon könnte man sich auch eine „Mass“ füllen lassen… Respektvoll muss man 2000 Pape Clément begegnen. Ein riesen Wein aus einem ausserordentlichen Jahr. Tiefgründiges, jugendliches Bouquet. Schwarzbeerig, Eukalyptus, Tabak. Er bringt so viel Kraft zum Vorschein, und hält dabei die Balance in einer solchen Leichtigkeit. Das gelingt nur in ganz aussergewöhnlichen Jahren. Für mich immer noch der beste Pape Clément. Freuen wir uns auf den Vergleich mit den allerneusten Ausgaben. (v.a. 2009 und 2010) in ein paar Jahren. 2001 Pape Clément war keine optimale Flasche und zeigte sich ohne Frucht und dumpf. (letzte Bewertung 04/2014. 18.5/20 trinken – 2030). Nicht recht anfreunden konnte ich mich mit 2002 Pape Clément. Hier versuchte man am schwierigen Jahrgang etwas herum zu basteln. Das Ergebnis: Sehr röstig, konzentriertes Bouquet. Bereits erste Rosinen. Im Gaumen viel Säure und Gerbstoffe. Endet trocken. Das Gegenteil ist 2003 Pape Clément, der wie die meisten Weine aus dem Hitzejahr in jeder Phase zugänglich sind und enorm Spass bereiten. Offenes, röstiges Bouquet. Nuss, Caramel, Feuerstein und rote Beeren. Im Gaumen mollig strukturiert, süss und voluminös. Ohne überladen zu wirken. Toller Wein und toller Abend! Oaazapft wars!

2014 09 pape clement

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